Abi in Corona-Zeiten Ein „toller Jahrgang“ geht ohne große Party

Neunkirchen · Erleichterung, Vorfreude – und ein Wermutstropfen: Viele Schüler des Neunkircher Gymnasiums am Steinwald haben am Donnerstag ihre letzte schriftliche Abiturprüfung abgelegt.

  Luke Bakowsky und Amelie Niebergall standen nur kurz für dieses Foto so dicht beisammen. Sie haben am Donnerstag ihre letzte schriftliche Abiprüfung abgelegt.

Luke Bakowsky und Amelie Niebergall standen nur kurz für dieses Foto so dicht beisammen. Sie haben am Donnerstag ihre letzte schriftliche Abiprüfung abgelegt.

Foto: Mirko Reuther

Luke Bakowsky und Amelie Niebergall treten vor die breite Eingangstür des Neunkircher Gymnasiums am Steinwald, ziehen sich die Schutzmasken vom Gesicht – und schnaufen erstmal tief durch. Das Abitur ablegen in Zeiten von Corona – geschafft! Für beide stand am Donnerstagvormittag die finale schriftliche Prüfung auf dem Programm. Niebergall musste in Geschichte ran. Bakowsky in Erdkunde. „Ganz okay“ sei seine Klausur gelaufen, berichtet er. Zusammen mit einer Freundin habe er sich im Vorfeld aber insbesondere auf seine Matheprüfung vorbereitet. „Da gab es die größten Defizite“, ergänzt Bakowsky mit einem Augenzwinkern. Auch Niebergall ist zufrieden. „Total fair“ seien die Fragen gewesen, die Erleichterung „riesengroß.“

Der Freude über die erbrachte Leistung steht aber ein großer Wermutstropfen gegenüber. Die Abifeier fällt Corona zum Opfer. Ein gemeinsamer Abschluss, bei dem auf die Schulzeit mit ihren Höhen und Tiefen zurückgeblickt werden kann: nicht möglich. „Das ist schon traurig. Sich von den Leuten verabschieden zu müssen, ohne sie nochmal in den Arm nehmen zu dürfen“, sagt Bakowsky und Niebergall nickt mit dem Kopf „Das ist richtig schade, ihr seid ein toller, verlässlicher Jahrgang gewesen. Ihr habt richtig angepackt“, meint der stellvertretende Schulleiter Sascha Schlicker, der sich dazugesellt hat.

Er führt anschließend in das Innere der Schule. Hier herrscht Maskenpflicht. Ob sich daran auch immer alle halten? „In der Regel schon. Vor wenigen Tagen haben die Fünftklässler wieder begonnen. Da hatten wir ein paar Sorgen. Aber bis jetzt klappt es hervorragend“, sagt Schlicker.

Die Schüler Maximilian Schön und Manuel Meyer diskutieren derweil ihr Politik-Abi, das sie soeben abgelegt haben. „Gut“ sei es gelaufen, sagt Schön. „Ob es richtig gut war, weiß ich nicht. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.“ Auch für ihn war es die finale schriftliche Prüfung. Ob er sich deswegen heute Abend noch ein Bier aufmacht? „Bei einem wird es vermutlich nicht bleiben“, flachst er. Ob man das zitieren könne? „Klar, ich stehe dazu“, erwidert Schön und man sieht trotz Schutzmaske wie sich seine Mundwinkel zu einem Grinsen verziehen. Auch er ist ein wenig traurig, dass sein Jahrgang keinen gemeinsamen Abschluss feiern kann. „Die Parkplatzparty, die Abifeier – dass das alles ausfällt ist deprimierend. Da freut man sich seit Beginn der elften Klasse drauf.“ An die Corona-Regeln in der Schule habe er sich rasch gewöhnt. Die Maskenpflicht habe schließlich auch andernorts bestanden. „Es war nur gespenstisch, die Schule ständig so leer zu sehen“, ergänzt er.

