Aufreibende Ermittlungsdauer

Saarbrücken. Kinderpornografie. Allein schon das Wort treibt einem die Gänsehaut auf den Rücken. Die Vorstellung, dass unmündige Kinder vor Kameras missbraucht und psychisch verletzt werden, damit fehlgeleitete Erwachsene ihre kruden sexuellen Neigungen ausleben können, macht Menschen wütend

Saarbrücken. Kinderpornografie. Allein schon das Wort treibt einem die Gänsehaut auf den Rücken. Die Vorstellung, dass unmündige Kinder vor Kameras missbraucht und psychisch verletzt werden, damit fehlgeleitete Erwachsene ihre kruden sexuellen Neigungen ausleben können, macht Menschen wütend. Deshalb hat auch der Gesetzgeber gegen die Herstellung, Verbreitung und Nutzung kinderpornografischer Darstellungen mit dem Paragrafen 184b des Strafgesetzbuches eine ordentliche Drohkulisse aufgebaut. Bis zu fünf Jahre Haft stehen für dieses Delikt, wobei bei der Herstellung von Kinderpornos weitere Straftaten hinzukommen dürften.Dennoch gibt der aktuelle Fall, bei dem dem Bürgermeister von Schiffweiler, Wolfgang Stengel, vorgeworfen wird, Bilder mit kinderpornografischem Inhalt auf seinem Computer genutzt zu haben, Anlass zum Nachdenken. Seit über einem Jahr wird gegen den Bürgermeister ermittelt, nachdem zu Anfang des vergangenen Jahres ein Internet-Anbieter aus Berlin entdeckt hatte, dass kinderpornografisches Material über seinen Server verbreitet worden war. Das meldete er der Polizei, die daraufhin die gespeicherten Verbindungsdaten überprüfte und auch im Saarland bei über 120 Nutzern fündig wurde, unter anderem bei Stengel. Allerdings hieß es seitens der Ermittler im Herbst 2007, dass Stengel ein bevorzugtes Verfahren erwarte, damit er bei entlastenden Hinweisen "sehr schnell aus der Schusslinie" komme. Doch wird über die Frage der Schuld oder Unschuld des Bürgermeisters seit über einem Jahr mit Expertisen und Gegengutachten gerungen - der Ausgang scheint weiterhin offen. Vielleicht wird eingestellt, vielleicht wird am Ende Anklage erhoben, man weiß es nicht.Nach Darstellung der Anwälte von Stengel, Klaus John und Manfred Seiler, kommen im Fall des Bürgermeisters von Schiffweiler neben der langen Zeit der Ermittlungen, die einen Verdächtigen auch aufreibt, einige spezielle Aspekte zum Tragen, die in dieser Form bei anderen Verfahren wohl keine Rolle gespielt haben. So hatte zwar Stengel von Anfang an gegenüber unserer Zeitung nicht abgestritten, Pornobilder im Internet angesehen zu haben, doch mit Kinderpornos habe er nichts zu tun. Ein Gutachten, auf das der Bürgermeister bereits vor einem Jahr verwies, soll belegt haben, "dass ich zu keinem Zeitpunkt wissentlich und willentlich kinderpornografische Fotos auf meinen Computer heruntergeladen hatte", so Stengel. Der Vorgang des Herunterladens ist deshalb wichtig, weil das bloße Anschauen von Kinderporno-Fotos, die im Internet auch frei zugänglich sind, etwa beim Surfen, nicht unter Strafe steht. Allerdings gibt es auch hier Probleme. Dass selbst das reine Aufrufen von Internet-Seiten von der Computer-Festplatte registriert wird, wurde bereits vor einem Jahr von der Staatsanwaltschaft eingeräumt. Inzwischen allerdings haben die Anwälte ein Gutachten in der Hand, das nach ihrer Darstellung belegt, dass Kinderporno-Bilder auch ohne Zutun von Stengel auf der Festplatte gespeichert wurden. Dafür sei ein entsprechendes Programm verantwortlich, das bereits im November 2005 installiert wurde und noch bei der Beschlagnahmung von Stengels Computer durch die Ermittler im Jahr 2007 aktiv war. Vor dem Hintergrund der Probleme, die alleine bei diesem Fall sichtbar werden, stellt sich die Frage, ob man der Kinderpornografie im Internet nicht mit anderen Mitteln zu Leibe rücken müsste als über die Klärung der Schuldfrage tatsächlicher oder vermeintlicher Nutzer. Hier böte sich eventuell die Unterdrückung von Internet-Seiten mit unliebsamem Inhalt an, wie es die Chinesen zum Leidwesen der westlichen Journalisten während der Olympia-Wochen vorführten. Doch dafür müsste sich die Politik stark machen. Meinung

Der Fall muss jetzt vor Gericht

Von SZ-RedakteurGerhard Franz Im Fall des Schiffweiler Bürgermeisters Wolfgang Stengel ist ein Jahr lang ermittelt worden. Seit über zwölf Monaten ist man dabei zu klären, ob der Verdächtige gegen den Kinderpornografie-Paragrafen des Strafgesetzbuchs verstoßen hat. Dies hatte zur Folge, dass die Gemeinde Schiffweiler seit Januar 2008 ohne ordentliche Führung ist, dass die Person Stengel und seine Familie schwer unter dem Verdacht gelitten haben und noch leiden. Und die Situation ist unbefriedigend, für Freunde und Gegner des Bürgermeisters. Deshalb sollte dieser Fall umgehend vor Gericht gebracht werden. Denn dann kann die Öffentlichkeit im Verfahren nachvollziehen, was der Gegenstand der Anklage ist und worin das angebliche oder vermeintliche Verschulden des Bürgermeisters besteht. Denn die Fortdauer der Hängepartie wäre dem Betroffenen und der Gemeinde nicht zuzumuten.

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