Piraten unter neuer Führung

Saarbrücken. Mit Jan Niklas Fingerle haben die Saar-Piraten einen Mann der ersten Stunde zu ihrem neuen Landesvorsitzenden gewählt. Der 38-jährige Software-Entwickler war 2009 Gründungsmitglied des Landesverbands. Fingerle steht nach eigenen Angaben in erster Linie für ein Mehr an Menschen- und Bürgerrechten

 Die bisherige Landeschefin Jasmin Maurer (links) hat ihr Amt beim Landesparteitag im Dudweiler Bürgerhaus an Jan Niklas Fingerle (rechts) abgegeben. Foto: Iris Maurer

Die bisherige Landeschefin Jasmin Maurer (links) hat ihr Amt beim Landesparteitag im Dudweiler Bürgerhaus an Jan Niklas Fingerle (rechts) abgegeben. Foto: Iris Maurer

Saarbrücken. Mit Jan Niklas Fingerle haben die Saar-Piraten einen Mann der ersten Stunde zu ihrem neuen Landesvorsitzenden gewählt. Der 38-jährige Software-Entwickler war 2009 Gründungsmitglied des Landesverbands. Fingerle steht nach eigenen Angaben in erster Linie für ein Mehr an Menschen- und Bürgerrechten. Parteimitglieder beschreiben ihn zudem als "intelligentes Verwaltungsgenie". "Ich will dafür Sorge tragen, dass die Partei funktioniert", sagte Fingerle gestern am Rande des Landesparteitags im Dudweiler Bürgerhaus der SZ. Der Saarbrücker will verstärkt neue Mitglieder werben und im kommenden Jahr für den Bundestag kandidieren.In einer Kampfkandidatur unterlag die bisherige Landesvorsitzende Jasmin Maurer nur knapp. Sie wurde bei dem neu eingeführten, komplizierten "Instant Runoff Voting"-Wahlverfahren zu Fingerles Stellvertreterin gewählt. Die 23-Jährige hatte diesen Posten allerdings in ihrer Kandidatenrede zuvor ausdrücklich favorisiert. Zum weiteren Stellvertreter wurde Marc Großjean gewählt, Dominik Vogelgesang wurde als Landesgeneralsekretär im Amt bestätigt. Das neu geschaffene Amt einer politischen Geschäftsführerin übernimmt Barbara Mathis. Insgesamt wurde der Landesvorstand von sieben auf neun Mitglieder erweitert. Grund dafür ist nach Parteiangaben der wachsende Arbeitsaufwand.

Während an den Vorstandswahlen am Samstag noch knapp 70 der insgesamt rund 500 stimmberechtigten Parteimitglieder im Saarland teilnahmen, waren an der Programmarbeit am Sonntag nur noch etwa 40 Mitglieder interessiert. Verantwortlich dafür war nach einhelliger Auffassung vieler Anwesender das Sommerwetter mit Temperaturen von weit über 30 Grad. Am Samstag war bereits die Klimaanlage im Bürgerhaus kurzzeitig ausgefallen.

In puncto Satzung haben sich die Saar-Piraten gegen eine Trennung von Amt und Mandat ausgesprochen. Im programmatischen Teil lehnten sie die Beschneidung aus religiösen Gründen ab. Für diese Position hatte sich der Landtagsabgeordnete Michael Hilberer bereits Ende Juli öffentlich stark gemacht. Zudem votierten die Parteimitglieder für eine parlamentarisch kontrollierte, europaweite Fiskalpolitik mit dem Ziel, dass kein EU-Staat dauerhaft verarmt. Im Klartext bedeutet dies, dass ein Land wie Griechenland von den Mitgliedsstaaten weiterhin finanziell unterstützt werden soll. "Das ist das Ziel, wenn auch damit noch nicht gesagt ist, wie dies zu erreichen ist", kommentierte der neue Landeschef Fingerle den Parteitagsbeschluss gegenüber der SZ. In das Parteiprogramm aufgenommen wurden außerdem die Forderungen, die Monopolstellung des Entsorgungsverbandes Saar (EVS) aufzuheben, die Fuchs-Schonzeit abzuschaffen und in den Schulen einen freiwilligen Religions- und Weltanschauungsunterricht unter staatlicher Aufsicht einzurichten. Ebenso plädieren die Saar-Piraten für die Übernahme des Hamburger Transparenzgesetzes. Dies schreibt Politik und Verwaltung vor, Dokumente von öffentlichem Interesse im Internet zu veröffentlichen.

Meinung

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Tacheles

Von SZ-RedakteurJohannes Schleuning

Der Druck ist groß: Wähler und Parlament im Saarland erwarten klare Positionen. Die junge Partei arbeitet hart daran, Programmatisches zur Fuchs-Schonzeit ist da nur bedingt hilfreich. Auch wird man den Eindruck nicht los, dass sich die Partei in basisdemokratischen Prozeduren verzettelt. Wenn der neue Landeschef Jan Niklas Fingerle "dafür Sorge tragen will, dass die Partei funktioniert", hält er den Finger in eben diese Wunde. Die unkonventionellen Neuparlamentarier sind ein Gewinn für die Politik. Ihren Kredit zu verspielen, wäre schade.

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