Spiesen-Elversberg bewirbt sich um Forschungsprojekt Der Bus kommt über den Smartphone-Ruf

Spiesen-Elversberg · Die Gemeinde Spiesen-Elversberg beantragt Forschungsgeld für Erprobung einer neuen Art des öffentlichen Verkehrs.

 Per Smartphone den Bus rufen, das dürfte die Zukunft sein. Spiesen-Elversberg will in ein Forschungsprojekt für modernen ÖPNV.

Per Smartphone den Bus rufen, das dürfte die Zukunft sein. Spiesen-Elversberg will in ein Forschungsprojekt für modernen ÖPNV.

Foto: dpa/Roland Holschneider

Fängt die Mobilität von morgen im Kreis Neunkirchen ausgerechnet in der kleinen Gemeinde Spiesen-Elversberg an? Es ist ein Pilot- und Forschungsprojekt, mit dem die 13 000-Seelen-Kommune den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf ihren 11,5 Quadratkilometer mehr oder minder neu aufstellen möchte. Auf einen ganz kleinen Nenner gebracht, sollen die Kunden innerorts von ihrem Standort zu ihrer Zieladresse kommen per Ruf-Bus und App-Nutzung. Für Entwicklung und Erprobung steht eine Förderung durch das Bundesforschungsministerium über stolze 920 000 Euro im Raum und eine große Runde von Mitstreitern bereit (siehe Info). Wenn alles gutgeht, könnte die Arbeit zu „KIMonoS“ im Sommer starten.

„KIMonoS“? Das sperrige Kürzel steht für die nicht minder sperrige Zeile „KI-gestützte Mobility-On-Demand-Plattform im Saarland“. Ein Wortungeheuer, das unterm Strich sagen soll: Der Kunde bestellt seine Fahrt im öffentlichen Netz (on demand) über Smartphone, Tablet oder PC. Im Hintergrund managt künstliche Intelligenz (KI) alle Anfragen so, dass Fahrten clever gebündelt werden und so billig sind wie im Linienbus.

Über den ÖPNV lässt sich nicht allzu viel Gutes sagen, wenn der Nutzer auf dem Land lebt. Wer seinen Bus verpasst hat, steht nicht selten eine Stunde, ehe der nächste vorbeikommt. Und je nachdem, wo die Fahrt hingehen soll, und sei es nur ein paar Kilometer über die Gemeindegrenze hinaus, kann das Ganze ein großes Abenteuer werden. Was letztlich dazu führt, dass die meisten lieber mit einem eigenen Gefährt unterwegs sind und große Busse jenseits der Stoßzeiten niemanden befördern außer ihrem Fahrer. Dabei steht fest: Der ÖPNV hätte das Zeug dazu, den Bürgerinnen und Bürgern viel Stress zu nehmen (Staus auf den Straßen, Lärm) und die Umwelt zu entlasten. Aber wie ein vernünftiges Angebot schaffen, um den Menschen den Verzicht aufs Auto schmackhaft machen?

Der Spiesen-Elversberger Bürgermeister Bernd Huf (parteilos) will es herausfinden. „Die erste Hürde haben wir geschafft“, sagt er zu „KIMonoS“. Die Gemeinde hat sich mit einer Projektskizze beim Bund beworben und ist jetzt gefordert, bis 12. März den kompletten Antrag nach Berlin zu schicken. Huf ist optimistisch: „Ich denke, wir haben gute Chancen, dass es in die Förderung geht.“ Er hofft auf grünes Licht im Sommer oder Spätsommer.

Bis 2019, sagt Huf, sei die Gemeinde recht gut versorgt gewesen mit Bussen. Direktverbindungen nach St. Ingbert und Neunkirchen, Linien von Saarbrücken bis nach Spiesen. Aber dann wurde der Verkehr nach Saarbrücken gekappt. Zum Ersatz gab es die Gemeindelinien 309 und 310 durch die Neunkircher Verkehrsbetriebe. Die großen Busse fahren durch Anliegerstraßen, oft leer. Genaue Fahrgastzahlen habe die Verwaltung nicht, sagt der Bürgermeister. Für das innerörtliche Angebot schieße die Gemeinde im Jahr 150 000 Euro zu. Für das Geld könnte sie den Nutzern auch ein Taxi zahlen.

Der ÖPNV muss sich also ändern, will er die bessere Alternative sein. Mit dem neuen System, dröselt Huf auf, könnten die Bürgerinnen und Bürger innerorts zu wichtigen Punkten fahren, sei es der Einkaufsladen, der Friedhof oder eine Veranstaltungshalle. Zugleich würden die On-Demand-Kleinbusse ihre Gäste auch zu den Haltepunkten für den überörtlichen Verkehr bringen und somit Anbindung schaffen raus aus der Gemeinde. Auch wenn die künstliche Intelligenz mit im Spiel ist: Einen Fahrer aus Fleisch und Blut soll das System schon noch haben, nur die Routen würden die Computer vorgeben.  In Illingen hat jüngst erst der Bürgerbus seine Arbeit aufgenommen. Dort können Interessenten auch Fahrten per Telefon bestellen, aber mit Vorlaufzeit und ohne KI-Unterstützung. Spiesen-Elversberg möchte an dieser Stelle einen großen Schritt in die Moderne machen.

„Die Apps, das ist die Zukunft“, sagt Bürgermeister Huf dann auch. Nicht nur seine Kinder, auch seine Eltern mit über 70 Jahren würden das, was sie für sinnvoll erachteten, schon heute gebrauchen. Spiesen-Elversberg habe auch eine Gemeinde-App installiert, auf der Vereine, Parteien, Organisationen Inhalte einstellen könnten. Der Ruf-Bus via Smartphone im Ort, bei dem nur benötigte Fahrten gemacht würden, wäre ein Schritt nach vorne. Und Spiesen-Elversberg im Kreis Neunkirchen ÖPNV-technisch die modernste Adresse.

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