Neustart auf alten Strecken

St. Wendel. Irritiert sind ein paar Kunden am St. Wendeler Busbahnhof auf der Suche nach dem Fahrplan. Schauen sich um. Dirk Dannenfeld wird darauf aufmerksam, wie eine ältere Frau erfolglos Ausschau hält. Unabhängig davon tut es ihr ein Mann mit Hut gleich

 Klaus Bonaventura (von links), beim Kreis für Busse und Bahn zuständig, die Geschwister Sabine und Markus Behles, sie leiten das Busunternehmen, und Landrat Udo Recktenwald steigen ein. Foto: B&K

Klaus Bonaventura (von links), beim Kreis für Busse und Bahn zuständig, die Geschwister Sabine und Markus Behles, sie leiten das Busunternehmen, und Landrat Udo Recktenwald steigen ein. Foto: B&K

St. Wendel. Irritiert sind ein paar Kunden am St. Wendeler Busbahnhof auf der Suche nach dem Fahrplan. Schauen sich um. Dirk Dannenfeld wird darauf aufmerksam, wie eine ältere Frau erfolglos Ausschau hält. Unabhängig davon tut es ihr ein Mann mit Hut gleich. Dannenfeld führt sie um die Anzeige der Saar-Pfalz-Bus im rosafarbenen Rahmen herum, der für ihren Weg nicht mehr gilt, und zeigt auf die grün gerahmte Tafel. Sie hängt auf der Rückseite."Das sind kleine Schwierigkeiten zum Anfang", sagt der selbstständige Marketingfachmann. Er kümmert sich zurzeit um die Öffentlichkeitsarbeit des Busunternehmers Markus Behles. Der Weiskircher übernahm zum Jahreswechsel drei Linien im St. Wendeler Land. Zuvor hatte das Bahn-Tochterunternehmen Saar-Pfalz-Bus den Auftrag inne. Doch der Kreistag gab nach der Ausschreibung den Zuschlag an den Geschäftsmann aus dem Landkreis Merzig-Wadern. Der Auslöser für den Wechsel: Saar-Pfalz-Bus hatte vom Kreis und den Kommunen an die 500 000 Euro an Jahreszuschüssen verlangt, um die defizitären Strecken aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig wollte die Gesellschaft Verbindungen an Wochenenden streichen. Behles legte ein rund halb so teures Angebot vor - inklusive aller bisherigen Linien (wir berichteten). Zugleich versichert die Geschäftsführung, die Tarifverträge der Fahrer einzuhalten.

Gestern nahm Behles die Strecken früh morgens in Betrieb. Mit kleinen Anlaufproblemen, wie Dannenfeld zugibt. Als gegen fünf Uhr rund zehn Kunden auf eine Verbindung nach Schwarzerden warteten, die allerdings ab 2012 um diese Zeit nicht mehr im Plan steht. "Da werden wir in den kommenden Wochen noch nachjustieren", versichert er.

Markus Behles, der gegen Mittag mit einer Hand voll Offiziellen aus dem gegenüberliegenden Landratsamt am Zentralen Omnibus-Bahnhof (ZOB) den obligatorischen Startschuss gibt, bittet darum, sich im Fall von Schwierigkeiten bei seinen Kollegen zu melden. Die mieteten mit der Streckenübernahme eigens ein Büro in der nahe gelegenen Bahnhofstraße an. Der 52-jährige Geschäftsmann, dessen Betrieb 200 Fahrzeuge und 250 Mitarbeiter zählt: "Ich bitte darum, sich an uns zu wenden, wenn etwas nicht läuft."

Behles ist überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war, die Linien 602 (nach Türkismühle), 603 (nach Freisen) und 604 ins Ostertal zu übernehmen. Um diese logistische Aufgabe zu bewältigen, nahm er drei Subunternehmer ins Boot: die Schmelzer Firma Jochem, Stoll aus Ottweiler und Lorenz (Bubach). Mit 22 Bussen sind die vier Unternehmen unterwegs. Markus Behles: "Am Donnerstag kommen noch die Schulfahrten hinzu, wenn der Unterricht nach den Weihnachtsferien wieder beginnt." Eine weitere Bewährungsprobe nach dem gestrigen Start.

Für vier Jahre sind der Landkreis und die Behles Bus GmbH den Vertrag eingegangen. Was die Saar-Pfalz-Bus-Verantwortlichen Markus Behles offensichtlich übel nahmen. Behles, seit Jahren Kooperationspartner der staatlich dominierten Deutschen Bahn (DB), hatte bis Dezember auch Strecken im DB-Auftrag im Raum Kusel/Rheinland-Pfalz übernommen. Diese Zusammenarbeit kündigte die DB nun. Ohne Auswirkungen auf die Angestellten, wie Behles versichert. Denn im Gegenzug stieg sein Unternehmen in Grünstadt/Pfalz ins Liniennetz-Geschäft ein, dort nach eigenen Angaben mit 45 Fahrzeugen für vorerst zwei Jahre. So sieht es der dortige Vertrag vor.

St. Wendels Landrat Udo Recktenwald (CDU) geht davon aus, dass die Zusammenarbeit mit einem privaten Anbieter ein Modell für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auch in anderen Regionen sein kann.

Für die Kunden bleibt indes alles wie gehabt: Schülertickets gelten ebenso wie Fahrkarten des Saarländischen Verkehrsverbundes (Saar-VV), erklärt Behles-Sprecher Dannenfeld. > Seite C2: Grafik

Kontakt: Tel. (06851) 8007695; E-Mail: st.wendel@behles-bus.de

behles-bus.de

Auf einen Blick

Auf den Linien 602, 603 und 604 fährt wochentags mindestens jede Stunde ein Bus, einige Abschnitte werden allerdings nur alle zwei Stunden bedient. Samstags werden Türkismühle, Nohfelden, Freisen und Oberkirchen über die Linien 602 bzw. 604 alle zwei Stunden an St. Wendel angebunden. Die Behles-Schulbusse bedienen die Schulen in der Stadt St. Wendel sowie den Gemeinden Freisen, Namborn und Nohfelden.

Die neuen Fahrpläne erhalten Kunden in den Bussen, bei der Touristinformation Tour-Rondo beim Bahnhof und im St. Wendeler Büro der Firma Behles, Bahnhofstraße 28, Öffnungszeiten: montags bis freitags, acht bis zwölf sowie 14 bis 16 Uhr. Es gelten die Tarife des Saarländischen Verkehrsverbundes (Saar-VV). Monats- und Jahreskarten behalten weiterhin ihre Gültigkeit. lk

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