Das digitale Kultur-Gedächtnis

Ottweiler. Frei nach dem Motto "Platz ist in der kleinsten Hütte" hat Heribert Leonardy seinen Arbeitsraum im Dachgeschoss des Ottweiler Schulmuseums eingerichtet und legt sich die Exponate vor die Kamera. Gerade ist er dabei, die Spiele, die vor Jahrzehnten von den Schülerinnen und Schülern zur Vertiefung des Unterrichtsinhaltes benutzt wurden, abzulichten

Ottweiler. Frei nach dem Motto "Platz ist in der kleinsten Hütte" hat Heribert Leonardy seinen Arbeitsraum im Dachgeschoss des Ottweiler Schulmuseums eingerichtet und legt sich die Exponate vor die Kamera. Gerade ist er dabei, die Spiele, die vor Jahrzehnten von den Schülerinnen und Schülern zur Vertiefung des Unterrichtsinhaltes benutzt wurden, abzulichten. Versehen mit einem Aufkleber, der sie, wie alle übrigen Ausstellungstücke des Ottweiler Schulmuseums erfasst, liegen sie bereit, um als Foto gemeinsam mit einer Beschreibung in Textform sowie den wichtigsten Daten im Internet zu erscheinen.1375 Ausstellungsstücke des Schulmuseums sind es mittlerweile, die sich Wissenschaftler, Studenten, aber auch interessierte Laien nun dank Digicult an ihrem Computer in aller Ruhe ansehen können. "Begonnen haben wir mit Digicult im Saarland vor gut drei Jahren. Ein Team aus vier Mitarbeitern hat unterstützt von der Arge des Stadtverbands Saarbrücken hier in Ottweiler als eines der ersten Museen begonnen, die Exponate zu digitalisieren", erzählt Christel Bernard vom Saarländischen Museumsverband. Wissen erhaltenDie Idee kam dabei aus Schleswig-Holstein, wo man schon einige Jahre zuvor begonnen hat, die Schätze der musealen Einrichtungen auf diese Weise zu erfassen. "Wir sind uns bewusst, wie drängend es ist, alles, was in den Museen schlummert zu erfassen. Gerade in den kleinen Museen liegen unfassbare Schätze und wenn die Personen, die momentan das Museum betreuen, mal nicht mehr greifbar sind, geht unschätzbares Wissen verloren", so Bernard weiter. Im Saarland hat man sich erst einmal auf die Bereiche konzentriert, die im Hohen Norden nicht vertreten sind. Mitgebracht hat die Idee der digitalen Erfassung Rainer Raber, Präsident der Vereinigung der Museen der Großregion. Er knüpfte die Kontakte und hat durch sein Engagement geschafft, dass im Saarland Digicult Vorbildcharakter hat und dass der Verband als Mitentwickler der Software eingetragen wurde. Nach einer Einarbeitungsphase gingen die ersten Mitarbeiter nach gut einem halben Jahr in die Praxis und hatten sehr schnell Erfolgserlebnisse, da es das System schafft, mit einfachen Arbeitsschritten die Exponate online darzustellen. Nicht alle Museen waren gleich begeistert, es gab viele Vorbehalte, wie sich Burgard erinnert. "Viele hatten Angst vor der Technik, aber auch davor, dass die Menschen, wenn die Museen im Internet ihre Ausstellung zeigen, den Besuch vor Ort einstellen." Doch inzwischen läuft es sehr gut und der Zulauf hat durch Digicult keinesfalls abgenommen, sondern ergänzt ihn, wie Leonardy erklärt. Mittlerweile gibt es sogar schon eine Warteliste der Museen. Finanzierung schwierigEinzig die Finanzierung bereitet den beiden und ihren Mitstreitern Sorge. Sie hoffen darauf, endlich einen eigenen Haushalt zu bekommen. "Sowohl das Kultus- als auch das Umweltministerium zeigten sich bisher immer sehr kooperativ und schätzen unsere Arbeit. Nun kommt es nach der Regierungsbildung darauf an, denn wir wissen sehr wohl, wie angespannt die allgemeine Situation ist", sagt Leonardy. Hoffnung macht ihm, dass in Deutschland eine Digitale Bibliothek aufgebaut werden soll, in der auch Digicult als Projekt enthalten sein soll.

HintergrundIm Saarland wurden durch Digicult bis heute fast 7000 Objekte der Bereiche Archäologie, Volkskunde, Völkerkunde, Schulwesen, verschiedenes Handwerk und Naturkunde digital erfasst und wissenschaftlich beschrieben. Drei Museen sind mit ihren Exponaten bereits vollständig, sechs weitere, darunter auch das Schulmuseum sowie das Bäckereimuseum in Ottweiler, teilweise im Internet vertreten. Vorteile von Digicult sind: 1. das getrenntes Erfassen von Objekten in den Museen 2. das gemeinsames Publizieren im Online-Portal und 3. das gemeinsames Sichern auf einem zentralem Server. cim

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