Neuwahlen wären für Piraten im Saarland "kleine Katastrophe"

Saarbrücken/Oberthal. Der stellvertretende Vorsitzende der Piratenpartei im Saarland, Thomas Brück aus Oberthal-Güdesweiler, hat eine mögliche vorgezogene Neuwahl des saarländischen Landtags nach dem Bruch der Jamaika-Koalition als eine "kleine Katastrophe" für seine Partei bezeichnet

Saarbrücken/Oberthal. Der stellvertretende Vorsitzende der Piratenpartei im Saarland, Thomas Brück aus Oberthal-Güdesweiler, hat eine mögliche vorgezogene Neuwahl des saarländischen Landtags nach dem Bruch der Jamaika-Koalition als eine "kleine Katastrophe" für seine Partei bezeichnet. "Unsere Planungen sind auf die Bundestagswahl 2013 und die Landtagswahl 2014 ausgerichtet", sagte EDV-Berater Brück unserer Zeitung. Die Saar-Piraten, die derzeit nur über knapp 200 Mitglieder verfügten, seien nicht im jetzigen Landtag vertreten, so dass sie zunächst Unterstützerunterschriften einholen müssten, um überhaupt auf die Wahlzettel zu gelangen. "Eines unserer Mitglieder hat dazu witzig gemeint: Kündigt alle Eure Jobs, wir müssen in den Wahlkampf ziehen", sagte Brück weiter. "Wenn ich als Demokrat spreche, dann muss ich sagen: Neuwahlen wären das Richtige. Aber als Mitglied der Piratenpartei an der Saar muss ich hoffen, dass sich Heiko Maas und Annegret Kramp-Karrenbauer gut vertragen und es ganz normal bis 2014 weiter geht", gestand Brück die Startschwierigkeiten der bei den Berliner Abgeordnetenhauswahlen so erfolgreichen Piraten an der Saar ein. Im Moment sei die Landespartei dabei, Kreisverbände in Saarbrücken, Saarlouis, Saarpfalz und Neunkirchen zu gründen. Ortsvereine gebe es noch gar nicht. Mit der Kampagne "Pirates on tour" wolle man neben Stammtischen und Infoständen in den Gemeinden die Werbetrommel rühren.Dabei soll den Bürgern auch bewusst werden, dass sich die Piraten inhaltlich noch in einem Meinungsbildungsprozess befinden. Zu Schuldenbremse, Stadtmitte am Fluss, Event-Halle, Stadionumbau oder Museumsneubau verfügen die Saar-Piraten noch über keine klaren Positionen. "Da sind wir momentan ganz stark am Rotieren, da sind Arbeitsgruppen gegründet worden, die an genau diesen Themen dran sind", sagte Brück. Ein Landesparteitag im März könnte da für Aufklärung sorgen.

Einstweilen fordern die Piraten jedoch Transparenz bei den Bauprojekten des Landes. Transparenz fordern die Piraten auch bei den Dienstwagenregelungen des Saar-Landtags. Es gebe eine Anekdote aus dem Berliner Abgeordnetenhaus, wo diePiraten statt Dienstwagen Dienstfahrräder und Netzkarten der Berliner Verkehrsbetriebe gewünscht hätten, was die Verwaltung des Berliner Parlaments verweigert habe.

Brück nahm jedoch die wegen der gleichzeitigen Dienstwagennutzung und des Kassierens von Fahrtkostenpauschalen in der Kritik stehen FDP-Landtagsabgeordneten Christoph G. Hartmann und Christoph Kühn in Schutz, die vom Steuerberater falsch informiert worden seien. "Wir wollen da nicht jemandem an den Kragen, sondern Transparenz", betonte Brück. Zu den wenigen Positionen, bei denen bereits Konsens bei den Piraten besteht, gehöre die Nutzung der stillgelegten Kohlegruben zur regenerativen Energiegewinnung.

Um die für die Piraten allzu frühen Neuwahlen im Saarland noch zu verhindern, denkt Brück über eine Botschaft an Kramp-Karrenbauer und Maas nach. "Seid lieb zueinander", lautet Brücks Bitte, damit die Piraten nicht bereits in den Kinderschuhen zur Wahl schreiten müssen. dik

Foto: Piraten

"Seid lieb zueinander."

Thomas Brück an die Ministerpräsidentin und Heiko Maas

Meinung

Saar-Piraten noch ohne Kompass

Von Merkur-MitarbeiterDietmar Klostermann

Furchterregend für die etablierten Parteien im Saarland sind sie noch nicht, die Piraten. Die knapp 200 Mitglieder große Mannschaft sucht noch nach dem politischen Kompass. Kreis- und Ortsverbände liegen hinterm Horizont, fürs Landtagswahl-Gefecht fehlen den Saar-Piraten die Säbel. Doch die Landtagsparteien sollten sich nicht allzu sicher fühlen, falls es mit der großen Koalition wider alle derzeitigen Prognosen nicht funktionieren sollte. Der Frust bei den Wählern über die ausgeprägte Selbstbereicherungspraxis der etablierten Parteien, sei es bei Dienstwagen, sei es bei gut dotierten Posten, ist riesengroß. Und damit auch die Neigung, aus schierem Protest, manche sagen auch aus purer Verzweiflung, den Piraten die Stimme zu geben, damit sich irgendetwas ändert im Land. Auch die jungen grünen Turnschuhträger wurden vor 30 Jahren von den satten Altparteien belächelt, ehe sie sie das Fürchten lehrten. Und heute gilt: Wer sich den Staat zur Beute macht, muss sich über Piratenangriffe nicht wundern.

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