Ausstellung in Ottweiler Spannungsfeld zwischen Kunst und Medizin

Ottweiler · „Rückblick Paarweise“ heißt die Ausstellung, die Hannelore Seiffert und ihrem verstorbenen Ehemann Dr. Klaus Seiffert gewidmet ist.

Sehnsuchtsorte – wann hat man die nötiger als im tristen November. Insofern kommt die neue Ausstellung in der Marienhausklinik wie gerufen. Vorausgesetzt, man mag die Provence so wie Dr. Klaus Seiffert. Der entstammt einer bekannten Neunkircher Arztfamilie. Sein Vater, Dr. Leo Seiffert, war 28 Jahre Chefchirurg am Fliedner Krankenhaus in Neunkirchen. Daran erinnerte Krankenhausoberin Christel Müller in ihrer Laudatio anlässlich der gut besuchten Vernissage. „Von seinem Vater erbte Dr. Klaus Seiffert nicht nur die Liebe zur Medizin, sondern auch dessen künstlerisches Talent, insbesondere fürs Zeichnen und Malen.“ Häufig diente ihm der Rezeptblock als Malgrund für schnelle, kleine Skizzen. „In seiner Praxis war der Wochenkalender stets übersät mit bruchstückhaften anatomischen Zeichnungen, die der Kundige jedoch meist einem Patienten zuordnen konnte“, erzählte Christel Müller. Nach Ende seiner Praxistätigkeit vertiefte der Autodidakt seine Fertigkeiten. So besuchte Seiffert viele Jahre regelmäßig die Aquarellkurse Elisabeth Bosslets. Am Kunstzentrum Bosener Mühle gehörte er von Anfang an zu den „Studenten“, arbeitete unter anderen mit Prof. Till Neu, Axel Gross und Helmut Schmidt. „Mit Professor Kuborn fuhr er alljährlich in die Provence, wo ein großer Teil der hier gezeigten Bilder entstanden ist.“

Dass Seiffert auch Stillleben und Porträts „konnte“, ist einer der Überraschungsmomente der Ausstellung. Momentaufnahmen wie die von der Wandergruppe in den Bergen oder durch den Regen hetzende Zeitgenossen vermitteln mit wenigen, wohldosierten Pinselstrichen eine größtmögliche Authentizität. Christel Müller: „Seine Bilder von Menschen und Tieren zeugen von seinem genauen, anatomisch geschulten Blick, aber auch den karikaturhaft aufblitzenden Sinn für Humor“ – man nehme nur den Hund, der sehnsüchtig auf den Küchentisch spitzt, wo eine Schüssel mit Würstchen duftet.

Parallel zu den Aquarellen werden Keramikarbeiten präsentiert – eine nicht alltägliche, besondere Kombination. Handelt es sich doch bei der Schöpferin um die Ehefrau des verstorbenen Mediziners. Auch Hannelore Seiffert ist eine Quereinsteigerin. „Ihr Augenmerk liegt auf dem Dreidimensionalen, auf der Körperhaftigkeit ihres Materials, der Keramik“, informierte die Laudatorin. „Obgleich schon immer an Kunst interessiert, machte sie den Schritt von der Schauenden zur aktiv Gestaltenden erst nach ihrem aktiven Berufsleben.“ Mit großer Leidenschaft eignete sich Hannelore Seiffert die handwerklichen Grundlagen des Umgangs mit Ton an und profitierte wie ihr Mann vom künstlerisch-didaktischen Potenzial der Bosener Mühle. Künstler von Weltrang wie Maria Geszler, Michael Flynn, Kurt Spurey oder Frank Steyaert lenkten dort Hannelore Seifferts Blick auf die unerschöpflichen Möglichkeiten des Materials.

In Ottweiler zeigt die ehemalige Vorsitzende des Neunkircher Künstlerkreises Wandarbeiten, in denen sie ihre Haupt-Themen hinterfragt: den Menschen mit einem abstrahierten Kopf, stilisierte Zitate zu medizinischen Befunden sowie Strukturen aus der Natur und Arbeiten zum Thema Bücher – ausgeführt in Keramik und Holz. Der Betrachter wird gefordert, selbst auszuloten, wo Berührungspunkte sind – auch bei verstörenden Werken wie Raucherlunge I und II. Es lohnt sich, war bei der Eröffnung immer wieder zu hören.

Die Ausstellung ist bis Ende Februar in der Galerie der Marienhausklinik Ottweiler, Hohlstraße 2 bis 4, zu sehen.

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