Hobby-Astronom Sebastian Paetzel Ein Hobby, das einen die Demut lehrt

Mit neun hat Sebastian Paetzel aus Lautenbach sein erstes Teleskop bekommen. Seitdem ist die Astronomie mehr als nur sein Hobby.

 Blick auf den Orion-Nebel, der 1350 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Durch eine Belichtungszeit von drei Stunden entsteht das farbige Foto. Denn es handelt sich um einen Reflexionsnebel mit Partikeln, die das Sternenlicht reflektieren. Der Orion-Nebel am Rande unserer Galaxie ist ein Emissionsnebel mit einer Ausdehnung von 24 Lichtjahren.

Blick auf den Orion-Nebel, der 1350 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Durch eine Belichtungszeit von drei Stunden entsteht das farbige Foto. Denn es handelt sich um einen Reflexionsnebel mit Partikeln, die das Sternenlicht reflektieren. Der Orion-Nebel am Rande unserer Galaxie ist ein Emissionsnebel mit einer Ausdehnung von 24 Lichtjahren.

Foto: Sebastian Paetzel

Das Weltall. Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2020. Dies sind die Abenteuer des Sebastian Paetzel, der seit 27 Jahren unterwegs ist, das Weltall zu erforschen, neue Planeten zu entdecken, Kometen zu beobachten und die Galaxie zu fotografieren. 36 Jahre ist er alt, der Lautenbacher Ergotherapeut, und hat Einblicke erhalten in Dinge, die den meisten Menschen verborgen bleiben. Denn Paetzel ist Hobby-Astronom, gehört seit fünf Jahren dem Verein der Amateurastronomen des Saarlandes (VAS) auf dem Peterberg bei Nohfelden an. „Dort kann ich mein astronomisches Hobby mit Gleichgesinnten teilen, kann mich austauschen“, sagt der junge Vater beim Besuch in der Redaktion. Dorthin hatte ihn die SZ eingeladen, nachdem sie überwältigt war von einer Auswahl an unglaublichen Fotos, die der junge Mann geschickt hatte. In Lautenbach ist Paetzel seines Wissens der einzige seiner Art. Wenn er sich abends aufs freie Feld begibt, um in den Himmel zu gucken, bleiben die Leute gerne mal stehen und lassen sich das Weltall erklären. Das freut den Hobby-Astronomen.

Seinem Hobby frönt er schon „sehr, sehr lange“. Neun Jahre war Paetzel alt, als er auf eigenen Wunsch von seinen Eltern zu Weihnachten sein erstes Teleskop bekam. Noch gut kann er sich daran erinnern, wie er mit seinem Vater auf dem Balkon oder auf der Wiese stand und diese neue Welt für sich entdeckte. Sein erstes Objekt, das er sah, war der Mond. „Den so hell und greifbar zu sehen, das war schon unbeschreiblich.“ Mit seinem Vater zusammen hat er sich dann auf die Suche nach den Planeten gemacht. Mit dem Teleskop stieß er irgendwann an die optischen Grenzen, mit 14 kam deshalb ein neues hinzu. Seinen Vater hat der kleine Sebastian damals übrigens so sehr für die Astronomie begeistert, dass der bis heute noch gerne in die Sterne guckt und sich von seinem Sohn erklären lässt, was es da zu sehen gibt. Mittlerweile besitzt Paetzel drei Teleskope und zwei spezielle astronomische Ferngläser, die die visuelle Beobachtung des Nachthimmels möglich machen. „Den Orion-Nebel schaut man sich beispielsweise eher mit dem Fernglas an, Details dann mit dem Teleskop.“ Für die Astronomen gibt es übrigens so eine Art Herausforderung, den Messier-Katalog. Der französische Astronom Charles Messier veröffentlichte diesen Katalog erstmals 1771. In ihm sind 110 sogenannte ortsfeste astronomische Objekte – also Galaxien, Sternhaufen und Nebel – aufgelistet. Die arbeiten die Hobby-Astronomen sozusagen ab. „Vor allem für Anfänger eine gute Sache“, sagt Paetzel.

Durch seine Mitgliedschaft im VAS ergeben sich für ihn natürlich noch einmal ganz neue, spezielle Möglichkeiten. Vor allem für seine Fotos: „Da war der Peterberg schon ein Quantensprung für mich“, sagt er und strahlt noch heute. Er ist allerdings nicht nur an der saarländischen Sternwarte, um selbst zu beobachten, zu fotografieren oder sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Paetzel macht auch Führungen. „Es ist immer ein tolles Erlebnis, wenn die Menschen zum ersten Mal durch ein Teleskop schauen.“ Sie bestätigten dann in der Regel das, was er selbst auch seit Beginn seiner Hobby-Astronomen-Zeit empfindet: „Man spürt eine Wahnsinns-Ehrfurcht. Der Blick zu den Sternen ist immer ein Blick in die Vergangenheit. Das macht die immense Größe, die für den Menschen eigentlich nicht fassbar ist, deutlich. Es gibt einem eine gewisse Demut.“ Das Licht der Sonne, so erklärt er, brauche acht Minuten, bis es auf der Erde ankomme. Das des Mondes gerade mal eine Sekunde. „Da wird man gewahr, wie groß die Sonne ist.“ Der Orion-Nebel, den man zurzeit gut beobachten kann (siehe auch Foto), der noch in unserer Galaxie liegt, braucht dazu zig Milliarden Jahre. Gespannt ist man in Astronomen-Kreisen, was nächstes Jahr sein wird. Dann wird das James-Webb-Weltraumteleskop starten, genau am 30. März 2021. Es soll die Grenzen des Universums für die Menschheit erweitern. „Als Astronom macht man sich andere Gedanken übers Menschsein“, sagt der Vater zweier kleiner Kinder. Dass in dieser Weite des Universums die Erde der einzige bewohnte Planet sein soll, das hält der Ergotherapeut für unwahrscheinlich. Für ebenso unwahrscheinlich hält er allerdings Science-Fiction-Filme, in denen Bewohner fremder Planeten kommen, um die Erde auszubeuten. „Die Wahrscheinlichkeit, dass wir kosmisch alleine sind, ist auszuschließen. Ich kann mir nicht gut vorstellen, dass eine außerirdische Lebensform Interesse hat, unseren ausgebeuteten Planeten weiter auszubeuten“, lacht er. Was aber nicht heißt, dass er was gegen Science-Fiction hätte. Star Trek und Star Wars, die mag er schon und findet gar nicht so fantastisch, was da zum Teil dargestellt wird. Wenn allerdings von der Besiedelung des Mars die Rede ist, da muss Paetzel den Kopf schütteln. „Das Interesse an der Mars-Besiedelung verstehe ich nicht. Der Mond hätte die besseren Ressourcen.“ Fasziniert ist er vom Einsatz von den Mars-Rovern, ferngesteuerte Fahrzeuge, mit denen der rote Planet erkundet wird. Er war, wie so viele andere, erschüttert, als einer nach eineinhalb Jahren kaputtging. „Das vom Computer aus zu leiten, zu steuern von der Erde aus, das ist schon irre.“

