"Oh, du mein holder Morgenstern"

St. Ingbert. Zu einer literarisch-musikalischen Soiree mit Franz Biet unter dem Titel "Oh, du mein holder Morgenstern" lädt die Volkshochschule St. Ingbert für Sonntag, 13. April, um 17 Uhr ins Kulturhaus in der Annastraße ein. Christian Morgenstern ist der Wilhelm Busch unserer Zeit, ein Philosoph im Gewand des Dichters

 Christian Morgenstern. Foto: SZ

Christian Morgenstern. Foto: SZ

St. Ingbert. Zu einer literarisch-musikalischen Soiree mit Franz Biet unter dem Titel "Oh, du mein holder Morgenstern" lädt die Volkshochschule St. Ingbert für Sonntag, 13. April, um 17 Uhr ins Kulturhaus in der Annastraße ein. Christian Morgenstern ist der Wilhelm Busch unserer Zeit, ein Philosoph im Gewand des Dichters. Was beide miteinander verbindet, ist die Doppelbödigkeit des Humors - in Morgensterns Worten: Humor ist die äußerste Freiheit des Geistes. Wahrer Humor ist immer souverän. 1871 in München geboren, fühlte er sich nach seinem zehnten Lebensjahr "dem äußeren Leben" - gemeint ist die Schule - "weniger gewachsen". Er war ein schlechter Schüler, lebte in einer eigenen Welt, erfand eine Geheimsprache und spielte den Clown. Später stellte er nicht nur sich selbst, sondern die ganze Welt in seinen Gedichten auf den Kopf. 1892 ging er zum Studium nach Breslau, beschäftigte sich mit dem Philosophen Schopenhauer und der Lehre der Wiedergeburt. Der "zarte, verwöhnte, unpraktische Mensch" wechselte 1893 nach München, wo er seinen ersten Tuberkuloseanfall erlitt. Über seine Krankheit schrieb er: "Eine Hauptsache ist, wenn ich weiter dem Grundsatz ,Leben und leben lassen' folgen will, fürs Erste dem Satz ,Rauchen und nicht rauchen lassen' nicht zu folgen". 1894 zog er nach Berlin, lebte als freier Schriftsteller und Bohemien kärglich von den Honoraren aus Feuilletonbeiträgen für zahlreiche Zeitungen. Später übersetzte er Texte von Henrik Ibsen, Knut Hamsun und August Strindberg ins Deutsche. Zusammen mit seiner Ehefrau verschrieb sich Morgenstern nach 1910 ganz der Anthroposophie. Er widmete fortan sein Leben der Vergeistigung. Dem Schöpfer der Galgenlieder war nur ein kurzes Leben bestimmt. Er starb 1914 an Tuberkulose in der Nähe von Meran, seine Urne wurde im Goetheaneum in Dornach beigesetzt. Die "Galgenlieder" erschienen 1905 mit der Widmung "Dem Kind im Manne". Später hat Morgenstern die Formulierung geändert: "Dem Kind im Menschen". Dieses Kind will mitspielen und künstlerisch mitschaffen. Freilich, dies geht nur, wenn man auf einen Berg steigt, um die Übersicht zu erlangen, eben den "Galgenberg" in dem Örtchen Werder bei Potsdam. Dies tat Morgenstern mit acht Zechbrüdern und - nomen est omen - die Galgenlieder waren geboren. Hier zeigt sich, wie später in den Figuren Palmström und Korf, das Genie des "Kindes im Manne". Vom Galgen aus sieht man die Welt anders: "Löwenreh", "Mondschaf", "Mitternachtsmaus", sind kreative Wortschöpfungen und zugleich Bestandteile seiner Weltanschauung. Er dachte sich Tiere aus, die noch kein Mensch vor ihm gesehen hat. Das "Nasobem" fand ein Professor für Zoologie so anregend, dass er gleich ein ganzes Buch über dieses erfundene Wesen schrieb. Wo immer der Dichter denkt und der Denker dichtet, entstehen wunderlich-lyrische Gebilde. Zuerst möchte man sich krummlachen, danach stellt sich Bewunderung ein, bis man merkt, dass man einen philosophischen Satz gelernt hat. In Anlehnung an Wolframs berühmte Arie aus Wagners "Tannhäuser" trägt die Soiree liebevoll den Titel "O du mein holder Morgenstern". Schon daraus wird ersichtlich, dass die Mitwirkenden Karin Biet, Alexander Wendt (Gesang), Markus Schaubel (Klavier), Ursula Ochs-Steinfeld und Albrecht Ochs (Sprecher) und Franz Biet (Moderator) allen, die Sinn für "Unsinn" haben, einen erheiternden Abend bereiten möchten. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort