Oberstaatsanwalt: Melcher hat das Kuratorium getäuscht
Saarbrücken · Saarbrücken. Für Oberstaatsanwalt Eckhard Uthe war es eine ungewohnte Rolle: Über zwei Stunden saß der Ermittler im Fall um Ralph Melcher, Ex-Vorstand der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, gestern im Zeugenstuhl vor dem Untersuchungsausschuss "Vierter Pavillon" des Landtages
Saarbrücken. Für Oberstaatsanwalt Eckhard Uthe war es eine ungewohnte Rolle: Über zwei Stunden saß der Ermittler im Fall um Ralph Melcher, Ex-Vorstand der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, gestern im Zeugenstuhl vor dem Untersuchungsausschuss "Vierter Pavillon" des Landtages. Uthe gab zu Protokoll, dass er nach der ersten, nicht rechtskräftigen Verurteilung Melchers zu zehn Monaten Haft auf Bewährung wegen Untreue und Vorteilsannahme weitere Ermittlungen führt. Ging es bislang um Schmiergeld und Gourmetessen auf Kosten des Steuerzahlers, konzentriert sich dieses Verfahren auf den Abschluss von hoch dotierten Verträgen Melchers mit dem Projektsteuerer Gerd Marx. Ex-Kulturminister und Ex-Stiftungskurator Jürgen Schreier (CDU), heute Saartoto-Chef, soll Marx bei der Stiftung ins Geschäft gebracht haben. Gegen beide wird wegen Korruptionsverdacht ermittelt.Die Staatsanwaltschaft geht, so Uthe, derzeit davon aus, dass Melcher in Sachen Projektsteuererverträge das Kuratorium "getäuscht" hat. Im Protokoll einer Sitzung des Aufsichtsgremiums sei notiert, Melcher habe informiert, dass der Projektsteuervertrag ausgeschrieben worden sei. Dies war, so der Ermittler, "nicht der Fall". Marx sei direkt beauftragt worden, sein Honorar nachträglich erhöht worden.
Die Ermittlungen gegen Schreier wurden unterdessen ausgeweitet. Bislang stand nur dessen Teilnahme an einem so genannten "Herrenabend", einem Ausflug mit gutem Essen, auf Einladung von Marx ("Klimapflege") im Fokus. "Besondere Bedeutung" kommt jetzt möglicherweise einem Essen im August 2008 in einem Nobel-Restaurant in Saargemünd mit Marx, Melcher und Schreier zu. Für 453 Euro wurde auf Stiftungskosten getafelt, Champagner und eine Flasche Wein (150 Euro) getrunken. Der Ermittler vermutet, die Runde habe den Abschluss des ersten Vertrages für den Museumsneubau zwischen der Stiftung und Marx "gefeiert".
Aus Sicht von SPD-Obmann Reinhold Jost hat Uthe ein "klares Bild" über die Zustände bei der Stiftung gezeichnet. Die CDU-Kuratoren Schreier, Annegret Kramp-Karrenbauer und Karl Rauber hätten ein System von "Beziehungsgeflechten und Günstlingswirtschaft" gepflegt. Für CDU-Obmann Roland Theis ist dies "pures Wahlkampfgetöse". Der Oberstaatsanwalt habe eine Verstrickung von Kramp-Karrenbauer und Rauber in ein Beziehungsgeflecht kategorisch ausgeschlossen. Schreier erwähnt Theis dagegen nicht.Foto: saartoto
Foto: dpa