SZ-Serie „Mitten in...“ - Schiffweiler und Stennweiler Das Ortsleben braucht immer wieder Impulse

Die Saarbrücker Zeitung besucht die Lebensorte der Menschen in unserer Region. Wo schlägt das Herz in Dorf und Stadt?

 Ortsvorsteher Dominik Dietz nimmt Platz auf dem Wappendreieck. Hier hat er den Überblick über die Schiffweiler Ortsmitte.

Ortsvorsteher Dominik Dietz nimmt Platz auf dem Wappendreieck. Hier hat er den Überblick über die Schiffweiler Ortsmitte.

Foto: Claudia Emmerich

Schiffweiler will an der Infrastruktur Schulstandort arbeiten, Stennweiler freut sich auf den Neubau Kindergarten. Ein neuer Einkaufsmarkt verbindet die beiden Schiffweiler Ortsteile.

 Kreis-Kommunen Neunkirchen Teil 7

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Foto: SZ/Müller, Astrid
Mitten in den Schiffweiler Ortsteilen
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Foto: Claudia Emmerich

Schiffweiler. Treffpunkt Wappendreieck. Zentraler Punkt, leicht erhöht. Und historisch: ehemals Waghäusel mit der zentralen Waage für die Dorfgemeinschaft. Von hier aus kann Ortsvorsteher Dominik Dietz (SPD) das Ortszentrum Schiffweiler bestens überblicken. „Da haben wir unseren Dorfplatz“, sagt Dietz. Bei den Bauarbeiten sind sie auf einen historischen Brunnen gestoßen. Den haben sie wieder schön hergerichtet. „Der Platz hat hier seine Heimat gefunden“, sagt Dietz. Im Umfeld sei an der einen oder anderen Immobilie schon noch was zu tun. „ So ein bisschen der Schandfleck ist der alte Saalbau“, sagt Dietz. Die Wirtschaft sei noch in Betrieb, der große Saal nicht.

 Ortsvorsteherin Christina Baltes auf dem „Alten Schulhof“ Stennweiler. Hier feiern sie auch ihr Dorffest.

Ortsvorsteherin Christina Baltes auf dem „Alten Schulhof“ Stennweiler. Hier feiern sie auch ihr Dorffest.

Foto: Claudia Emmerich

Angesiedelt am Dorfplatz hat sich ein Netto-Markt. Ein Edeka kommt Ortsausgang Richtung Stennweiler: „In der Dorfmitte wäre es schöner gewesen, aber das haben wir nicht geschafft. Da wäre überall die Fläche zu klein gewesen. Aber die Lösung hat den Vorteil, dass die Stennweiler auch was davon haben.“

Auf den Dorfplatz sollen noch zwei Bänke hin. Es gibt eingelassene Sitzreihen, die aber ziemlich hohe Stufen haben. „Eine Bank haben wir geschenkt bekommen zum 40-jährigen Dorffest von unserer Partnerstadt Greifenburg“, erinnert Dietz. Diese Bank stehe auf dem Bauhof und warte auf ihren Einsatz.

 Historischer Brunnen auf dem Dorfplatz Schiffweiler, freigelegt bei der Neugestaltung des Platzes. Im Hintergrund die Bücherzelle.

Historischer Brunnen auf dem Dorfplatz Schiffweiler, freigelegt bei der Neugestaltung des Platzes. Im Hintergrund die Bücherzelle.

Foto: Claudia Emmerich

Ortsmitte – das ist auch Rathaus, Rosenhotel Scherer, Martinskirche. Den Platz vor der Kirche nutzen sie auch für ihr „Diner en blanc“. Ohne Corona wäre dieses Jahr die dritte Auflage des kulinarisch-weißen Abends unter freiem Himmel. Die Premiere war 2018 zum 1125. Geburtstag von Schiffweiler. In der Ortsmitte feiern sie ihr Dorffest. Beim Weihnachtsmarkt wechseln sich inzwischen die vier Schiffweiler Ortsteile ab. Dietz: „Gegenüber der Kirche haben wir unserem alten Pastor Walter Becker zum Gedenken einen kleinen Platz gerichtet mit Sitzbänken und Gedenktafel. Er war ein offener, auch weltoffener Mensch, ein herzlicher Mensch.“

