Hamsterkäufe Neunkirchen Klopapier ist „wohl ein psychologisches Ding“

Neunkirchen · Hamsterkäufer sind unsolidarisch. Und gefühlt gibt es sie überall. Bei einer Stichprobe der SZ in mehreren Märkten in Neunkirchen ließen sich die unbeliebten „Nager“ allerdings nicht blicken.

  Hinweise wie in diesem Supermarkt in Göppingen finden sich vemehrt auch in Neunkircher Märkten. In der Hüttenstadt waren die berüchtigten Hamsterkäufer bei einer Stichprobe der SZ allerdings nicht zu sehen.

Hinweise wie in diesem Supermarkt in Göppingen finden sich vemehrt auch in Neunkircher Märkten. In der Hüttenstadt waren die berüchtigten Hamsterkäufer bei einer Stichprobe der SZ allerdings nicht zu sehen.

Foto: dpa/Tom Weller

Der Hamster hat dieser Tage ein ausgesprochenes Imageproblem. Keine Nachrichtensendung, keine Talkshow – nicht einmal die Ansprache von Kanzlerin Angela Merkel verstreicht, ohne dass der pausbäckige Nager  mit Menschen in Verbindung gebracht wird, die aus Verunsicherung oder Egoismus massenhaft Lebensmittel horten. Und damit einen Mangel suggerieren, den es gar nicht gibt.

Doch wie halten es eigentlich die Neunkircher mit Hamsterkäufen in Zeiten von Corona? Das ist gar nicht so leicht herauszufinden, denn die Nachfrage bei den Märkten in der Hüttenstadt erbringt stets nur den Hinweis, man solle sich mit seinem Anliegen an die Firmenzentrale wenden. Doch diese liegt hunderte Kilometer entfernt und dürfte für die Filialen in Neunkirchen kaum konkrete Aussagen treffen können. Der Praxistest muss her.

In einem Markt in der Innenstadt geht es am Donnerstagnachmittag entspannt zu. Wenig Kundschaft. Gelassene Atmosphäre. Apokalyptische Szenarien, in denen sich die Menschen im Kampf um die letzte Packung Nudeln an die Gurgel gehen, könnten kaum weiter entfernt sein. Zu tun gibt es trotzdem allerhand. „Wenn ich dabei weiter die Regale einräumen kann“, antwortet eine junge Mitarbeiterin auf die Frage, ob sie sich kurz Zeit nehmen möchte. Seife, Nudeln, Reis, Milch und Mehl würden deutlich stärker nachgefragt als vor dem Ausbruch des Corona-Virus, berichtet sie. Und – natürlich – „das Klopapier ist auch wieder alle“, ergänzt sie und seufzt. Auch die Regale mit Einmalhandschuhen und feuchten Taschentüchern werden offenbar häufig frequentiert.

Zu Streitereien an der Kasse, weil Kunden sich mit Massen desselben Artikels eindecken wollen, sei es noch nicht gekommen. Allerdings gebe es die Vorgabe, dass Waren nur in handelsüblichen Mengen verkauft werden, auch erst just seit diesem Tag. Die Arbeit sei in den letzten Wochen durchaus fordernder geworden, „aber alles gut, ich komme weiter gern schaffe“, erklärt die Mitarbeiterin und lächelt.

Turbulenter geht es anschließend in einem Supermarkt zu. Kunden flitzen mit ihren Einkaufswagen durch die Gänge, ein Hauch Hektik liegt in der Luft. Und dennoch – die Neunkircher bleiben zuvorkommend und freundlich. „Platz genug, wir berühren uns nicht“, sagt eine Seniorin an der Kasse und winkt einen Kunden vorbei, der nur eine Getränkedose kaufen will.

Auch die Regale sind gut gefüllt. Lediglich Toastbrot, Baguette und – Überraschung – Büchsensardinen scheinen zur Neige zu gehen. Doch einen Gang weiter wird klar, der Andrang auf Klopapier und Küchentücher hat auch diesen Markt nicht verschont. Gleich zwei Mitarbeiterinnen sind damit beschäftigt, die Bestände aufzufüllen. Ob sie kurz Zeit für ein Gespräch hätten? „Nein wirklich nicht, wir haben echt zu tun.“ Man glaubt ihnen aufs Wort.

Auch im nächsten Markt herrscht rege Betriebsamkeit. Ein Mann fährt zwar ein Dutzend verschweißter Päckchen mit Fladenbroten durch die Gänge. Aber auch hier sind berüchtigte Hamsterkäufer, die Waren auf ihren Wägen bis unter die Decke stapeln, nicht auszumachen. Einige wenige Sorten Nudeln im Angebot sind nicht mehr verfügbar. Auch Bratkartoffeln, Reis, Semmelknödel und gekühlte Fertigprodukte sind beliebt. Von leergefegten Regalen aber keine Spur. Die Ausnahme bildet – wie immer – das Klopapier. Und das obwohl auch in diesem Markt mit Schildern darauf hingewiesen wird, dass pro Haushalt nur eine Packung des begehrten Gutes herausgegeben wird. So richtig nachvollziehen kann das niemand. „Muss ein psychologisches Ding sein“, sagt eine Mitarbeiterin und schüttelt den Kopf. Eine andere formuliert die Hoffnung, dass die Leute beim Einkaufen „einfach entspannt“ bleiben sollen.

Egoismus, Ungeduld oder gar Aggressivität ließen sich zumindest bei der Stichprobe der SZ durch die Märkte allerdings ohnehin nicht feststellen. Die Neunkircher blieben gelassen. Hält dieser Zustand an, werden auch die Regale in den Märkten stets nachgefüllt werden können. Und wenn auch der letzte Hamsterkäufer begriffen hat, dass sein Verhalten ihm nicht nützt – und auch noch der Allgemeinheit schadet, dann müssen die pausbäckigen Nager hoffentlich bald nicht mehr für unfaire Vergleiche herhalten.

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