Gelungener Testlauf in Ottweiler „Wegwerfen kann man es immer noch“
Ottweiler · Repair-Café Ottweiler soll im Frühjahr starten – Auftaktveranstaltung in der Stadtmission Ottweiler.
Draußen auf dem Fußweg grüßt ein Plakat des Reparatur-Cafés Neunkirchen. Drinnen in der Stadtmission sieht man bekannte Gesichter aus selbigem. Will man hier eine Dependance einrichten? „Nö, wir übernehmen nur die Patenschaft“, erklärt Joachim Becker gutgelaunt. Und Matthias Schilhab, Ehrenamtskoordinator des Landkreises, ergänzt: „In Neunkirchen hatten wir bei der Gründung auch viel Unterstützung aus Saarbrücken vom dortigen Reparatur-Café.“ Wie die Zeit rast: Kürzlich feierte man im KOMM schon zweiten Geburtstag. Hier in Ottweiler will das Awo-Quartiersprojekt gemeinsam mit dem Jugendförderverein im Frühjahr so richtig loslegen. Wobei die Unterstützung der Neunkircher Kollegen und der Ehrenamtsbörse des Landkreises hochwillkommen ist.
Der offizielle Startschuss für das Repair-Café Ottweiler fiel am Samstag mit dem sogenannten „Kick Off“, zu dem sich knapp 20 Menschen im gut belüfteten Saal der Stadtmission eingefunden hatten. Quartiersmanager Sebastian Beck und André Lickes, Vorsitzender des Jugendfördervereins, stellten das Projekt kurz vor. „In erster Linie sind wir natürlich für Dinge zuständig, die Jugendliche betreffen“, erklärte Lickes. Aber da auch politische Teilhabe, Nachhaltigkeit und Ökologie auf der Vereins-Agenda stehen, habe man gern die Trägerschaft übernommen. Dies sei vor allem für rechtliche und finanzielle Belange notwendig, sprich Haftung und Unfallversicherung. „Aber es gibt keine Vermischung“, betonte Lickes. Nun brauche man Mitstreiter, sprich Reparateure und Helfer, die für den organisatorischen Ablauf und die Bewirtung sorgen.
Laut Beck wolle man der Bevölkerung gern ab März regelmäßig die Möglichkeit anbieten, kaputten Gegenständen vorbeizubringen, damit diese begutachtet und im besten Falle wieder in Stand gesetzt werden. „Wie häufig, wird man sehen.“ Vorerst genießt das Team Gastrecht in der Illinger Straße 30. Noch schöner wäre es allerdings, man würde über Räumlichkeiten verfügen, wo man dauerhaft unterkommt und sämtliches Werkzeug lagern kann. Die Suche danach läuft.
Mitgebracht hatte Joachim Becker nicht nur einen mit dem 3D-Drucker hergestellten Eröffnungsgruß und die damit verbundene Zusicherung, Synergien zu nutzen („Wir drucken für euch gern Teile mit aus“), sondern auch einige Mitstreiter aus Neunkirchen: Hans Woll aus Schiffweiler etwa, „Experte für Rasenmäher“ und zweitältester Aktiver, und Bernhard Wecker, der eigentlich zum Quierschieder Stammteam gehört, aber auch regelmäßig in Neunkirchen schraubt – Glück für Heinrich Baltes. Der hatte seinen Plattenspieler der Marke Dual dabei: „Der stand über 30 Jahre im Keller“ und verweigerte beim Wiederinbetriebnahme-Versuch seinen Dienst. Weckers Diagnose lautete: „Altersschwäche“, die Therapie: „Gelenke schmieren“. Alles in allem ein Ding von zehn Minuten, dann drehte sich der Plattenteller wieder. „Was bin ich ihnen schuldig“, fragte Baltes so überrascht wie erfreut. „Nichts“, natürlich, wobei man grundsätzlich gern auf das Spendenglas verweist, einmal mehr in der Aufbauphase eines neuen Repair-Cafés, wo allerhand Anschaffungen zu tätigen sind.
Den nächsten „Patienten“ holte Christel Becker aus der Tasche: einen Rowenta-Toaster. 35 Jahre dürfte auch dieser auf dem Buckel haben, sogar ein Hochwasser musste er schon miterleben und -leiden. „Damals hat ihn mein Mann repariert. Doch den habe ich leider nicht mehr“, erzählte die Mainzweilerin. Sie ist froh, dass die Stadt Ottweiler, die sich nach eigenen Angaben dem Ziel einer global nachhaltigen Kommune verpflichtet fühlt, nun nachzieht in Sachen Reparatur-Café. Schön, wenn man wenigstens versucht, alte Dinge zu retten: Wegwerfen kann man es immer noch.“ Leider lebten wir in einer Zeit, „wo so viel Schrott auf den Markt kommt“. Ersatzteile? Fehlanzeige. „Er hat noch Schrauben“, triumphierte Fachmann Bernhard Wecker, und nahm Christel Beckers Toaster, Modell „Wildrose“, umgehend auseinander. Als Schwachpunkt entpuppte sich ein loses Kabel. Das muss ersetzt werden, doch fürs Löten war man nicht gerüstet. Wecker versprach, die Wildrose zu reparieren und bei Gelegenheit vorbeizubringen. Heinrich Baltes wird bis dahin schon die eine oder andere Schallplatte genossen haben. Als erstes, verriet er, will er Herbert Grönemeyers „Ö“ auflegen.