Ein immer größer werdendes Problem Obdachlos in Saarbrücken

Meinung | Saarbrücken · In den größeren Städten des Saarlandes sieht man immer öfter Menschen, die offenkundig Not leiden. Warum werden deren Probleme von vielen übersehen?

Kommentarkopf, Foto: Robby Lorenz

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Foto: dpa/Sina Schuldt

Eine Szene vorigen Freitag mitten in Saarbrücken: am Nachmittag, am Brunnen vor dem TK Maxx. Eine Frau mittleren Alters, schäbige Taschen und Tüten in Händen, verschafft sich Platz, schiebt einen Jungen unwirsch beiseite. Dann packt sie ihre offenkundig schmutzige Wäsche aus, säubert sie im Brunnenwasser, um ihre nasse Kleidung nachher zum Trocknen auf den Brunnenrand zu packen. Nur wenige Meter entfernt parkt ein Polizeifahrzeug. Eine Passantin sagt halblaut: „Da muss man sich nicht wundern, dass die Bahnhofstraße immer weiter runterkommt.“ Weiter passiert nichts.

Müsste aber nicht dringend was passieren? Sicher ist: Wen nicht sein eigenes Gutmenschentum blendet, kann schwerlich wegdiskutieren, dass solche Momente, von denen man ähnliche mittlerweile regelmäßig in Saarbrücken, aber auch in Saarlouis am Großen Markt beobachten kann, kaum hilfreich sind beim Versuch, Innenstädte wieder attraktiv zu machen. Sie erschweren die Anstrengungen, dem enormen Druck des grassierenden Online-Shoppings auf die ortsansässigen Kaufleute irgendwas entgegenzusetzen. Und richtig ist auch, dass Deutschland viel, sehr viel sogar, für Sozialleistungen ausgibt. Über eine Billion Euro jährlich.

Trotzdem wächst die Zahl derer, die zu einer Tafel gehen müssen, um nicht am Monatsende Hunger zu haben. Es sind mehr und mehr, die in Mülleimern nach Flaschen angeln, um ein paar Euro zusammenzuklauben. Was ist mit einer Gesellschaft los, bei der so viele weggucken, die durch die Pandemie zusätzlich abgestumpft die Probleme in ihrer Mitte zunehmend übersieht?

Wann haben Sie zuletzt mal darüber nachgedacht, was wohl mit dem Menschen los sein könnte, der in dem, was andere achtlos wegschmeißen, etwas zum Leben sucht? Ich jedenfalls viel zu selten.

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