"Nur ganz wenige Existenzgründer geben wieder auf"

Saarbrücken. Die Einwanderer im Regionalverband haben mehr Mut, eine eigene Existenz zu gründen als die Saarländer. Das hat Wilfried Hose, Geschäftsführer der Arge Saarbrücken, im SZ-Gespräch betont: "Die Hemmschwelle ist bei ihnen nicht so hoch

Saarbrücken. Die Einwanderer im Regionalverband haben mehr Mut, eine eigene Existenz zu gründen als die Saarländer. Das hat Wilfried Hose, Geschäftsführer der Arge Saarbrücken, im SZ-Gespräch betont: "Die Hemmschwelle ist bei ihnen nicht so hoch." Das bestätigt auch Lothar Krämer vom Existenzgründungsbüro des Ausbildungszentrums Burbach (AZB), das Empfänger von Arbeitslosengeld und Hartz IV aus dem ganzen Saarland betreut. 17 Prozent der Hilfeempfänger, die im vergangenen Jahr eine eigene Existenz gründeten, waren Einwanderer, sagte Krämer. Darunter sind Italiener, Türken, Spanier, aber auch Pakistani und Inder. Ihre Händler-Mentalität sei ausgeprägter als bei den Saarländern. 1114 Kunden des Existenzgründungsbüros haben sich 2007 und in der ersten Hälfte 2008 selbstständig gemacht. Drei Viertel davon kommen aus dem Regionalverband. Und wie lange halten die Existenzgründer durch? Krämer konnte keine Statistik vorlegen, meinte aber aus seiner Erfahrung: "Nur ganz wenige kommen wieder zurück." Die SZ wollte es genauer wissen und fragte beim Statistik-Service der Agentur für Arbeit nach. Der verwies auf die sogenannte Verbleibsquote, die sechs Monate nach Ablauf des Einstiegsgelds errechnet wird, das Hartz IV-Empfänger erhalten, die sich selbstständig machen. Demnach waren im vergangenen Jahr 84,2 Prozent der Existenzgründer nicht mehr auf Leistungen der Arge angewiesen. Das heißt, sie waren weiter selbstständig oder hatten eine andere Beschäftigung gefunden. 2006 lag diese Quote im Regionalverband bei 80,3 Prozent. Bei den Arbeitslosengeld-Empfängern ist die Bilanz wie folgt: 2007 waren 91,6 Prozent der Selbstständigen sechs Monate nach Ablauf des Gründungszuschusses nicht mehr auf staatliche Hilfe angewiesen. Dieser Zuschuss löste Mitte 2006 die Ich-AG ab. Dass die Selbstständigkeit ein hartes Brot sein kann, zeigt das Beispiel von André Wagner aus Saarbrücken. Er hat vor viereinhalb Jahren ein Cafe in der Spichererbergstraße eröffnet. Wagner gibt zu: "Ich wollte schon aufgeben. Es bleibt nicht viel übrig." Gemeinsam mit seiner Frau schuftet der 55-Jährige in seinem Cafe - vor allem für seine Stammkunden. Doch am Ende bleibe kaum ein Gewinn. Und langsam rutsche er "in die Schulden rein", erzählt Wagner. Doch das Cafe aufzugeben würde ihm sehr schwer fallen: "Man hat sich doch was aufgebaut."

HintergrundHartz IV-Empfänger, die sich selbstständig machen, können mit 50 Prozent des Regelsatzes von 351 Euro als Einstiegsgeld rechnen. Dieser Betrag erhöht sich um weitere 10 Prozent für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Das bedeutet nach Angaben des Existenzgründungsbüros für Alleinerziehende 175 Euro, für eine Familie mit zwei Kindern 280 Euro. Die Gründer seien über die Arge kranken- und rentenversichert, solange sie Geld von der Arge bekommen. Das Einstiegsgeld wird maximal ein Jahr lang gezahlt. Die Arbeitslosengeld-Empfänger erhalten einen Gründungszuschuss. Das sind neben dem ALG I 300 Euro in den ersten neun Monaten. Bei einer Verlängerung um sechs Monate gibt es nur noch monatlich 300 Euro.

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