Im Gespräch mit der Schiffweiler Autorin Maria W. Peter „Es brauchte Zeit, meine Figuren zu verstehen“

Schiffweiler · Maria W. Peter aus Schiffweiler hat einen Roman geschrieben, der in Zeiten des Deutsch-Französischen Krieges spielt.

 Maria W. Peter bei einer Lesung vor zwei Jahren im Heiligenwalder Bürgerhaus.

Maria W. Peter bei einer Lesung vor zwei Jahren im Heiligenwalder Bürgerhaus.

Foto: Jörg Jacobi

Das neue Buch der Schiffweiler Autorin Maria W. Peter heißt „Liebe zwischen den Fronten“. Passend zum Buch, das während des deutsch-Französischen Krieges spielt, fand bereits eine szenisch-historische Lesungsführung durch die Gemeinde statt (wir berichteten). Weitere stehen auf dem Programm der Gemeinde: am Donnerstag, 1. Oktober, 17 Uhr, und am Samstag, 3. Oktober, 10.30 Uhr. Infos dazu gibt es bei der Gemeinde Schiffweiler. Wir sprachen mit der Autorin über ihr Buch und dies und das.

 Inwiefern hat die Tatsache, dass Sie selbst Saarländerin sind, aber zeitweise auch im benachbarten Lothringen gelebt haben, die Arbeit an Ihrem neuen Roman beeinflusst?

Maria W. Peter: All diese Dinge waren Teil meiner Inspiration zu diesem Buch. Ich stamme aus einer saarländischen Familie mit französischen Wurzeln, ein Teil davon lebt in Frankreich, in Paris und Nîmes. Nicht zuletzt aus diesem Grund war das Thema Frankreich für mich von Kindertagen an sehr bedeutsam. Zudem wuchs ich mit verschiedenen Generationen auf, meine Uroma starb erst, als ich in der zweiten Klasse war. So war ich stets von alten saarländisch-französischen Geschichten umgeben: Geschichten von Maréchal Ney, von Schultze Kathrin und besonders von Krieg und Frieden hier im Grenzgebiet. Meine Studienzeit in Metz führte dazu, dass ich mich in diese historische Stadt und in die Geschichte Lothringens verliebte. Von Beginn an wusste ich daher, dass dieser neue Roman auch im Gebiet des heutigen Saarlandes und der lothringischen Nachbarregion bis nach Metz spielen würde. Landstriche und Ort­schaften, die ich sehr gut kenne und die mir viel bedeuten.

Nachdem Sie nun schon seit über 15 Jahren historische Romane und auch Theaterstücke verfassen, wieso hat gerade die Arbeit an diesem Roman Sie so stark berührt?

Peter: Das ist eine gute Frage, über die ich selbst viel nachgedacht habe. Ich glaube, dass dies an der Aktualität des Themas liegt, aber auch an der räumlichen und zeitlichen Nähe. Die historischen Ereignisse, in die ich meine Handlung verwoben habe, liegen ja noch nicht lange zurück. Meine anderen Romane hingegen waren meist in früheren Epochen, teilweise sogar in der Römerzeit angesiedelt. Aber auch die räumliche Nähe der Schauplätze hat mich bisweilen sehr betroffen gemacht, Neunkirchen, Saarbrücken, Spichern, Metz... das alles ist Heimat für mich, Orte, die mir viel bedeuten, wo ich teils selbst lebte. Beispielsweise musste ich in einer Szene beschreiben, wie in Metz, während der preußischen Belagerung, ein aufgebrachter Mob Selbstjustiz an einem Porzellanhändler üben möchte, der im Verdacht steht, ein deutscher Spion zu sein. Da ich wusste, dass dies wirklich so geschehen ist, noch dazu in einer Straße, die mir sehr vertraut ist, über die ich jeden Morgen zu meinen Vorlesungen an der Metzer Uni gelaufen bin, war das Schreiben für mich geradezu beklemmend. Ähnlich, als ich das Gefecht von Saarbrücken darstellen musste, und dabei aufzeigte, wie in den Straßen Schüsse fielen, der Bahnhof bombardiert wurde. All das spielte sich gar nicht weit entfernt von dem Stadtviertel ab, in dem ich selbst viele Jahre wohnte. Und schon gibt es keine Distanz mehr zwischen den Ereignissen und dir als Autorin. Das ist dann plötzlich alles sehr intensiv, sehr präsent.

Was war Ihnen bei der Arbeit am Roman besonders wichtig?

Peter: Einerseits die historische Recherche, die noch weitaus mehr Zeit beanspruchte als das Schreiben selbst. Seit fast sechs Jahren arbeite ich bereits zum Thema preußisch-französischer Geschichte, besorgte mir unzählige Originalquellen wie Briefe, Tagebücher, militärische Anweisungen, aber auch moderne historische Fachpublikationen. Zudem habe ich, oft sogar mehrfach, die meisten der Schauplätze besucht. Darüber hinaus hatte ich das Privileg, intensiv mit Experten zusammenarbeiten zu dürfen, darunter auch mit vielen Historikern aus ganz Deutschland und Frankreich. Zwei Geschichtsprofessoren durfte ich sogar auf eine Exkursion zu den Schlachtfeldern im Elsass begleiten. Zu guter Letzt habe ich das fertige Manuskript noch einmal von einem Historiker gegenlesen lassen, der bereits seit vielen Jahren über den Deutsch-Französischen Krieg forscht – um sicher zu gehen, dass mir in der Darstellung der Epoche, der Ereignisse und ihrer Zusammenhänge keine Fehler unterlaufen sind und auch wirklich jedes Detail korrekt beschrieben ist. Der Roman befindet sich also auf dem aktuellen Stand der historischen Forschung. Aber die historischen Fakten und deren Darstellung sind nur eine Seite der Medaille. Genauso wichtig war es für mich, auch den Zeitgeist der Epoche, die Gedanken, Wünsche, Sorgen und Nöte der Romanfiguren zu verinnerlichen und entsprechend wiederzugeben. Tatsächlich bedurfte es einiges an Zeit und Vorwissen, um mich so tief in alles hineinzudenken, dass ich meine Figuren verstehen und sie so agieren lassen konnte, wie Menschen ihrer Epoche, ihres jeweiligen Kulturkreises – und nicht wie Menschen des 21. Jahrhunderts in historischer Gewandung. Ich glaube, nur wenn ein Buch, neben den nachprüfbaren Begebenheiten auch die geistigen Strömungen der Zeit überzeugend zu vermitteln versteht, kann man von einem guten historischen Roman sprechen.

Ihr Roman ist also nicht nur spannend, sondern man kann darin auch noch einiges über die Geschichte lernen?

Peter: Ja, über die Geschichte unserer Region, unseres Landes und auch ganz Europas, doch halten historische Romane uns zugleich auch den Spiegel vor, sprechen stets auch von der Gegenwart. Die Probleme und Chancen des kulturellen Miteinanders, das Zusammenprallen unterschiedlicher Mentalitäten und Lebensweisen gab es zu allen Zeiten, auch wenn die äußeren Umstände, die politischen und gesellschaftlichen Systeme jeweils andere waren. Unsere Welt ist näher zusammengerückt, der Horizont des Einzelnen in der Regel deutlich weiter als vor 150 Jahren. Die Sorgen, Probleme und Animositäten jedoch sind heute nicht viel anders als damals.

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