Brandanschlag auf Asylbewerberheim in Saarlouis Weiterer Neonazi wohl bald vor Gericht – Anklage wegen Beihilfe zum Mord an Yeboah
Karlsruhe/Saarlouis · Im Fall des Mordes am Ghanaer Samuel Yeboah muss sich wohl ein weiterer Neonazi vor Gericht verantworten. Laut Generalstaatsanwaltschaft wurde jetzt Anklage erhoben.
Der Generalbundesanwalt Karlsruhe hat Anklage gegen Peter St. erhoben, das bestätigte die Anwaltschaft am Montagvormittag der Saarbrücker Zeitung. Gegen den Angeschuldigten besteht der hinreichende Tatverdacht der Beihilfe zum Mord und Beihilfe zu versuchtem Mord zum Nachteil von 20 Menschen.
Peter St. sitzt seit Juni in U-Haft
Der 54-Jährige soll 1991 einen anderen Neonazi angespornt haben, ein Asylbewerberheim im saarländischen Saarlouis anzuzünden. Seit Juni sitzt Peter St. in Untersuchungshaft. In Haft sitzt in diesem Fall auch Peter Werner S.. Den Saarlouiser hat das Oberlandesgericht in Koblenz im Oktober wegen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Er soll am 19. September 1991 das Asylbewerberheim in Brand gesetzt haben. Der damals 27-Jährige Samuel Yeboah kommt dabei ums Leben.
Der Mann aus Ghana, der Amateurboxer und Landwirt, der Hausmeister des Heimes war, der im Betriebshof der Stadt für ein paar Mark pro Stunde arbeitete und auf ein neues Leben hoffte – er überlebte nicht. Sein Zimmer im Dachgeschoss in der Saarlouiser Straße wurde zur tödlichen Falle, die Flucht durchs Treppenhaus wird durch das Feuer verhindert, das Peter Werner S. gegen 3.30 Uhr gelegt haben soll.
Motiv: Fremdenhass
21 Menschen befinden sich im Haus, als S. die Holztreppe mit Brandbeschleuniger angezündet haben soll. Sein Tatmotiv lag für die Generalbundesanwaltschaft auf der Hand: Er sei damals Mitglied der fremdenfeindlichen Skinhead-Szene in Saarlouis gewesen. Er habe das Feuer aus nationalsozialistischer und rassistischer Gesinnung herausgelegt. Aus niederen Beweggründen, heimtückisch, mit gemeingefährlichen Mitteln.
18 Personen können sich aus dem Haus unverletzt retten, zwei springen aus den Fenstern, brechen sich Knochen – Samuel Yeboah erleidet im Dachgeschoss schwerste Verbrennungen und Rauchvergiftungen. Die Sanitäter bringen ihn ins Krankenhaus, die Ärzte können ihn nicht mehr retten. Drei Stunden später stirbt er. S. und seine Skinhead-Kollegen verhört die Saarlouiser Polizei, sie kann ihnen aber nichts nachweisen. Nach nur einem Jahr stellt sie die Ermittlungen ein. Akte geschlossen.
Bei einer Grillparty soll Peter Werner S. über die Tat gesprochen haben
Die saarländische Polizei nimmt ihre Ermittlungen erst fast 30 Jahre später wieder auf. Nach dem Hinweis einer Zeugin. Die behauptete, dass Peter Werner S. ihr bei einer Grillparty erzählt habe, dass er das Haus damals angezündet habe – und dass man ihn nie erwischt habe. Der saarländische Polizeipräsident Norbert Rupp hat sich nach der Festnahme von S. ausdrücklich für Fehler der damaligen Ermittler entschuldigt.
Peter St. und Peter Werner S. kennen sich bereits seit Ende 1989. Sie lernen sich im Jugend-Gefängnis in Ottweiler kennen. Als Peter St. im Mai 1991 raus kommt, zog er seinen neuen Freund in die Skinheadszene in Saarlouis. Peter St. galt als Anführer der Gruppe, sagten Zeugen vor Gericht.
Andere Anschläge als Vorbild für die Tat
Peter Werner S. soll sich kurz vor Tat mit Peter Werner S. und Heiko S. in der Gaststätte Bayrischer Hof in Saarlouis betrunken haben. Sie sollen sich über Brandanschläge unterhalten haben. Die verdüstern Anfang der 1990er Jahre Deutschland. Die Anschläge in den 1990ern in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Solingen, Mölln brennen sich ins kollektive Gedächtnis der Deutschen. Und sind laut Anwaltschaft offenbar das Vorbild für die Saarlouiser Skins.
Peter St. soll an diesem Abend gesagt haben, dass „hier auch mal was brennen müsse.“ Vor allem der Anschlag in Hoyerswerda 1991 scheint den Skinhead-Stammtisch in Saarlouis damals zu beeindrucken. Rechtsradikale greifen vietnamesische Gemüsehändler an, verfolgen sie bis ins Wohnheim. Fünf Nächte lang fliegen Brandsätze und Steine gegen das Haus. Die Polizei schaut zu und Anwohner applaudieren. Im Prozess gegen Peter Werner S. hat Peter St. allerdings ausgesagt, dass er gegen die Brandanschläge gewesen sei. Er sei für die Konfrontation Mann gegen Mann gewesen, stritt die Anstiftung ab. Dennoch: Er sitzt seit Juni in U-Haft.