Was den 5200-Seelen-Ort Schiffweiler auf Dauer am Leben hält, was seine Lebendigkeit gefährden könnte, das sei in beiden Richtungen die Dorfgemeinschaft, glaubt der Ortsvorsteher. „Zum einen haben wir noch eine aktive Dorfgemeinschaft, noch relativ viele Vereine, ein großes Dorffest.“ Aber man merke jetzt Zug um Zug: Da nimmt Gewerbliches überhand. Auch die Kirmes gehe zurück. „Dennoch haben wir noch relativ viel Leben in Schiffweiler“, sagt Dietz: „Man schaut ja auch auf andere. Es gibt Regionen, wo Orte ausgestorben sind. Da ist nichts mehr. Kein Geschäft. Kein Verein. Da kämpft die Feuerwehr ums Überleben.“ Auf der anderen Seite sind aber auch Schiffweiler Vereine in die Jahre gekommen. Etwa die Barbara-Bruderschaft: „Ich bin, glaube ich, das jüngste Mitglied“, sagt Dietz (40). Oder der Pensionärsverein: „Mein Opa war schon Vorsitzender. Da waren es noch über 400 Mitglieder. Mein Vater hat noch mit 70 angefangen, und wie es jetzt noch 18 waren, haben sie den Schlussstrich gezogen.“

 Der kleine Platz gegenüber der katholischen Kirche in Schiffweiler ist nach dem beliebten Pfarrer Walter Becker benannt.

Der kleine Platz gegenüber der katholischen Kirche in Schiffweiler ist nach dem beliebten Pfarrer Walter Becker benannt.

Foto: Claudia Emmerich

Es müsse sich jeder immer ein bisschen bewegen, ist Dietz überzeugt. „Stillstand ist Rückschritt. Wenn wir nichts machen, geht auch nichts nach vorne.“ Schiffweiler hat die komplette Schulversorgung vor Ort. Die Grundschule bekommt einen Erweiterungsbau. „Der Schulstandort wächst, die Infrastruktur wächst nicht“, stellt Dietz fest. Statt Bushaltestelle gehöre ein Busbahnhof hin: „Das müssen wir angehen.“ Zudem haben sie ein Sportstättenkonzept entwickelt Auch an den Spielplätzen setzen sie an: „Wir haben Spielplätze zurückgebaut“, sagt Dietz. Aus sieben mach’ drei im Ortsteil. „Den Hauptspielplatz, den machen wir unten am Sportplatz. Da ist ein Parkplatz dabei. Da geht es zu Fuß an den Entenweiher. Ein klitzekleiner Erholungsfaktor.“ Der Spielplatz soll dieses Jahr eigentlich stehen („wir sind schon zwei Jahre im Hintertreffen“): „Die Kids warten und die Eltern auch.“

Die Vitalität seines Ortes auf unserer Skala von „0“ (ziemlich leblos) bis „10“ (höchst vital) sieht der Ortsvorsteher „zwischen 7 und 8“: „Schiffweiler lebt. Man muss aber dran schaffen und dranbleiben.“

 1000-jährige Linde – Wahrzeichen von Stennweiler.

1000-jährige Linde – Wahrzeichen von Stennweiler.

Foto: Claudia Emmerich

Stennweiler. Treffpunkt „Alter Schulhof“. Der Stennweiler Dorfplatz. Hier feiern die Stennweiler ihr Dorffest und ihre kleineren Festchen. „Letztes Jahr haben wir zum ersten Mal hier Sommersonnwende gefeiert. Das war sehr schön“, erzählt Ortsvorsteherin Christina Baltes (SPD). Die Neuauflage fiel in diesem Jahr - wie so vieles - Corona zum Opfer. Mitiniator des neuen Festes war auch hier die IGS – Interessengemeinschaft Stennweiler. Sie gibt es seit Anfang 2019, zählt über 50 Köpfe. Baltes: „Sie haben sich zusammengefunden, um auch noch mal für das Ortsleben zu motivieren. Wenn irgendwo mal bei einem Fest Hilfe gebraucht wird, dann bringen sie sich ein.“

