Organspende-Skandal führt zu einem Rückgang der Spender

Saarlouis. 35 Jahre lang hat Karl Guth einen Organspendeausweis besessen, nun wollen er und seine Frau Else Guth-Zeise ihre Papierkärtchen loswerden. "Mittlerweile würde ich weder ein Organ empfangen, noch spenden wollen. Wir beide werden unsere Körper nach dem Tod lieber einer Uniklinik zur Verfügung stellen", sagte Guth gestern der SZ

 Das Ehepaar Karl Guth und Else Guth-Zeise. Foto: Privat

Das Ehepaar Karl Guth und Else Guth-Zeise. Foto: Privat

Saarlouis. 35 Jahre lang hat Karl Guth einen Organspendeausweis besessen, nun wollen er und seine Frau Else Guth-Zeise ihre Papierkärtchen loswerden. "Mittlerweile würde ich weder ein Organ empfangen, noch spenden wollen. Wir beide werden unsere Körper nach dem Tod lieber einer Uniklinik zur Verfügung stellen", sagte Guth gestern der SZ. Grundsätzlich befürworte er Organspenden und -transplantationen - und hat dies lange durch seinen Ausweis bekundet. "Doch nach den gehäuften korrupten Geschichten verzichte ich darauf und gebe meinen Ausweis aus Verärgerung zurück."Die Rede ist unter anderem von den jüngsten Vorfällen in Leipzig: Das Transplantationszentrum des dortigen Uni-Klinikums hatte, wie kürzlich bekannt wurde, falsche Angaben über die Schwere der Erkrankung von Patienten gemacht, um deren Chancen auf ein Spenderorgan zu erhöhen.

Nicht nur die Guths sind durch solche Missbrauchsfälle abgeschreckt: "Die aufgedeckten Datenmanipulationen bei Wartelistenpatienten haben das Vertrauen in der Bevölkerung massiv erschüttert und zu einem deutlichen Rückgang in der Organspende geführt", sagte Nadine Körner von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) auf Anfrage.

Seit 2012 sind die gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, Organspendeausweise an Versicherte zu verschicken. Wenn es nach Karl Guth ginge, könnte man komplett auf die Papiere verzichten, die "bei vielen regelmäßig in den Papierkorb wandern". Besser angelegt wäre das dafür ausgegebene Geld ihm zufolge im Gesundheitsfonds, "denn dann hätten die Ärzte auch mehr Zeit, sich in Gesprächen um die Patienten zu kümmern - auch in Sachen Organspende".

Die Techniker Krankenkasse (TK) hat nach eigenen Angaben im November 2012 im Saarland rund 70 000 Ausweise verschickt. Kosten: etwa 35 000 Euro. TK-Sprecher Thomas Jochum verteidigte diese Praxis: So werde den Angehörigen erspart, sich im Ernstfall mit einer möglichen Organspende auseinandersetzen zu müssen. Man halte den Versand für "sachgerecht und auch von den Kosten her für überschaubar". Nach Maßgabe der Transplantationsgesetz-Novelle müssten die Organspendeausweise danach alle zwei Jahre neu zugestellt werden. Die Versicherten können darauf auch vermerken, dass sie nicht spenden wollen.

Karl Guth findet, dass man auch in Kliniken anders mit dem Thema umgehen müsse, er hat mehrere Herzoperationen hinter sich. "Ich habe immer in Krankenhäusern angegeben, dass ich Organspender bin, aber es hat nie jemanden interessiert." Stets habe er auf den Aufnahmebögen die Frage vermisst, ob er nach dem Tod bereit wäre, Teile seines Körpers zu spenden.

"Die Menschen müssen wissen, dass die Organspende nach wie vor funktioniert und Menschenleben rettet. Eine umfassende und ehrliche Aufklärung der Bevölkerung bleibt auch zukünftig unerlässlich", betonte Nadine Köhler von der DSO.

TK-Sprecher Jochum appellierte, auch an jene zu denken, die Organe benötigten: Man wolle "auch zeigen, dass das Risiko, selbst ein Organ zu brauchen, heute größer ist als die Wahrscheinlichkeit, Spender zu werden. Das sind wir den über 11 000 Menschen auf der Warteliste schuldig."

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