Flüchtlinge im Kreis Neunkirchen So kann Flüchtlings-Integration gelingen

Neunkirchen · Die Initiatoren von „Zukunft statt Herkunft“ luden zu einem Treffen mit Podiumsdiskussion nach Neunkirchen ein.

 Das Podium der abschließenden Diskussion in der Stummschen Reithalle in Neunkirchen.

Das Podium der abschließenden Diskussion in der Stummschen Reithalle in Neunkirchen.

Foto: Foto: Jörg Jacobi

„Flüchtlinge sind sehr wertvolle Mitarbeiter.“ Unternehmer Franz Müller sagt das ganz sachlich. Lobhudelei klingt anders. „Sie sind hoch engagiert, arbeiten sehr gut mit und sind sehr geschätzt bei den Kollegen.“ Die knapp 30 Zuhörer überrascht das nicht. Sie alle gehören zum Umfeld der Flüchtlinge, als Betroffene oder Helfer oder schlicht als Sympathisant. Trotzdem hört man so etwas gern. Noch besser wäre es, diese Meinung würde die Stummsche Reithalle verlassen und draußen ankommen, in den Straßen und Köpfen.

Es ist Halbzeit beim gemeinwesenorientierten Jugendprojekt „Zukunft statt Herkunft“. 2016 von der Neuen Arbeit Saar aus der Taufe gehoben, soll es die Integration junger Migranten fördern und das Bild dieser Gruppe in der öffentlichen Wahrnehmung – ganz konkret hier in Neunkirchen – verbessern. Teil des Projektes ist es zudem, ein Netzwerk lokaler Unterstützer aufzubauen, die den Flüchtlingen als Mentoren zur Seite stehen. Einige dieser potenziellen Mentoren gestalteten die Veranstaltung am Freitag mit, die als Projektschritt Nummer vier im Rahmen der Interkulturellen Wochen zusammen mit der Kreisstadt und dem Integrationsbeauftragten Željko Cudina in der Reithalle lief.

Nach diversen Foren mündeten alle Beiträge in eine Podiumsdiskussion. Moderator Holger Maroldt nannte als zentrale Probleme der Integration von Flüchtlingen den Spracherwerb und die Anerkennung der in der Heimat erworbenen Qualifikationen. Etwas Entwarnung konnte Katja Sauerbrey, Geschäftsführerin des Neunkircher Jobcenters, diesbezüglich geben: „Im letzten Quartal werden noch einmal 75 Eintrittsmöglichkeiten in Sprachkurse geboten. Damit ist der Bedarf fast vollständig abgedeckt.“ Anders stellt es sich bei den Alphabetisierungskursen dar. Dort sind 75 Personen unversorgt, aber nur 38 können bis Jahresende einen Kurs beginnen.

Die Frage aus dem Publikum, was mit den Müttern kleiner Kinder sei, berührte einen wunden Punkt. „Ein Drittel aller Flüchtlingsfrauen haben ein Kind unter drei Jahren“, mangels Betreuungsmöglichkeiten können diese Frauen nicht unterrichtet werden. Ein Problem, das auch aufgrund hoher Anforderungen an die Kinderbetreuung in absehbarer Zeit nicht zu lösen sein wird. „Die Hindernisse für Träger sind sehr hoch“, bestätigte Birgit Mohns-Welsch, Leiterin des Sozialdezernats des Landkreises. Im Verlauf der Diskussion plädierte sie entschieden dafür, mehr non-formale Bildung anzuerkennen und zu zertifizieren, wie es bereits in anderen Ländern praktiziert wird. „Im Alter zwischen 25 und 35 herrscht ein großes Manko. Wir können die jungen Männer nicht alle Pakete fahren lassen. Die müssen ihre Familien ernähren können.“ Lob gab es von MdL Eugen Roth, der diesem Fachtag Vorbildcharakter bescheinigte. „Dass man so konkret miteinander arbeitet, habe ich noch nie erlebt.“

Bleibt der Blick nach vorn: Als letzter, Projektschritt sechs, so Neue-Arbeit-Saar-Geschäftsführerin Monika Steffen-Rettenmaier, ist die Gründung eines „lebendigen Netzwerk Mentoring“ geplant. Dieses soll Jugendliche mit Migrationshintergrund „innovativ und lösungsorientiert“ unterstützen. Wann es soweit sein kann, bleibt noch offen.

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