Noch ein Antrag auf fristlose Kündigung

Saarbrücken. Der Streit um die Entlassung von Saarbahn-Betriebsräten hat gestern einen neuen Höhepunkt erreicht. Denn beim Betriebsrat ging ein Antrag von Saarbahn-Chef Dieter Attig ein, mit dem die Zustimmung zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden Winfried Jung eingefordert wird. Grund: Jung soll am 24

Saarbrücken. Der Streit um die Entlassung von Saarbahn-Betriebsräten hat gestern einen neuen Höhepunkt erreicht. Denn beim Betriebsrat ging ein Antrag von Saarbahn-Chef Dieter Attig ein, mit dem die Zustimmung zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden Winfried Jung eingefordert wird. Grund: Jung soll am 24. September dadurch eine Verfehlung begangen haben, dass er anderen Saarbahn-Mitarbeitern eine E-Mail der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi weiterleitete, die "verleumderische" Aussagen über einen Saarbahn-Kollegen enthielt. Dazu Attig in seinem Antrag: "Das Verbreiten nicht wahrer, ehrabschneidender Tatsachenbehauptungen über einen Arbeitskollegen stellt einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar und ist geeignet, eine außerordentliche, fristlose Kündigung zu rechtfertigen." Hintergrund dieses internen Streits ist die Tatsache, dass die Saarbahn sechs Betriebsratsmitglieder entlassen will, darunter den Betriebsratsvorsitzenden Jung, weil sie angeblich andere Kollegen zum Übertritt in die Partei "Die Linke" gedrängt und dazu Druck ausgeübt haben sollen. Zu den Mitarbeitern, die die Saarbahn als Zeugen in dieser Angelegenheit gegen die Betriebsräte aufbietet, gehört ein Fahrer, der früher für die rechtsextreme DVU aktiv war.Nach zwei eidesstattlichen Versicherungen, die in der oben erwähnten und von Jung weitergeleiteten E-Mail enthalten waren, soll dieser Fahrer bis vor zwei Jahren eine Tätowierung getragen haben, die Reichsadler und Hakenkreuz abbildete und auf Blut und Ehre einschwor. Diese Behauptungen, so Attig in seinem Antrag an den Betriebsrat, seien "völlig aus der Luft gegriffen" und entsprächen "in keinster Weise" der Wahrheit. Das Verbreiten solch unwahrer Behauptungen sei für den Betroffenen ehrverletzend und rufschädigend. Also müsse man gegenüber Jung entsprechende Konsequenzen ziehen. Mit Bezug auf dieses Schreiben forderte gestern Verdi-Landesleiter Alfred Staudt Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz auf, in ihrer Funktion als Aufsichtsratsvorsitzende der Saarbrücker Versorgungs- und Verkehrsbetriebe (VVS) "dieses Theater sofort zu beenden". Auch verlangte er, die eingeleiteten Kündigungsverfahren gegen sechs Betriebsräte rückgängig zu machen. Staudt sagte, dass es in seiner Organisation einen Kündigungsversuch "wegen der unkommentierten Weiterleitung einer Gewerkschafts-Mail noch nie gab". Deshalb kritisierte er den Saarbahn-Geschäftsführer scharf. Außerdem war bei Verdi zu erfahren, dass die Tätowierung des erwähnten Saarbahn-Fahrers von mehr als den beiden Personen gesehen worden sei, die eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hätten.

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