Irgendwann geht für jeden Menschen einmal das Arbeitsleben zu Ende und man beginnt damit, sein Leben neu zu ordnen. Viele Rentnerinnen und Rentner suchen sich ein neues Hobby, machen Dinge, zu denen sie im Arbeitsleben nicht gekommen sind und kümmern sich noch intensiver um ihre Enkel. Der ein oder andere nimmt aber auch ein Stück seiner Arbeitswelt mit in sein Privatleben und nutzt das Wissen, um ein Hobby daraus zu machen. So auch Klaus Müller, der die vergangenen Jahrzehnte als Chemie- und Biologielehrer an verschiedenen Gymnasien gearbeitet hat. Auf dem Lehrplan des Chemie- Unterrichts für die Oberstufe stand ein, für den Laien vielleicht überraschendes, Thema: das Bierbrauen. Hier kann man einige chemische Reaktionen beobachten, die am Ende auch noch ein bekömmliches Getränk hervorbringen. „Bei solchen Prozessen reicht es nicht, nur die Theorie zu kennen, man muss es auch ausprobieren, um es den Schülern vermitteln zu können“, erklärt Müller. So hat er damit begonnen, diesen Brauvorgang im Unterricht mit Abiturienten und Referendaren auszuführen, was bei den Lernenden sehr gut ankam. Auch privat mit Kameraden probierte der ehemalige Chemielehrer den Brauvorgang zuhause aus. Bei einer Wanderung mit Freunden kam dieses Thema auch irgendwann zur Sprache, und schnell beschloss man, auch im Freundeskreis einmal Bier zu brauen. Zusammen brauten Gottfried Baltes, Dietmar Staudt und Klaus Müller dann im Jahr 2018 ihr erstes eigenes Bier im Keller des ehemaligen Chemielehrers in Wemmetsweiler. „Jeder von uns braut sein eigenes Bier mit verschiedenen Rezepten. Fünf Liter haben wir am Ende eines Brautages für jeden, und dafür brauchen wir fast nur Dinge, die man zuhause hat“, erzählt Gottfried Baltes. Jeder der drei Männer hat dazu eine eigene Induktionsplatte, um dort sein einzigartiges Bier zu brauen. Das Ganze erfordert einen hohen Energieaufwand, der durch ein spezielles Steckdosensystem im Keller von Klaus Müller sichergestellt ist. „Früher bin ich zur Brauerei Schäfer gegangen, um die Zutaten für den Brauvorgang zu kaufen. Heute geht das durch das Internet natürlich viel einfacher. Ich bestelle fertigen Hopfen in der Menge, die ich brauche und bekomme sie geliefert“, fügt Klaus Müller hinzu. Ein Brauvorgang dauert rund acht Stunden und wird von den drei Männern meist am Anfang des Jahres ausgeführt, da im Winter die Außentemperatur dafür am günstigsten ist. „Wir fangen immer um 9 Uhr an zu brauen, und während unser Bier kocht, essen wir was Leckeres und irgendwann riecht es im ganzen Haus nach Malz. Um 17 Uhr ungefähr ist der Brauvorgang dann beendet und dann muss das Bier abkühlen“, erklärt Dietmar Staudt weiter. Danach muss das Gebräu sechs Wochen reifen und wird danach in Flaschen abgefüllt. Jeder der drei Männer hat für sein Bier ein eigenes Etikett erstellt und kann aus den fünf Litern zwölf Bierflaschen gewinnen. „Wir müssen unser Bier immer verteidigen und bekommen selbst nicht viel davon ab. Manche Freunde fragen Anfang des Jahres schon nach, wann es denn wieder was zu trinken gibt“, berichtet Gottfried Baltes lachend. Daher wird das eigene Kellerbier meist zu besonderen Anlässen hervorgeholt und mit viel Genuss getrunken. „Früher habe ich auch Fortbildungen für Lehrer gegeben, in denen Bier gebraut wurde, und soll ich Ihnen was interessantes sagen? Meistens waren dort mehr Frauen als Männer!“