Dass der Blick in den Himmel zeit- und wetterabhängig ist, das kann man sich vorstellen. Deshalb ist es auch logisch, dass der Winter die Jahreszeit der Astronomen ist. Dann ist es um 6 Uhr dunkel, die Sterne blinken – im Sommer ist die Zeit der Dunkelheit zu kurz. Das heißt aber auch: So ein Hobby-Astronom darf kein Weichei sein. Denn wer wirklich beobachten oder fotografieren will, der muss Zeit mitbringen und muss sich warm anziehen. Bis minus 16 Grad war es da beispielsweise während der Mondfinsternis vor einem Jahr, zu der auch jede Menge Besucher zum Peterberg pilgerten.

 Kurz vor Weihnachten war die Venus wunderbar zu sehen, die sich nah beim Mond entdecken ließ.

Kurz vor Weihnachten war die Venus wunderbar zu sehen, die sich nah beim Mond entdecken ließ.

Foto: Sebastian Paetzel
 Der 36-jährige Sebastian Paetzel aus Lautenbach ist Hobby-Astronom. Doch nicht nur das Beobachten der Himmelskörper macht ihm Freude. Immer wieder entstehen auch ungewöhnliche Fotos.

Der 36-jährige Sebastian Paetzel aus Lautenbach ist Hobby-Astronom. Doch nicht nur das Beobachten der Himmelskörper macht ihm Freude. Immer wieder entstehen auch ungewöhnliche Fotos.

Foto: Sebastian Paetzel
 Immer wieder überwältigend findet Sebastian Paetzel auch nach Jahren noch den Blick auf die Mondoberfläche.

Immer wieder überwältigend findet Sebastian Paetzel auch nach Jahren noch den Blick auf die Mondoberfläche.

Foto: Sebastian Paetzel
 Blick auf die Sternwarte auf dem Peterberg. Der große Stern rechts ist Beteigeuze, er könnte in absehbarer Zeit explodieren und zur Supernova werden.

Blick auf die Sternwarte auf dem Peterberg. Der große Stern rechts ist Beteigeuze, er könnte in absehbarer Zeit explodieren und zur Supernova werden.

Foto: Sebastian Paetzel

Die Fotos, die Paetzel macht, der sich sein Wissen rund um die Astronomie selbst beigebracht hat, sind Arbeit. Mehrere Einzelaufnahmen werden gemacht und übereinander gelegt. So erscheint dann auch in Farbe, was normalerweise Grau ist. Denn Farbe gibt es eher nicht im All. Lediglich mal blaue oder rote „Sterne“, wie man es aus „Raumschiff Enterprise“ kennt. Viele Fotos macht er mit dem Teleskop der Sternwarte. Noch immer ist es ein Highlight für Paetzel, ein Objekt visuell ausfindig zu machen. Dass es da besser ist, wenn Neumond ist, versteht sich. Der Vollmond macht den Himmel zu hell, ebenso wie die intensive Beleuchtung von Städten, die sogenannte Lichtverschmutzung, die den Astronomen ein Dorn im Auge ist und gegen die sie sich wehren. Wenn der 36-Jährige den Orion-Nebel oder den Mond so ganz für sich beobachten möchte, dann geht er deshalb auf den Balkon oder aufs weite Feld, so wie früher mit dem Vater. Die Kinder – Tochter fünf, Sohn drei Jahre – die hat er bislang nicht dabei. „Noch sind die ja zu klein, das wird man sehen, ob die mal Interesse zeigen.“ Außer dem allerersten Blick mit dem eigenen Vater durchs Teleskop, was waren da seine Highlights? Das weiß Paetzel schnell: Die Sonnenfinsternis 1999, die Kometen in den 90ern und als er zum ersten Mal den Orionnebel selbst gesehen hat. Noch was ganz Besonderes nennt er obendrauf: Er hatte den Besuch des fliegenden Sofia-Teleskops gewonnen, war einer von 3000, die die Boeing 747 besichtigen durften. Und was wünscht er sich als Astronom? Den Südsternhimmel erkunden, in der Wüste stehen, da wo keine Lichtverschmutzung herrscht und klarer Himmel und gutes Wetter sind. „Dafür ein paar Tage Zeit haben, das wäre mal was.“

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