Der Rundblick vom Dorfplatz fällt auf die Kirche St. Barbara, den Dorfbrunnen und die Mehrzweckhalle Lindenhalle für Vereine und für Privatveranstaltungen. Die ehemalige Gastronomie „Lindenstube“ kann gemietet werden. Die gastronomische Bewirtung erfolgt in Eigenregie. Der Blick fällt auch auf die Fläche für den Neubau Kindergarten. Die Baustelle wird am 27. Juli eingerichtet. Ein gewichtiges Pfund für die Zukunft des 2100-Seelen-Orts Stennweiler und der Großgemeinde. Der jetzige Kindergarten am Dorfplatz war früher mal die Grundschule. Die VHS hat hier noch einen Raum. Das Gebäude wird abgerissen, wenn der Neubau fertig ist. Hier entstehen dann Parkplätze. Der Anbau Kindergarten mit den Krippengruppen bleibt, erklärt Baltes beim Rundgang weiter. Er wird saniert und integriert in den neuen Kindergarten. Ein zweiter Kindergarten in der Gemeinde ist geplant zwischen Heiligenwald und Schiffweiler.

 Links Eingang alter Kindergarten Stennweiler, rechts Krippentrakt, der in den Kita-Neubau integriert wird. Am 27. Juli wird die Baustelle eingerichtet.

Links Eingang alter Kindergarten Stennweiler, rechts Krippentrakt, der in den Kita-Neubau integriert wird. Am 27. Juli wird die Baustelle eingerichtet.

Foto: Claudia Emmerich

 „Das ist was ganz Besonderes. Das bringt doch Leben in den Ort“, sagt Ortsvorsteherin Christina Baltes mit Freude und Stolz über das Millionen-Großprojekt in Stennweiler. Langen Anlauf habe es genommen. Bedarf sei da: „Allein In den Heiligen Gärten - wie viele Kinder da in dem Neubaugebiet sind.“ Es ist das jüngste der drei Neubaugebiete nach Schlanggasse und Hanfgärten und so gut wie voll: „Stennweiler ist Familienort.“ Sie sei skeptisch gewesen mit den Bauplätzen, weil sie auch die Schwächen ihres Ortes kenne, etwa fehlende Einkaufsmöglichkeiten, sagt Baltes. Aber es seien so viele junge Leute gekommen: „Sie wollen hier schön wohnen.“

Noch ein Neubau, erinnert Baltes. Einziehen werden in Kürze Beschäftigte des Werkstattzentrums für behinderte Menschen der Lebenshilfe (WZB) in ihr neues Zuhause in der Lindenstraße Stennweiler. Das WZB hat das frühere Kirchengelände gekauft, um dort nach dem Rückbau der entwidmeten evangelischen Kirche eine Wohnstätte zu errichten.

Stennweiler sei ein reiner Wohnort, in dem sich auch gut wohnen lasse, sagt Christina Baltes. Das große Manko: einkaufen. „Wir haben die Bäckerei Klein mit ihrer Filiale. Da wird noch nachts richtig gebacken.“ Die Bäckerei decke auch das Grundsortiment Lebensmittel ab – Eier, Butter, Mehl: „Es fehlt aber einfach ein Vollversorger.“ Einmal die Woche kommt die Metzgerei Maaß aus Schiffweiler mit einem Stand. Über einen Markt haben sie mal nachgedacht, sagt Baltes, aber die Idee wieder aufgegeben. Der Ort sei dafür wohl zu klein und der technischer Aufwand wie Wasser bereitstellen doch zu hoch.

Gastronomie gibt es noch: Gasthaus Zischlersch, Sportlerklause, den Griechen Akropolis. Und das Café Maria. „Das Café ist unser Schmuckstück. Das ist sehr schön“, schwärmt Baltes. „Ein uraltes Haus mit Scheune, umgebaut. Dort sind auch schon viele Hochzeiten gefeiert worden.“ Rührig sind die Vereine am Ort, sagt Baltes. Sie machten auch Angebote für die Jugend. Arzt und Zahnarzt sind ebenfalls da.

Die Vitalität ihres Ortes auf unserer Skala von „0“ (ziemlich leblos) bis „10“ (höchst vital) legt die Ortsvorsteherin auf „6 bis 7“ fest. Und die Perspektive für Stennweiler? „Angst macht mir, wenn die ärztliche Versorgung wegfallen würde, noch mehr Vereinssterben wäre. Die Menschen werden älter. Es will nicht jeder noch was machen. Der Edeka baut jetzt zwar zwischen Schiffweiler und Stennweiler. Aber eine Versorgung für die älteren Menschen müsste schon im Ort sein.“ Und beim ÖPNV, bei Busverbindungen und Busanbindungen ließe sich auch aus Stennweiler Sicht noch einiges verbessern.

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