Integratives Theaterprojekt ausgezeichnet So emotional kann Demokratie gelebt werden

Spiesen-Elversberg · Integratives Theaterprojekt der Gemeinschaftsschule Spiesen-Elversberg ist bei Bundeswettbewerb erfolgreich.

 Deutsche und syrische Schüler der Gemeinschaftsschule Spiesen-Elversberg arbeiten in dem Theaterprojekt zusammen.

Deutsche und syrische Schüler der Gemeinschaftsschule Spiesen-Elversberg arbeiten in dem Theaterprojekt zusammen.

Foto: Schule/Gebauer

Als eine „Achterbahnfahrt“ beschreibt Marion Kaschek die Erfahrungen, die sie und ihre Schülerinnen und Schüler mit dem Theaterprojekt „Wir sind DArab Tamasuk“ gemacht haben. Der deutsch-arabische Zusammenhalt, so die Übersetzung des Projektnamens, wurde Programm für die jungen Menschen von der Gemeinschaftsschule Spiesen-Elversberg. Die Deutschlehrerin wäre eigentlich vom 5. bis 7. Juni im niedersächsischen Bad Münder am Deister, um mit Schülern des Theaterprojekts an der Abschlussveranstaltung von „Demokratisch Handeln“ teilzunehmen. Eine 36-köpfige Jury hat drei saarländische Schulen zusammen mit 59 anderen Beiträgen aus 280 eingereichten „Best-Practice-Konzepten ausgewählt. Der Wettbewerb fördert praxisorientierte Projekte von Schulen, die sich kreativ, alltagsnah und engagiert in unsere Demokratie einmischen und dabei für die Demokratie lernen. An dem bundesweiten Austauschprozess, zu dem die Gruppe aus Spiesen-Elversberg nun eingeladen war, hätte diese natürlich gern teilgenommen. Das klappte wegen mündlicher Prüfungen zwar nicht, aber die Verleihung der Urkunde soll bald zusammen gefeiert werden, sagt Marion Kaschek.

Als die Einrichtung vor der schwierigen Situation stand, auf einen Schlag viele Flüchtlinge in die Schulgemeinschaft zu integrieren, waren sie und ihre Kollegin Susanne Gebauer auf die Idee des Theaterprojekts gekommen. Der Besuch des Stücks „Nie wieder Hass“ der St. Ingberter Gruppe Schams zeigte, wie die Themen Ausgrenzung, Vorurteile, Angst und Trauer um liebe Menschen in der Heimat künstlerisch im Miteinander verarbeitet werden können. Den beiden Lehrerinnen war bewusst, dass diese Theater AG anders als alle vorherigen werden würde. Sie holten deshalb den syrischen und den deutschen Theaterregisseur von Schams mit ins Boot und wurden von einem jungen Mann aus Syrien begleitet, der dolmetschen konnte. „Heute sprechen alle so gut deutsch, dass wir keinen Dolmetscher mehr brauchen“, berichtet Kaschek. Das komplette Schuljahr 2017/18 erarbeiteten die Schülerinnen und Schüler altersgemischt von der fünften bis zur zehnten Klasse ihr Theaterstück zum Thema Zusammenhalt. Vor jeder Probe, die regelmäßig am Nachmittag stattfindet, wird zusammen gekocht und gegessen. Gemeinsame Aktivitäten wie Schlittschuhlaufen oder der Besuch des Weihnachtsmarkts stärken den Zusammenhalt zudem. Sehr emotional sei die Probenzeit gewesen, erinnert sich die Lehrerin. So viele Gefühle waren im Spiel, dass einige Schüler sogar innehalten mussten, nicht mehr weiterspielen konnten. Doch das Theaterstück wurde zu einer Herzensangelegenheit für die syrischen und deutschen Schüler: Ende Juni 2018 hatte es Premiere vor einem begeisterten Publikum.

Mit Beginn des neuen Schuljahres änderte sich die Zusammensetzung der Theatergruppe. Marion Kaschek ist „stolz, dass alle syrischen Schüler einen qualifizierten Hauptschulabschluss erreicht haben“. Einige wollen bis zum Realschulabschluss weitermachen. Weiter geht es auch beim Theaterprojekt. Die Schüler, die jetzt noch oder neu dabei sind, wollen einen Film über ihr Thema drehen. „Das ist wieder sehr motivierend“, freut sich Kaschek. „Dieses Mal geht es um das Päckchen, das jeder mit sich rumträgt.“ Seien es die Erwartungen der Eltern, Konflikte mit Freunden oder die Flucht aus der Heimat. Wieder „sehr biographisch“ und damit ganz nah dran am Leben der Schülerinnen und Schüler. Vermutlich ist das ausgezeichnete Schulprojekt in Spiesen-Elversberg deshalb so nachhaltig, glaubt Marion Kaschek. „Wir wollten zeigen, dass man den Begriff Demokratie nicht wie auf einem Schild vor sich hertragen sollte, sondern etwas machen kann, das Spaß macht.“ Das scheint gelungen.

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