Blühende Gärten Mini-Naturschutzgebiet rund ums Haus

Neunkirchen · Der Nabu-Neunkirchen lud zur Gartenführung bei Elisabeth und Franjo Schmitt im Biedersbergweg ein. Schwerpunkt: Artenvielfalt und naturnahes Gärtnern.

 Im naturnahen Garten von Elisabeth und Franjo Schmitt in Neunkirchen wurden den Besuchern viele Tipps aus der Praxis vermittelt.

Im naturnahen Garten von Elisabeth und Franjo Schmitt in Neunkirchen wurden den Besuchern viele Tipps aus der Praxis vermittelt.

Foto: Jörg Jacobi

Was macht das angebohrte Birkenstammstück unter der Bank? Hat das jemand dort vergessen? Nein, denn in diesem Hausgarten im Biedersbergweg wird wenig dem Zufall überlassen. Dass so ein Endlosprojekt wie ein Garten gleichwohl der Willkür der Natur ausgesetzt ist, wollen Elisabeth und Franjo Schmitt gar nicht leugnen. Zumal diese Eigendynamik ja durchaus auch ihre schönen Seiten hat: Beim Treffpunkt vor dem Haus lenkt Franjo Schmitt die Aufmerksamkeit der Gäste als erstes auf einen früheren Pkw-Stellplatz, auf dem es bunt krautet und blüht. „Das sind über 50 Kräuter, in vier Minuten zusammengezählt.“ Schon ist man mitten drin in einer Diskussion über totgekieste Vorgärten, naturnahes Gärtnern und die Natur „einfach mal machen lassen“.

Seit 1979 wohnen die Schmitts hier. „In dieser Zeit hat der Garten immer wieder sein Gesicht gewechselt“, erzählt Elisabeth Schmitt. „Das Ende ist noch nicht erreicht.“ Was immer blieb, war der Anspruch, Natur in die Stadt – beziehungsweise an den Stadtrand – zu holen, „von Haus aus etwas, woran der Nabu interessiert ist“. Zu berücksichtigen gilt es beim Anlegen eines Gartens zu allererst die Standortbedingungen, sprich: ist es trocken oder feucht, der Boden eher lehmig oder sandig, die Lage sonnig oder schattig?

Für ihren Steingarten holten sich die Schmitts eigens Kalksteine aus Gersheim. Hier wächst alles, was es mager und kalkig liebt. Bärlauch gehört definitiv nicht dazu, gedeiht originellerweise aber trotzdem in der prallen Sonne. In den Nischen des umsummten und umbrummten Blütenteppichs sonnen sich Eidechsen. Das Haferwurz hat schon Feierabend, „das blüht nur ein bis zwei Stunden vormittags.“ Wer Insekten beglücken möchte, dem empfiehlt Schmitt beispielsweise den Edel-Gamander (Teucrium chamaedrys), der blüht „zwar spät, aber oho“.

Kräuter haben es Elisabeth Schmitt besonders angetan. Inspirieren ließ sie sich von Karl dem Großen und dessen Höfe- und Dörferverordnung „Capitulare de villis“. „Darin schreibt er seinen Untertanen vor, was sie anzubauen haben.“ Die Zeiten sind zum Glück vorbei. Und gegen den Buchsbaumzünsler hätte das wohl auch nicht geholfen. „Hier stand ein Klostergarten, bis der Zünsler zuschlug.“ So richtig traurig ist die Hobbygärtnerin nicht darüber. Wucherte der Buchs doch tüchtig. Jetzt ist mehr Platz für Gemüse & Co.

Nebendran gibt’s „ein kleines Stück Bliesgau“ mit Arten wie Schlangenwurz und Riesensalbei. Am Zaun entlang stand früher eine Fichtenhecke, jetzt findet man dort ein ganzes Arboretum heimischer Gehölze vom Speierling, Weißdorn und Wildrose über Berberitze, Schneeball und Felsenbirne bis hin zu Bauernjasmin, Ilex und Kreuzdorn. Hinterm Zaun liegt noch ein extra Garten, verrät Franjo Schmitt augenzwinkernd. Hochambitioniert, wertete seine Frau den schmalen umlaufenden Mini-Streifen ebenfalls botanisch auf.

Und dann fällt endlich das Wort „Insektenhotel“. Schmitt selbst hat ein ansehnliches Exemplar gezimmert. Aber eigentlich sind die Dinger „Blödsinn“, oft zum „green washing“ missbraucht, um zu demonstrieren: Schaut, wir tun was Tolles für die Natur. Tatsächlich hilft man damit oft nur einer einzigen Art, „die eh schon da ist“. Wenn es dann noch an Nahrungsangeboten im Umfeld mangelt, verhungern die Insekten sogar. Schützen muss man die Hotels übrigens auch, sonst fressen sich nur die Parasiten und Vögel rund. Wenn überhaupt, dann sollte man besser viele kleine unterschiedliche Nisthilfen an verschiedenen Orten anbieten – wie diesen Birkenholzscheit unter der Bank, gern auch Haufen mit Totholz, Laub, Steinen - ohne „Hotel“ drum herum.

Eine schattige Ecke des 700 Quadratmeter-Gartenimperiums der Schmitts hat sich allen Gestaltungsversuchen bisher erfolgreich verweigert: „Da will nichts gedeihen“, zuckt Elisabeth Schmitt die Schultern. „Das ist unser nächstes Projekt: ein Moosgarten.“ Es bleibt immer was zu tun.

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