Ortsvorsteher greift OB frontal an

St. Ingbert. So viel steht fest nach der Sitzung des St. Ingberter Stadtrates am Donnerstagabend: Der "Verein zur Förderung der sozialen und kulturellen Belange in der Mittelstadt St. Ingbert", Vorstufe einer geplanten Bürgerstiftung, ist für Mitglieder offen (die SZ berichete kurz)

St. Ingbert. So viel steht fest nach der Sitzung des St. Ingberter Stadtrates am Donnerstagabend: Der "Verein zur Förderung der sozialen und kulturellen Belange in der Mittelstadt St. Ingbert", Vorstufe einer geplanten Bürgerstiftung, ist für Mitglieder offen (die SZ berichete kurz). Oberbürgermeister Georg Jung (CDU) ermunterte die Stadträte, sich dem bislang kleinen Verein mit sechs Mitgliedern anzuschließen und Spenden einzuwerben. Im kommenden Jahr wolle er dann dem Rat zur Entscheidung vorlegen, ob der Verein in die Stiftung überführt werden soll. Weitere Details zu dessen Geschäftsgebaren sollen in einer Ausschuss-Sitzung geklärt werden.

OB Jung musste sich als Vorsitzender des Stiftungsvereins harsche Kritik anhören von den Fraktionen der Grünen und der Familien-Partei, die ihm insbesondere mangelnde Transparenz vorwarfen. Gleichwohl richteten sich auch lobende Worte an seine Adresse, etwa von der Linken und den Freien Wählern. FW-Sprecher Christian Haag: "Über 400 000 Euro zu sammeln, davor muss man erst einmal den Hut ziehen." Zugleich mochte er sich einen Nachsatz nicht verkneifen: "Sie sind ja für ihre Sammelleidenschaft bekannt." Verwundert zeigte sich aber auch Haag, warum der Verwaltungschef so zurückhaltend geblieben sei, wo er Gutes getan habe. Das bedürfe einer Erklärung.

Viele Erklärungen forderte Hans Wagner (Familien-Partei). Der Rohrbacher Ortsvorsteher griff den OB frontal an: "Es drängt sich geradezu der Verdacht auf, dass hier bewusst etwas verheimlicht wurde. Die Gründe dafür wollen wir wissen." Wagner sprach von "Geheimniskrämerei", "Ungereimtheiten" und "Widersprüchen". Niemand habe von der Vereinsgründung erfahren, führte er aus, die Mitglieder stammten allesamt aus der Verwaltung und unterstünden somit der Weisungsbefugnis des OB, von 340 000 Euro der bislang 423 000 Euro Spendengeld wisse er nicht, wo sie herkämen. "Wir fordern nachprüfbare Informationen, sonst müssen wir weitere Schritte prüfen", sagte der Ortsvorsteher. Für die Grünen, die das Thema kürzlich im Zusammenhang mit einer Obi-Spende in die Öffentlichkeit brachten, schoss Fraktionschef Jürgen Berthold gegen den Verwaltungschef: Mangelnde Informationsbereitsschaft, fehlender Kommunikationswille und fehlende Transparenz führte er ins Feld. Berthold: "Sie haben den Verein drei Jahre nach dem Stadtratsbeschluss stillschweigend gegründet mit einigen Verwaltungsmitgliedern." Letzteren Vorwurf müsse er sich wohl gefallen lassen, gab Jung zu. Auch einen Zwischenstand hätte er in den Jahren geben können. Ansonsten aber konterte er: Der Stadtrat habe 2004 den Beschluss für den Stiftungsverein gefasst. Die Mitglieder hätten aber in der Folge nicht nach dem Stand der Dinge gefragt. Jung verwahrte sich auch dagegen, er verschleiere den Verbleib öffentlichen Geldes. Rechtlich handele es sich nämlich um privates Geld des Vereins. Im übrigen habe er dessen Unterlagen der Kommunalaufsicht vorgelegt.

Sorgen um die Stiftung machten sich FW-Sprecher Haag und SPD-Sprecher Thomas Berrang. Die Debatte schade dem eigentlich guten Anliegen. CDU-Fraktionschef Markus Gestier sprach von Scheinheiligkeit und vermutete: "Wenn das Thema jetzt so hoch gehängt wird, steht eine andere Sache dahinter." Wer mit dem OB nicht einverstanden sei, solle dies in der Sache begründen. Die Stiftung sei "ein gutes Instrument". Linke-Sprecher Oliver Kleis nahm die Diskussion humorig: "Ich habe in diesem Gremium selten einen so interessanten Abend erlebt wie heute." Auch er nahm den OB in Schutz und forderte eine To-do-Liste, damit der Rat auf Ballhöhe bleibe.

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