Ministerauflauf hinter Gittern
Ottweiler · Eine ganze Menge über den saarländischen Jugendstrafvollzug erfuhr am Freitag eine Ministerin aus Paris – bei einem Besuch hinter hohen Gefängniszäunen. Christiane Taubira hörte in der JVA Ottweiler intensiv zu und nahm auch die Gelegenheit wahr, mit einem jugendlichen Gefangenen zu sprechen.
Die französische Justizministerin war wohl doch etwas überrascht, als sie am Freitag ein Jugendstrafgefangenen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Ottweiler mit ein paar leidlichen Brocken Französisch begrüßte. "Un peu" antwortete der 20-Jährige auf die Frage, ob er die Sprache des Nachbarlandes spreche. Und "à l'école" auf das Nachhaken, wo er es gelernt habe.
Christiane Taubira, im Pariser Kabinett für Justiz zuständig, warf - mit Zustimmung des Inhaftierten - einen Blick in eine Zelle des Ottweiler Haupthafthauses, als sie am Freitag mit ihrem deutschen Amtskollegen Heiko Maas einen Tag lang im Saarland unterwegs. Abschluss der Aktivitäten war am Abend eine Veranstaltung im Zeichen der deutsch-französischen Aussöhnung im Saarbrücker Schloss 100 Jahre nach dem Ausbruch der Ersten Weltkrieges (siehe auch Region/Landespolitik).
Den schwarzen Limousinen entstiegen hinter den Zäunen der JVA neben den Staatsministern unter anderem auch der neue französische Botschafter in der Bundesrepublik, Philippe Etienne, und der französische Generalkonsul im Saarland, Frédéric Joureau. Quasi kraft Amtes waren auch der saarländische Justizminister Reinhold Jost und seine Staatssekretärin Anke Morsch gekommen.
Jost und in detaillierter Form dann Ministeriumsmitarbeiter Günter Matschiner erläuterten den französischen Gästen im Konferenzraum der JVA die Grundzüge des deutschen Jugendstrafrechtes und Jugendstrafvollzugs. Nicht ohne artige Komplimente an die Gäste zu verteilen. "In den rund 50 Jahren ihres Bestehens hat die Anstalt einen so hohen Besuch noch nicht gesehen", so Matschiner. Und augenzwinkernd auf JVA-Leiter Marco Bauer gemünzt: Dieser erlebe Höhepunkt nach Höhepunkt - gerade sei er aus seinen Flitterwochen zurück, stehe ihm solch hoher Besuch ins Haus.
Christiane Taubira, eine charmante Vertreterin der Justiz, verfolgte die Ausführungen aufmerksam und hakte hin und wieder nach - stets ins Bild gesetzt von ihrer versierten Simultandolmetscherin Catherine Bastien-Defert. Ziele und Angebote des deutschen Jungendstrafvollzugs wie auch statistische Zahlen interessierten die französische Politikerin, plant sie doch nach den Worten von Heiko Maas im eigenen Land eine Justizreform.
Einen, angesichts des gedrängten Programms der Besucher nur kurzen Einblick ins Innere der JVA vermittelte Anstaltsleiter Bauer. Doch die Zeit reichte für den erwähnten Plausch zwischen Tür und Angel einer Zellentür und ein freundliches "Au revoir".