Nicht allein mit der Sucht

Saarbrücken. Selbsthilfegruppe? Mit anderen darüber reden, wie das mit der Sucht war? "Nein", sagt Volker Sante, "viele wollen nach der Entgiftung davon erst mal nichts wissen." Volker Sante kennt sich da aus. Er war selbst süchtig. Und er hat sich für die Selbsthilfegruppe entschieden. Inzwischen leitet er sogar eine - im Café Jederman im Nauwieser Viertel

Saarbrücken. Selbsthilfegruppe? Mit anderen darüber reden, wie das mit der Sucht war? "Nein", sagt Volker Sante, "viele wollen nach der Entgiftung davon erst mal nichts wissen." Volker Sante kennt sich da aus. Er war selbst süchtig. Und er hat sich für die Selbsthilfegruppe entschieden. Inzwischen leitet er sogar eine - im Café Jederman im Nauwieser Viertel.Ob es Erleichterung ist, vom Alkohol, vom Koks oder dem unbändigen Drang zu Spielautomaten losgekommen zu sein, oder ein Verdrängen der Horrorvergangenheit - sich nach einer Suchttherapie alleine durchs Leben schlagen zu wollen, ist nur die zweitbeste Idee. Das Beste, sagt Volker Sante, ist es, mit Menschen, die Ähnliches durchgemacht haben, in Kontakt zu bleiben. Mit Menschen zum Beispiel, die sich im Café Jederman treffen.

Der Verein hilft Menschen seit rund 30 Jahren, nicht mehr in die Sucht zurückzufallen. Dass dazu Hilfe nötig ist, zeige die Statistik, sagt Alois Daniel, der Vorsitzende des Café-Jederman-Vereins. Bei Menschen, die in einer Selbsthilfegruppe Halt finden, sei die Rückfallquote deutlich niedriger als bei solchen, die mit sich alleine zurechtzukommen versuchen, sagt er.

Der Verein bietet Gruppen für jede Form der Sucht an. Vor allem aber kompetente Gruppenleiter und die passenden Räume, wie Alois Daniel betont. Das "suchtfreie Café", in dem es keinen Alkohol und keine Spielautomaten gibt, steht jedem offen - Männern wie Frauen, deshalb hat der Verein auf das zweite "n" im Namen verzichtet.

"Es ist für uns wichtig, dass das zusammengehört: Café und Selbsthilfe", sagt Alois Daniel. Zu Leuten, deren Alkoholproblem sich immer wieder meldet, sage er zum Beispiel: "Wenn Ihr Lust habt, zur Tankstelle zu gehen und Euch was zum Trinken zu holen, kommt erstmal zu uns einen Kaffee trinken."

"Wir wissen, wovon wir reden. Uns kann niemand etwas vormachen", sagt Volker Sante. Vor allem wissen die Männer und Frauen im Verein, wie schwer es ist, aus der Sucht rauszukommen. Alois Daniel geht sehr offen damit um, wie er damals von der Polizei aus dem Betrieb geholt wurde, weil er ständig betrunken war. Er ist denen, die damals eingegriffen haben, heute dankbar.

Oft laufe es anders: Die Sucht einer Kollegin oder eines Kollegen werde zwar wahrgenommen, aber nicht angesprochen - weil es bequemer ist und weil Süchtige, "oft sehr sympathische Menschen" sind, denen man nichts tun wolle. Man helfe diesen Menschen aber gerade nicht, wenn man alles laufen lässt, sagt Alois Daniel.

Wobei es nicht nur der Alkohol und harte Drogen sind, die Menschen aus der Bahn werfen. Immer mehr Menschen kommen kaum noch vom Computer weg oder verspielen regelrecht ihr Leben an Autoamten in Spielhallen. Weil die Gruppe dieser Süchtigen zunimmt, hat der Jederman-Verein neue Gruppen eingerichtet. Der Verein müsse da mehr machen, um den Leuten zu zeigen, dass sie nicht allein sind - wenn sie das wollen.

cafe-jederman.de

Auf einen Blick

Das Café Jederman bietet in seinen Räumen Ecke Johanisstraße/Cecilienstraße (Haus der Caritas) folgende Selbsthilfegruppen an:

Alkohol- und Medikamentensucht: Montag, 19 bis 20.30 Uhr, Dienstag, 17 bis 18.30 Uhr und 19 bis 20.30 Uhr, Mittwoch,14 bis 15.30 Uhr, Donnerstag, 19 bis 20.30 Uhr.

Spielsucht/Glücksspiel: Mittwoch, 17 bis 18.30 Uhr.

Computerspielsucht/Onlinesucht: Mittwoch, 18 bis 19.30 Uhr.

Frauengruppe "Sexueller Missbrauch und sexualisierte Gewalt": Donnerstag, 17.30 bis 19 Uhr.

Informationen: Telefon (06 81) 3 36 12 ols

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