Turnvater Jahns Welt ist weit weg

Aerobic, Jazz-Dance oder Thai-Boxen - der alte Turnvater Jahn hätte mit diesen Begriffen nichts anzufangen gewusst. Zumal ihm, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch Pädagoge und national gesinnter Politiker war, Fremdwörter ohnehin suspekt waren

Aerobic, Jazz-Dance oder Thai-Boxen - der alte Turnvater Jahn hätte mit diesen Begriffen nichts anzufangen gewusst. Zumal ihm, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch Pädagoge und national gesinnter Politiker war, Fremdwörter ohnehin suspekt waren. "Ein kernfester Leib ist notwendig zum Ringen mit dem kernfaulen Zeitalter" forderte zeitlos kernig der Frisch-Fromm-Fröhlich-Frei-Protagonist. Dass dazu im 21. Jahrhundert auch Koronarsport und Wirbelsäulen-Gymnastik vorgehalten werden, hat er nicht ahnen können.Was damit gesagt werden soll, ist, dass Selbstverständnis und Repertoire der Turnvereine heute mit Friedrich Ludwig Jahns Welt nicht mehr viel am Hut haben. Zwangsläufig, denn die Vereine mussten sich im Lauf der Zeit zuerst langsam, dann immer ausgeprägter wandeln, um ihre Existenzberechtigung zu behalten. Zwei davon, die acht Jahre nach Jahns Tod (1852) das Licht der Welt erblickten, haben das bereits über 150 Jahre hinweg geschafft: Der TuS Neunkirchen und der TV Elversberg, jeweils gegründet im Jahr 1860, feiern im Jahr 2010 bemerkenswerte Jubiläen. Jahn ist, wie gesagt, weit weg. Geblieben ist aber, dass diese Vereine eine wichtige gesellschaftliche und soziale Aufgabe wahrnehmen - insbesondere mit ihrem Angebot für Kinder und Jugendliche. Wobei es für sie immer schwerer wird, den individuellen Ansprüchen der Zeitgenossen gerecht zu werden. Und das Vereinsleben auf ehrenamtlicher Basis zu erhalten. Bemerkenswert ist es deshalb auch, dass die "Chefs" der beiden genannten Jubiläumsvereine schon ein Vierteljahrhundert oder mehr in der Pflicht stehen.

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