Balu der Bär hinter Gittern

Ottweiler · Kunstprojekte in der JVA Ottweiler gibt es schon seit sechs Jahren. Jetzt haben zwei Gefangene mit dem Maler Klaus Riefer das Besuchszimmer bemalt, um den Kindern von Häftlingen den Besuch zu erleichtern.

 Der Maler Klaus Riefer schaut den beiden Gefangenen Sebastian und Riccardo (v.l.) bei den letzten Pinselstrichen im neu gestalteten Besuchszimmer über die Schultern. Foto: Andreas Engel

Der Maler Klaus Riefer schaut den beiden Gefangenen Sebastian und Riccardo (v.l.) bei den letzten Pinselstrichen im neu gestalteten Besuchszimmer über die Schultern. Foto: Andreas Engel

Foto: Andreas Engel

"Wir wollten es für die Kinder erträglicher machen", sagt Nicole Sommer. "Sonderbesuch" heißt es in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Ottweiler , wenn die selbst noch jugendlichen Strafgefangenen Besuch von ihren Familien bekommen. Haben sie Kinder, geht es in Zimmer fünf. Eine beige Stahltür, vergitterte Fenster. Gefängnistristesse, notdürftig aufgelockert mit ein paar bunt gestrichenen Brettern. Zumindest bisher. "Für die Kinder ist das ganz schwer. Alles was sie hier sehen, sind die riesigen Türen und Menschen in Uniform", sagt Sommer. Sie ist seit 1997 Sozialarbeiterin in der JVA.

Die Kontakte hatte sie. Seit fast sechs Jahren organisiert Sommer mit dem St. Wendeler Maler Klaus Riefer Kunst-Projekte für Gefangene. Finanziert vom Förderverein für Kunst und Kultur im saarländischen Strafvollzug. "Ich habe Klaus Riefer 2009 auf einem Weihnachtsmarkt getroffen und seitdem bieten wir immer ein bis zwei Projekte jedes Jahr an." Diesmal schlug Sommer vor, das Besuchszimmer mit Motiven aus dem Dschungelbuch zu bemalen, um den Kindern den Besuch im Gefängnis erträglicher zu machen.

Jetzt, nach nur einer Woche Arbeit stehen Riccardo (15) und Sebastian (21) in dem kleinen Raum, hinter ihnen an den Wänden Mogli, Balu der Bär und die Schlange Kaa. Beinahe erinnert nur noch das Gitter vor dem Fenster, dass das hier Gefängnis ist. Beide haben sich freiwillig gemeldet, auch wenn Riccardo zunächst noch ein wenig an seinen Fähigkeiten als Maler zweifelte: "Ich habe das doch noch nie gemacht. Aber wir haben ja erst mit der Decke angefangen." Sebastian hat schon Erfahrung mit dem Pinsel, sein Vater ist Maler . "So ganz neu ist das für mich nicht, auch wenn das vorher weniger Kunst-Malerei war." Für den 21-Jährigen aus St. Wendel ist die Malerei quasi ein Ferien-Job. Er holt seinen Schulabschluss nach. "Aber hier drin ist das mit den Ferien so eine Sache. Dann ist man einfach 23 Stunden auf Zelle." Da kam die Abwechslung gerade recht. "Es war eine gute Erfahrung. Man kann abschalten und fast vergessen, dass man in Haft sitzt."

Wenn es gut für ihn läuft, dann will er im Sommer "draußen" eine Therapie beginnen. Seit vergangenem Dezember sitzt er in Ottweiler , wegen Trunkenheit am Steuer, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Erschleichen von Leistungen. "Ich habe den Traum, dass ich irgendwann sogar mein Abitur nachhole."

Riccardo hat noch länger vor sich. Bis Sommer 2016 muss er in Haft bleiben. Ein Jahr ist er schon da, wegen Einbruchs und Raub. "Er hat eine gute Presse bei uns", sagt Sommer. Er putzt, verteilt das Essen und lernt deutsch. Auch deshalb durfte er mitmalen.

Riefer hat sich mittlerweile an die Atmosphäre gewöhnt: "Als ich das erste Mal hier war, musste ich schon tief durchatmen. Aber jetzt ist das Routine." Und die Gefangenen akzeptieren ihn. "Die beiden haben schon nach dem nächsten Kurs gefragt", sagt Sommer. Aber das könnte wohl dauern. Ein bis zwei Kurse pro Jahr, die der Förderverein aus Spenden finanziert, sind nicht viel für 180 Gefangene.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort