Premiere für Kostümführung Stadtführung im Gewand der Gründerzeit

Neunkirchen · Spannende Anekdoten mit interessanten Erläuterungen zu Neunkircher Industrierelikten erhofften sich die Teilnehmer der Kostümführung am Sonntag. Und sie wurden nicht enttäuscht.

 Freifrau Ida Stumm-Halberg konnte an der Stummschen Reithalle zahlreiche Interessenten zur ersten Kostümführung durch das Neunkircher Hüttenareal begrüßen.

Freifrau Ida Stumm-Halberg konnte an der Stummschen Reithalle zahlreiche Interessenten zur ersten Kostümführung durch das Neunkircher Hüttenareal begrüßen.

Foto: Jörg Jacobi

Es war am Sonntagmittag eine Stadtführung der besonderen Art, als die Industriellengattin Ida Freifrau von Stumm-Halberg die gut 30 Teilnehmer bei Kaiserwetter mitnahm auf eine Zeitreise in die Epoche ihres Ehemannes, des Stahlbarons Karl-Ferdinand von Stumm-Halberg. Rosa Wehlitz, eine profunde Kennerin jener Zeit und ihrer Persönlichkeiten, war in die Rolle der Ida Stumm und hierzu auch in ein historisches Gewand geschlüpft. Ihre Kenntnisse über die Stahldynastie Stumm-Halberg hat sich die Hobby-Historikerin seit November bei intensiven Recherchen im Stadtarchiv angeeignet und sich so auf ihre Rolle vorbereitet.

Die Stummsche Reithalle war Ausgangspunkt der Kostümführung, mit der die Stadt Neunkirchen ihr touristisches Angebot ab sofort erweitert. An den verschiedenen Stationen des Neunkircher Hüttenwegs gab die „Zeitzeugin“ mit Anekdoten, Episoden und Geschichten Einblick in die Geschichte der Familie und der noch erhaltenen Relikte. Von Beginn an machte die Touristenführerin deutlich, dass sie sich weniger mit der Technologie der Hütte als vielmehr mit den Hintergründen der Relikte und der Rolle der Frauen in jener Zeit beschäftigen würde, „deren Aufgabe es war, ihren Gatten zu repräsentieren“. Am Ausgangspunkt gab es zu zunächst Informationen zu dem einstigen Herrenhaus gegenüber dem heutigen Wasserturm und dem darunter liegenden Lazarett, „in dem die Invaliden bestens versorgt waren“.

Zur Stummschen Reithalle erfuhren die Teilnehmer, dass diese ursprünglich nur zur Belustigung der Kinder aus der Familie diente. Und vor dem Hintergrund des Kutscherhauses schilderte die Freifrau die Anekdote, wie einst der Bergwerksdirektor Hermann Fuchs von ihrem Gatten zum Kutschermeister der Stumms ernannt wurde. Am Beispiel der 1841 erbauten Meisterhäuser machte sie deutlich, dass „Karl-Ferdinand immer bemüht war, dass seine Meister ordentliche Häuser mit Wirtschaftsräumen dahinter hatten“. Vorbei am Eisengießer, der 1936 anlässlich des 100. Geburtstages von Karl-Ferdinand von Stumm geschaffen wurde, ging es zur Christuskirche, die komplett von ihm gestiftet worden war.

Auch das Karl-Ferdinand-Haus am Unteren Markt wurde bei der Führung nicht ausgeschlossen. Einst als Altersheim gebaut und später als Waisenhaus genutzt, ist das Gebäude heute wieder zu seiner ursprünglichen Zweckbestimmung als Seniorenheim zurückgekehrt. Das 1902 erbaute Stummdenkmal stellt den Stahlbaron nach Ansicht seiner Gattin so dar, „wie sich Karl-Ferdinand selber sah“. Ida von Stumm-Halberg machte aber auch klar, dass Karl-Ferdinand wenig Zeit für seine Familie hatte, weil er nicht nur Industrieller, sondern auch Politiker und sogar Mitbegründer des Deutschen Reichstags war.

Letzte Station der Premieren-Kostümführung am Sonntagnachmittag war die Stummsche Kapelle als reine Privatkapelle der Familie Stumm, die im Jahr 1852 aber auch der Auftakt des historischen Bauens im Saarland war. Nach fast zwei Stunden endete hier eine bemerkenswerte Zeitreise, in der die Freifrau ihrem „hoch verehrten und geschätzten Publikum“ einen Einblick in das Leben und Wirken ihrer Familie und insbesondere ihres Gatten gewährte.

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