Manuel Meyer hat das schriftliche Abitur noch nicht hinter sich. „Physik fehlt noch – das ist in fünf Tagen“, erzählt er. Deprimiert, all die erleichterten Schulkameraden sehen zu müssen, die ihre Prüfungen nun teilweise alle abgelegt haben, sei er aber nicht. „Ich bin ganz dankbar für die längere Vorbereitungszeit“. sagt er. Auch wenn er in Physik fit sei. Am meisten Respekt hatte Meyer eigentlich vor der soeben abgelegten Politikprüfung. „Aber das ist auch gut gelaufen. Die Karikatur, die abgefragt worden ist, hatten wir sogar schonmal in einer Klassenarbeit. Ein wenig Wehmut sei bei ihm schon dabei, dass sich die Schulzeit nun dem Ende zuneigt, „aber ich bin auch gespannt was als nächstes kommt“, sagt der Schüler, der sich bereits bei der saarländischen Polizei beworben hat und auf eine Rückmeldung wartet. Dafür, dass das Steinwald-Gymnasium trotz Corona eine gute Vorbereitung auf die Reifeprüfung ermöglichte, hat Meyer Lob übrig: „Die zwei Wochen Präsenzunterricht, die ausgefallen sind, konnten wir an der Schule nachholen. Das ist woanders chaotischer gelaufen, hab ich mitbekommen.“

Neuer Stoff sei in den letzten zwei Wochen vor der Prüfung, als die angehenden Abiturienten – auf freiwilliger Basis – wieder in die Schule durften, ohnehin nicht dazugekommen, erklärt Schlicker. „Das durften wir auch gar nicht. Da ging es nur noch um die Auffrischung“. Nur „ganz vereinzelt“ habe es Forderungen von Schülern gegeben, dass das Abitur ohne Prüfung verliehen werden solle. „Das Gros der Schüler war froh, dass sie stattfanden. Ich finde es auch sinnvoll, dass man solch eine Prüfung mal mitgemacht hat. An der Uni geht es dann ja genauso weiter“, findet der stellvertretende Schulleiter.

Er hat in der Corona-Krise „didaktisch viel dazugelernt“. Wie er Videos produziert, in denen er das Lösen von Matheaufgaben erklärt etwa. „Auch wenn die Videos technisch noch ausbaufähig sind“, ergänzt Schlicker und schmunzelt. Ohne direkte Kommunikation mit den Schülern sei die Vorbereitung einer Stunde zudem aufwendiger als im Falle von Präsenzunterricht.

 Auch Maximilian Schön (links) hat seine letzte schriftliche Abiprüfung hinter sich. Manuel Meyer muss noch ein letztes Mal in Physik ran.

Auch Maximilian Schön (links) hat seine letzte schriftliche Abiprüfung hinter sich. Manuel Meyer muss noch ein letztes Mal in Physik ran.

Foto: Mirko Reuther
   Der stellvertretende Schulleiter des Steinwald-Gymnasiums, Sascha Schlicker.   Foto: mire

Der stellvertretende Schulleiter des Steinwald-Gymnasiums, Sascha Schlicker. Foto: mire

Foto: Mirko Reuther

Dass dem scheidenden Jahrgang eine Abiturfeier verwehrt bleibt, findet Schlicker wegen der Corona-Krise „nachvollziehbar – aber trotzdem sehr traurig. Ich habe einige Schüler schon in der fünften Klasse unterrichtet. Die kennt man dann ganz gut.“ Schlicker möchte den Schülern zum Abschluss zumindest eine „würdevolle Überreichung der Abiturzeugnisse“ mit den Klassenlehrern ermöglichen. Eine richtige Feier sei das aber nicht. Keine stolzen Eltern, keine emotionalen Reden, nicht einmal die Fachlehrer werden anwesend sein dürfen. „Das tut schon weh“, sagt Schlicker. Der erste Schritt der Schüler in ein neues Leben ist auch für ihn mit einem Wermutstropfen verbunden.

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