Ein persönliches Mosaiksteinchen zum 90.

Spiesen-Elversberg · An ein ganz besonderes Erlebnis mit dem Neunkircher Künstler und Kunstlehrer Ferdinand Selgrad erinnert sich unsere Chronistin.

Erinnerungen sind ja ein eigen Ding. Da bewahrt sich jeder seine ganz persönlichen auf. Das betrifft Ereignisse, das betrifft aber Menschen genauso. Und weil es eine persönliche Erinnerung überhaupt gibt, so darf auch der Text zum 90. Geburtstag eines ganz Großen in der Kunstszene des Kreises eine teils persönliche werden. Denn der Name Ferdinand Selgrad, der ruft Erinnerungen an die Schulzeit wach, an den Kunstunterricht. Aber das ist erst die zweite Assoziation. Bei dem Namen Selgrad, da denke ich immer an eine Bootsfahrt, an viele gut gelaunte junge Menschen im besten Flegelalter, die auf einer Fähre (?) auf einem der deutschen Flüsse sitzen und stehen und einen Kanon singen. Den dirigiert kein Musiklehrer, sondern kein Geringerer als eben jener Lehrer, der eigentlich Kunst unterrichtete. Und der an der Schule wegen seines markanten Schnurrbartes nicht zu übersehen war. Trotzdem es viele Bemühungen gab, den jungen Damen beizubringen, dass dieser Lehrer ein ganz besonderer war, blieb dies doch bis ins Erwachsenenalter hin - beschämenderweise - ohne Erfolg.

Erst viele Jahre später, in den ersten Fußstapfen in Richtung Berufsorientierung, kam dann - zumindest für die Chronistin - das große Erfolgserlebnis. Termin in einer Kirche, wunderschöne Fenster und die Erklärung: "Die hat Ferdinand Selgrad gemacht." Erstauntes Augenbrauenhochziehen und ebensolches Flüstern "Das war mein Lehrer", was von allen, die es hörten, bewundernde Blicke einbrachte. Und auf einmal erst, da wurde der einstigen Gymnasiastin klar: Welche Ehre, von einem solchen Künstler unterrichtet worden zu sein. Ferdinand Selgrad hat so viel geschaffen. Das Fenster der mittlerweile abgerissenen Kirche in Heinitz (das natürlich gerettet wurde), Landrat Sören Meng hat als erste Kunsterwerbung ein Werk des Kirchen-Glas-Künstlers an seiner Wohnzimmerwand hängen, Kirchenfenster in Wemmetsweiler in der Kirche auf dem Michelsberg, die drei neuen Fenster in der evangelischen Kirche in Wiebelskirchen - die Liste ist lang und reicht natürlich über die Kreisgrenzen hinaus.

Sogar für die evangelische Bruderkirche in Düsseldorf hat er moderne Glasfenster entworfen. Über den Jahreswechsel 2013/2014 hat der Neunkircher Verkehrsverein dem gebürtigen Neunkircher gleich zwei Ausstellungen gewidmet. In der Städtischen Galerie war eine viel beachtete Retrospektive seines Schaffens von den 50er Jahren an zu sehen. Über 50 Werke im sakralen Raum hat Selgrad geschaffen, über 30 im öffentlichen Raum. Zu letzteren zählt auch ein Fassadenbild, das sicher alle Neunkircher kennen. Im Jahr 1960 schuf Selgrad das Mosaik des Heiligen Christophorus am Haus Hüttenbergstraße 37 am Marienplatz. "Es sind vorwiegend Grautöne unterschiedlichster Schattierungen, die die Darstellung beherrschen, aufgelockert durch Blau, Rot und Braun, selten etwas Grün. Besondere Akzente setzen die Grüntöne der drei Blätter des Baumstabs und das Orange der Weltkugel in der Hand des Jesusknaben und schließlich das zurückhaltend eingesetzte Gold der Wasserlinie und der Heiligenscheine", so heißt es dazu im Kunstlexikon Saar. Ein Werk jedenfalls, das einen zweiten Blick lohnt und den Aufstieg vom Hüttenberg belohnt. Also: Ruhig mal verweilen auf dem Marienplatz und die Seele etwas baumeln lassen. Selgrad ist ein Unermüdlicher, vor zehn Jahren schrieb Gerd Meiser über ihn: "Selgrad liebt Natur und Menschen und lässt gerne Spontaneität beim Arbeiten zu." Meiser schreibt von seinem Fleiß und seiner künstlerischen Unruhe, die ihn immer wieder nach neuen Lösungen und Möglichkeiten in der Malerei suchen lassen. Der ab-strakte Expressionismus ist seine bevorzugte Stilrichtung.

An diesem Samstag wird der Künstler 90. Und so ein kleines bisschen hofft die Chronistin, dass er im Kreise seiner Lieben vielleicht auch noch unter all seinen Erinnerungen eine hegt über eine sangesfreudige Fahrt auf einer Fähre auf einem deutschen Fluss. Da war die Chronistin eine unter vielen und sagt heute über diesen einmaligen Mann: "Es war mir eine Ehre, von Ihnen dirigiert zu werden."

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Ferdinand Selgrad wurde am 15. April 1927 in Neunkirchen geboren, er ist verheiratet mit der Heinitzerin Hannelore Wittling, die er während seines Studiums in Paris kennengelernt hat. Beide haben zwei Töchter, vier Enkel und Urenkel.

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