Nicht alle waren so mutig wie Willi

Saarbrücken. "Unterscheiden können zwischen Gut und Böse", sollen junge Leute, sagt Richard Bermann. Und "sehen, was Menschen Menschen antun können". Dann, so hofft der Vorsitzende der Synagogengemeinde Saar, lassen sich die Jungen "nicht einfangen von den Ewiggestrigen"

 Die Saarbrücker Synagoge stand in der Kaiserstraße. Das Bild entstand 1934, vier Jahre bevor das jüdische Gotteshaus in der Reichspogromnacht am 9. November gestürmt und in Brand gesetzt wurde. Damals lebten mindestens 2400 Juden in Saarbrücken. Foto: Fritz Mittelstaedt

Die Saarbrücker Synagoge stand in der Kaiserstraße. Das Bild entstand 1934, vier Jahre bevor das jüdische Gotteshaus in der Reichspogromnacht am 9. November gestürmt und in Brand gesetzt wurde. Damals lebten mindestens 2400 Juden in Saarbrücken. Foto: Fritz Mittelstaedt

Saarbrücken. "Unterscheiden können zwischen Gut und Böse", sollen junge Leute, sagt Richard Bermann. Und "sehen, was Menschen Menschen antun können". Dann, so hofft der Vorsitzende der Synagogengemeinde Saar, lassen sich die Jungen "nicht einfangen von den Ewiggestrigen". Um vor allem Kinder und Jugendliche aufzuklären über das, was zur Zeit des Nationalsozialismus passiert ist, und zu verhindern, dass so etwas wieder geschieht, hat die Stadtverwaltung zusammen mit 15 Partnern ein Programm mit 40 Veranstaltungen zusammengestellt."Widerstand, Repression und Verfolgung" heißt die Reihe von Vorträgen, Ausstellungen, Konzerten, Theateraufführungen, Lesungen und Führungen, die am 6. März beginnt und im November enden soll. Anlass "Vor 80 Jahren ergriff Adolf Hitler die Macht und am 9. November 1938 brannten die Synagogen - auch in unserer Stadt. Viele Deutsche folgten den Nationalsozialisten, nur wenige zeigten Zivilcourage oder leisteten sogar Widerstand wie etwa der in Saarbrücken aufgewachsene Willi Graf", sagte Oberbürgermeisterin Charlotte Britz am Dienstag bei der Vorstellung des Programms.

"Nicht nur die Schokoladenseite unserer Stadt und die Aspekte, die gewinnbringend sind", sollen in diesem Jahr beleuchtet werden, erklärte der Leiter des Stadtarchivs Hans-Christian Herrmann, der die Reihe koordiniert. Auf die "dunkle Seite" zu blicken, soll helfen "Gefahren in der Gegenwart, gefahren für unsere Demokratie zu erkennen".

So soll eine kostenlose Vortragsreihe ab dem 6. März im Rathausfestsaal zeigen, was in Saarbrücken geschehen ist, in den Jahren des Nationalsozialismus, in den Jahren zuvor, als die Saarländer sich bewusst für einen Anschluss an Hitler-Deutschland entschieden haben, kündigt Hermann an. Und es soll um die Frage gehen, "wie nach 1945 mit den nationalsozialistischen Tätern umgegangen wurde.

Kinoseminare vom 4. bis 8. März sollen Schüler der Klassenstufen neun bis zwölf im Filmhaus mit den Nazi-Propagandafilmen "Jud Süß" und "Hitlerjunge Quex" konfrontieren. Eine Ausstellung in der Stadtbibliothek vom 5. März bis zum 20. April soll die Rolle der Medien beleuchten. Die Saarbrücker Sommermusik befasst sich vom 20. Juli bis zum 29. September ebenfalls mit "Verfolgung und Diktatur". Im Stadtarchiv wird es eine Ausstellung und Lesungen geben, im Theater im Viertel ebenfalls. Dort werden sich auch Musiker und Theaterleute mit dem Thema auseinandersetzen.

Und weil man Jugendliche am besten mit Hilfe von Jugendlichen begeistern kann, wie Sylvia Kammer-Emden vom Kulturamt sagt, werden Schüler der Willi-Graf-Schulen am 12. Oktober, dem 70. Jahrestag der Hinrichtung des "Weiße Rose"-Widerstandskämpfers Willi Graf an dessen Zivilcourage erinnern.

Richard Bermann warnte allerdings gestern davor, nur die jungen Leute im Blick zu haben. In der älteren Generation gebe es Menschen, "die verdrängen wollen, weil das, was geschah, unbequem ist".

saarbruecken.de/widerstand

Foto: Stadtarchiv

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