Ottweiler Marienhausklinik Hoffnung auf ein OP-Zentrum bleibt

Ottweiler · In der geschlossenen Ottweiler Marienhausklinik besteht neben Verwaltungsbetrieb noch ein OP-Zentrum. Corona habe die Arbeit darin unterbrochen, erläutert die Klinikleitung. Alt-Bürgermeister Rödle trauert ums Krankenhaus.

 Das Klinikgebäude in Ottweiler.

Das Klinikgebäude in Ottweiler.

Der Verlust des Krankenhausstandortes hat in Ottweiler zu viel Verärgerung geführt. Die Proteste sind abgeklungen, vergessen ist das jähe Aus nicht. Alt-Bürgermeister Hans-Heinrich Rödle (SPD) hat sich jetzt zu Wort gemeldet. Er macht seinem Unmut Luft, sagt aber auch, dass sich der Wegzug nach St. Wendel abgezeichnet habe. Sein Nachfolger im Amt, Holger Schäfer (CDU), setzt auf die Zusage der Marienhausgesellschaft, das Gebäude mit Verwaltungseinheiten und als ambulantes Operationszentrum weiter zu nutzen. Das OP-Zentrum, betont der Träger seinerseits, bestehe bereits, habe aber durch die Corona-Pandemie seine Arbeit vorübergehend unterbrochen. Etwa ein Drittel des Klinik-Komplexes werde vom Eigentümer Marienhausklinik genutzt.

Hans-Heinrich Rödle hat als SPD-Bürgermeister über viele Jahre die Arbeit in der ehemaligen Klinik miterlebt. Das Krankenhaus Ottweiler, erklärt er mit Wehmut, habe 2010 sein 100-Jähriges gefeiert. Rödle erinnert sich an den Festakt und das Grußwort der Generaloberin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen und Gesellschafterin der Marienhaus GmbH. Damals sei es noch um langfristige wohnortnahe medizinische Versorgung in der Region gegangen. Das Direktorium habe vor zehn Jahren von modernster medizinischer und therapeutischer Versorgung in Ottweiler gesprochen. Das ist Schnee von gestern. Alt-Bürgermeister Rödle: „Die Schließung unseres Krankenhauses hat mich trotz der mehrfachen Aussagen der Marienhaus GmbH zum Erhalt und der Entwicklung des Standortes Ottweiler nicht überrascht, aber maßlos enttäuscht. Es ist leider das eingetreten, was ich vermutet, befürchtet und auch öffentlich gesagt habe.“

Die Kliniken Ottweiler und Kohlhof, greift er aus, befanden sich seinerzeit in der Trägerschaft des Landkreises Neunkirchen. 2005 habe der Kreistag mit seiner damaligen CDU-Mehrheit die Veräußerung beider Häuser an die Marienhaus GmbH beschlossen. Zuvor hatte der Ottweiler Stadtrat eine Resolution zum Erhalt des Standortes verabschiedet, einstimmig. Rödle: „Zum Zeitpunkt der Veräußerung war das Haus wirtschaftlich gesund. Der Kaufpreis war allerdings unter Wert. Die Marienhaus GmbH konnte ihn aus der Portokasse bezahlen.“ Aus Ottweiler Sicht war der Beschluss des Kreistages zur Veräußerung des kommunalen Krankenhauses an einen privaten und in diesem Fall kirchlichen Träger eine falsche Entscheidung. Das Kreiskrankenhaus wurde ohne Not und ohne Bestandsgarantien oder Mitspracherechte „verscherbelt“, wie Rödle drastisch formuliert. Die CDU-Fraktion als Mehrheitsfraktion habe keinen Zweifel an der mündlich zugesagten Erhaltung und Entwicklung des Standortes Ottweiler. Ein privater Träger definiere Gesundheit als Produkt, sagt der Alt-Bürgermeister. Die öffentliche Hand habe die Einrichtungen der Daseinsvorsorge weggegeben, der Träger vor dem Hintergrund der Konzentration der Häuser seine eigenen Einrichtungen gestärkt und den Standort Ottweiler „aushungern“ lassen.

Die politische Dimension der Geschichte greift auch Rainer Kropp im Gespräch mit der SZ auf. Der kaufmännische Direktor der Marienhausklinik verweist darauf, dass unter der SPD-Grüne-Regierung um die Jahrtausendwende das Fallpauschalensystem eingeführt wurde. Damit habe die Politik die Medizin in Richtung wirtschaftlicher Abläufe gedrängt.

Mit der Konzentration der stationären Behandlung in der St. Wendeler Marienhausklinik – St. Wendel und Ottweiler bezeichnet der Träger als Klinikverbund – habe man ein „zukunftsfähiges Angebot für die Region“ geschaffen.

Alt-Bürgermeister Rödle glaubt indes nicht an ein großes Interesse der Marienhaus-Gesellschaft für eine sinnvolle Nachnutzung des ehemaligen Krankenhaus. Die Rettungswache am Standort sei zumindest „ein kleiner Trost in der Trauer um unser Krankenhaus“.

Der aktuelle Ottweiler Bürgermeister Holger Schäfer klingt optimistischer. Anfang Februar habe er zum letzten Mal mit dem Träger gesprochen. Der habe seine Verwaltungseinheiten in Ottweiler konzentriert und das ambulante OP-Zentrum bleibe erhalten. Über eine weitere Nutzung der leeren Gebäudeteile müsse noch geredet werden. Aber auch Schäfer sagt: „Mit dem Wegzug des Klinikums kann niemand zufrieden sein. Aber Ottweiler ist kein Einzelfall.“

„Lost places wollen wir keine“, sagt Marienhaus-Direktor Kropp. Es wäre ein sehr großer „verlassener Ort“, der entstehen würde, sollte sich Marienhaus irgendwann doch gänzlich von dem Standort verabschieden. Er könne die Ottweiler Sicht auf die Entwicklung nachvollziehen (Kropp: „Es mag ein Verlust sein“), aber er betont die umfassende Versorgung, die der Träger jetzt in St. Wendel biete. Für Ottweiler Bürger sei die Einrichtung „einen Steinwurf weit entfernt“. St. Wendel habe auch jeden Mitarbeiter übernommen, der das gewollt habe.

Der Ärztliche Direktor des Krankenhausverbundes, Dr. Martin Bier, betont im Zusammenhang mit dem OP-Zentrum, dass diese Einrichtung nicht erst etabliert werden müsse, sondern im September und Oktober bereits die ersten ambulanten Patienten versorgt habe. Pandemie-bedingt müssten die verschiebbaren Operationen derzeit ruhen. Bier: „So bald es möglich ist, legen wir wieder los.“

Das Zentrum solle an zwei Tagen in der Woche genutzt werden. Steigerung möglich. Mit den Verwaltungseinheiten sei ein Haus komplett belegt, sagt Verwaltungsdirektor Kropp. Kaufmännischer Direktion, Qualitätsmanagement, Controlling, Patientenmanagement, Öffentlichkeitsarbeit, eine Tochterfirma befinden sich jetzt am Standort Ottweiler. Ein Haus sei, wenn auch sehr großzügig, mit solchen Einheiten belegt.

Wie es mittelfristig in Ottweiler weitergehe, lasse sich aber heute noch nicht beantworten, räumt Kropp ein. Er verweist auf einen Sanierungsstau von 25 bis 30 Millionen Euro. Unter dem Aspekt der Bausubstanz müsse man die Weiterentwicklung der ehemaligen Klinik „kritisch sehen“. Aber einen verlassenen Ort, einen „lost place“ wolle man nicht. Wie beides zusammenpasst, wird die Zukunft zeigen.

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