Perfekt einstudiert, große Stimmen

Saarlouis. Sein erstes weltliches Oratorium, "Oedipe à Colone", wurde 1881 vom Chor und Orchester des Gewandhaus' Leipzig in deutscher Sprache aufgeführt. Théodore Gouvy hatte das dramatische Werk in drei Akten allerdings in Französisch verfasst

 Erstmals im Original: Das Oratorium "Oedipus auf Kolonos" von Théodore Gouvy. Foto: Thomas Seeber

Erstmals im Original: Das Oratorium "Oedipus auf Kolonos" von Théodore Gouvy. Foto: Thomas Seeber

Saarlouis. Sein erstes weltliches Oratorium, "Oedipe à Colone", wurde 1881 vom Chor und Orchester des Gewandhaus' Leipzig in deutscher Sprache aufgeführt. Théodore Gouvy hatte das dramatische Werk in drei Akten allerdings in Französisch verfasst. Jetzt kam das Original dank der Evangelischen Kirchengemeinde Saarlouis, der Akademie für Alte Musik im Saarland und des Landkreises, verstärkt durch SR, das Institut Gouvy in Hombourg-Haut und die Stiftung Palazetto Bru-Zane in Venedig, in der Evangelischen Kirche Saarlouis erstmals zur Aufführung. Gouvy, zu Lebzeiten gefeiert, danach vergessen, war 1819 als Sohn einer Industriellen-Familie in Saarbrücken zur Welt gekommen.Das Aufgebot von 40 versierten Musikern und 50 in allen Lagen stimmlich gut positionierten Choristen sowie vier namhaften Solisten sorgte für eine bravouröse Darbietung, zu Recht nachhaltig mit Applaus bedacht, zumal hochgesteckter Anforderungen. Während der Chor seine Stimmen mal den Priestern, mal dem aufgebrachten Volk leiht, die Chordamen zu Beginn des dritten Aktes die Götter des Schlafs beschwören, Oedipus wieder zu Kräften kommen zu lassen, sind den Solisten klare Rollen zugedacht: Christa Ratzenböck, Sopran, verkörpert Antigone, Vinzenz Haab, Bass, Oedipus/Oedipe, Stephen Roberts, Bariton, Theseus/Thésée, und Joseph Cornwell, Tenor, Polyneikes/Polynice. "Oedipe à Clone" ist ein opernhaft angelegtes Werk mit Chorälen und einem Marsch sowie Solopartien, Duetten und Gesangstrios. Die Musik wechselt zwischen hoch dramatischen und romantischen, auch tänzerisch anmutenden Passagen. Um Dramatik zu erzeugen, geht Gouvy in die Extreme der Harmonik. Schreie werden mit verminderten Septakkorden und chromatischen Nebennoten hörbar gemacht. Der Chor wird durch scharfe Zäsuren von den Solisten abgegrenzt, um ihm wie in der griechischen Tragödie kommentierenden Charakter zuzuweisen. Dann wieder ist der Chor handelnd ins Geschehen eingebunden.

Gouvy erzählt eine Geschichte von Hoffnung, Wut, Verzweiflung, Trauer - aber mit versöhnlichem Ende. Obwohl tugendhaft, entgeht Oedipus seinem Schicksal nicht.

Joachim Fontaine, der "in mühseliger Arbeit" eine neue Edition erstellte, hatte "ein süffiges, romantisches Klanggemälde mit packenden Massenszenen und Solopartien von elegischer Klage bis hin zu Wahnvisionen, von Wagner beeinflusst" versprochen. Das ist ihm und seinen Musikern dank perfekter Einstudierung und großer Stimmen überzeugend gelungen.

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