Rätsel um Heinrich Sommer bleibt

Landsweiler-Reden · Eine Doppelausstellung am Zukunftsort Reden thematisiert die Volksabstimmung 1935 und die Volksbefragung 1955. Der Vortrag zur Eröffnung stellte unter anderem den „totgeschwiegenen“ Heiligenwalder Gewerkschafter vor, der für den Erhalt des Status quo fast sein Leben verlor.

 Blick in den Verlesesaal der Grube Reden, wo bis Freitag, 9. Oktober, die Ausstellung zu sehen ist. Foto: Willi Hiegel

Blick in den Verlesesaal der Grube Reden, wo bis Freitag, 9. Oktober, die Ausstellung zu sehen ist. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

"Weder kann das Reich Verzicht leisten auf Euch, noch könnt ihr Verzicht leisten auf Deutschland." 80 Jahre ist es her, dass dieses Zitat zusammen mit dem fast lebensgroßen Porträt Adolf Hitlers auf der Titelseite der Saarbrücker Zeitung erschien. 1935, nach 15-jähriger Völkerbundsverwaltung, stellte sich die Frage, wie es mit dem Saargebiet weitergeht: Sollte es an Frankreich oder Deutschland, wo inzwischen Hitler und der Nationalsozialismus das Sagen hatten, angeschlossen werden? Dieses dunkle Kapitel der jüngeren Saargeschichte arbeitet der Verein für Landeskunde im Saarland (VLS) derzeit sehr anschaulich und detailliert in einer Doppel-Ausstellung im Verlesesaal des ehemaligen Bergwerks Reden auf. Auf 68 Quadratmetern werden neben Zeitungsausgaben wie der oben genannten auch Dokumente wie Personalausweise, Fotos Plakate oder auch Gedenkmedaillen für die Leiter regionaler Wahllokale gezeigt. Dabei handelt es sich bei 95 Prozent der Exponate um Originale, die in der Mehrzahl von Lokalmatador Guido Jung und Günter Haab (Oberthal) zur Verfügung gestellt wurden.

Eröffnet wurde die Ausstellung vergangene Woche mit dem sehr gut besuchten Vortrag "1935 - trotz Hitler Rückkehr ins Reich". Zunächst schilderte Bernhard Planz die Ereignisse im Vorfeld der Volksabstimmung - der Kampf Davids (das 1934 gegründete Aktionsbündnis für den Status quo) gegen Goliath (die "Deutsche Front"). Welche Rolle Menschen aus Schiffweiler und Umgebung spielten, erläuterte anschließend Guido Jung. Neben bekannten Persönlichkeiten wie Fritz Pford, dem 1900 in Landweiler geborenen politischen Leiter der KPD /S, stellte er auch den Schlosser Heinrich Sommer vor. "Der wird bei uns totgeschwiegen", wunderte sich Jung. Am 18. August 1895 in Heiligenwald geboren, hatte Sommer während seiner Militärzeit Kontakt zu Karl Liebknecht . "Leider gibt es darüber keine Angaben."

1912, verheiratet und Vater dreier Söhne, trat er der Gewerkschaft bei. Aus dem Eisenbahndienst 1932 fristlos entlassen, wurde Sommer im selben Jahr Mitglied im Landesrat, als die KPD acht Mandate errang. Seine aktive Beteiligung am Abstimmungskampf hatte dramatische Folgen. "Nach einer Sitzung der Bezirksleitung wurde er auf dem Heimweg vom Bahnhof Reden zu seiner Wohnung brutal zusammengeschlagen und war dem Tod sehr nahe." Weitere Stationen der ungewöhnlichen Biografie sind London, Schweden, Moskau, Stalingrad, Kasachstan. Ab 1946 in Ostberlin heimisch, arbeitet Heinrich Sommer beim Aufbau der Volkspolizei mit und nach der Gründung der DDR im Außenministerium für Frankreich. Er verstirbt am 1. Mai 1967, dem Tag der Arbeiterbewegung.

Die Ausstellung ist bis 9. Oktober täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet und kann auch von Schulklassen oder Gruppen besucht werden. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen beim VLS-Vorsitzenden Friedrich Denne, Tel. (0 68 21) 96 21 56.

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