Untreue-Prozess gegen Homburger OB Schneidewinds Privat-Detektiv war der teuerste

Saarbrücken/Homburg · Vom Gericht bestellter Gutachter beziffert möglichen Schaden zum Nachteil der Stadt Homburg auf mehr als 140 000 Euro.

 Rüdiger Schneidewind

Rüdiger Schneidewind

Foto: dpa/Oliver Dietze

Es war eine Begegnung der besonderen Art, die am Dienstag in der Kantine des Wirtschaftsministeriums zu beobachten war. Zwei Männer, die jahrelang an der Verwaltungsspitze der Kreisstadt Homburg zusammen gewirkt haben, treffen sich zufällig. Beide stehen jetzt als Angeklagte vor unterschiedlichen Strafkammern beim benachbarten Landgericht. In einer Verhandlungspause begegnen sich Ex-Oberbürgermeister Karlheinz Schöner (CDU) und sein Nachfolger Rüdiger Schneidewind (SPD), der in Schöners Amtszeit Beigeordneter war. Beide würdigen sich keines Blickes. Kein Gruß, kein Handschlag. Schöner verlässt die Kantine schnell wieder.

Im Untreue-Prozess gegen den amtierenden Rathauschef Schneidewind, der sich verantworten muss, weil er Bauhofmitarbeiter fast vier Wochen für rund 330 000 Euro von einer Düsseldorfer Detektei hat überwachen lassen, hatte wenig später ein Wirtschaftsprüfer als Sachverständiger das Wort. Der Gutachter aus Frankfurt, spezialisiert auf Schadensberechnungen, war von den Richtern beauftragt, zu prüfen, ob der von Schneidewind persönlich beauftragte Detektiv überhaupt zu marktüblichen Preisen gearbeitet hat. 1331 Stunden zu insgesamt mindestens 125 Euro sollen abgerechnet worden sein. 26 780 Kilometer wurden zu 1,30 Euro berechnet. Stadt und Detektei streiten derzeit in Düsseldorf über eine Teilsumme vor dem Landgericht.

Der Experte hatte auf Basis der Anfang 2016 abgerechneten Preise mehr als zwei Jahre später bei 62 Detekteien Angebote angefordert. Die Legende: Er suche für einen Mandanten im Saarland Privatermittler. 37 Antworten gingen ein. Keines war teurer als die Düsseldorfer Firma. Der Gutachter kalkulierte schließlich mit einem Stundensatz von durchschnittlich 69 Euro, den acht Anbieter angegeben hatten. So kam er „nach bestem Wissen und Gewissen“ zu dem Fazit, dass der Stadt Homburg ein wahrscheinlicher Netto-Schaden in Höhe von 141 000 Euro entstanden ist. Bei Berücksichtigung aller Anbieter errechnete er im günstigsten Fall einen Schaden von 73 000 Euro, im ungünstigsten Fall von 173 000 Euro plus Umsatzsteuer.

Schneidewind selbst hatte zuvor in einer weiteren Erklärung vor Gericht wiederholt, er werde nie mehr in seinem Leben einen Detektiv beauftragen. Der OB widersprach teilweise Angaben, die der Detektei-Chef und der Leiter des Homburger Rechtsamtes als Zeugen gemacht hatten. Verteidiger Joachim Giring, der starke Zweifel an der Seriosität des eingesetzten Ermittlerbüros hegt, meinte, sein Mandant sei „über den Tisch gezogen“ worden. Der Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetzt.

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