Wie eine Bürgerinitiative einen Windpark stoppt Anlagen-Bauer beugen sich Gegenwind

Ottweiler · Windpark-Planer ABO Wind zieht Antrag auf den Bau zweier Windräder im Krokenwald bei Steinbach zurück.

 Die Steinbacher Wespenbussarde hatten letztlich wohl den Ausschlag dafür gegeben, dass Abo Wind in Steinbach keine Windräder baut.

Die Steinbacher Wespenbussarde hatten letztlich wohl den Ausschlag dafür gegeben, dass Abo Wind in Steinbach keine Windräder baut.

Foto: Yacine Boukhetouche

Eigentlich müssen die Steinbacher dem Unternehmen ABO Wind dankbar sein. Denn die Auseinandersetzung um den geplanten Windpark Krokenwald in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Ostertal-Örtchen hatte einen „unglaulich positiven Einfluss auf die Dorfgemeinschaft“, wie Yacine Boukhetouche von der Bürgerinitiative Gegenwind Ostertal erläutert.

Die beiden geplanten großen Windräder kommen nicht (die SZ berichtete bereits). Der Dorfgemeinschaft und dem Wespenbussard ist es geschuldet. Nachdem ein Horst des Vogels in kurzer Distanz zu einer der beiden Anlagen gefunden war, zog ABO Wind seinen Antrag auf Genehmigung des Baus zurück. Thomas Treiling, Ansprechpartner für das Projekt beim Windkraft-Unternehmen: „Wir hatten das Gebiet intensiv untersucht, der Wespenbussard hat sich jetzt dort neu angesiedelt. Das ist der Grund, warum wir das Projekt nicht weiter verfolgen.“ Von einem sechsstelligen Planungsbetrag spricht er, ein Risiko, das man in seiner Branche eingehen müsse. Aber niemand in seinem Haus wolle, dass Tiere getötet würden. Auch wenn die Empfindlichkeit des Raubvogels nicht belegt sei und es in der Diskussion um den Vorsorge-Gedanke gehe, müsse man das letztlich „sportlich nehmen“. Die Steinbacher Bürgerinitiative ihrerseits feiert im Januar ein großes Fest.

Auf dem Gebiet der Stadt Ottweiler drehen schon eine stattliche Anzahl an Windenergieanlagen, kurz WEA. Jüngst kamen zu den zehn schon länger arbeitenden Türmen die fünf des Windparks Höcherwald (drei auf Ottweiler, zwei auf Bexbacher Areal) hinzu. Gegen die hatten sich die Lautenbacher lange vehement gewehrt. Doch Fortuna war nicht mit den Lautenbachern, sondern den Steinbachern im Bunde. „Wir sind keine Windkraftgegner. Ganz im Gegenteil sind viele von uns Befürworter“, sagt BI-Sprecher Boukhetouche, „wir tolerieren sie, wo es keine Schäden gibt und niemand belästigt wird“.

Als die Windräder im Himmelwald gebaut wurden, habe das keinen Widerspruch in Steinwald hervorgerufen, wenngleich das für einige Steinbacher in der Nähe dieser Türme schon schlimm sei. Als dann im Jungenwald die nächsten errichtet wurden, waren Schattenschlag und Lärmbelästigung im Ort schon ein viel größeres Thema. Mit den jüngsten Plänen für den Krokenwald war dann für die Steinbacher Schluss mit lustig. Keine tausend Meter vom Dorf entfernt und dann gefühlt eingekesselt - die Bürgerinitiative wuchs schnell auf über 160 Mitglieder an, wie Boukhetouche erläutert, 100 bis 120 davon arbeiteten aktiv mit. Letztlich sieht er einige Faktoren, die den für die BI positiven Ausgang der Geschichte erklären. Die Initiative hat demnach früh Arbeitsgruppen gegründet, etwa für Umwelt, Bauwege oder Prüfen der Gutachten. Viele Menschen hätten enorm viel Zeit aufgebracht, um ihren Job in der jeweiligen Gruppe zu machen. Grundsätze waren von Anfang an: In sachlichem Ton mit Entscheidungsträgern umzugehen und Fakten zu präsentieren. Das habe sich ausgezahlt. Den Fakt Wespenbussard fand schließlich durch akribische Beobachtung und Dokumentation Klaus Reinshagen. Vom „entscheidenden Elfmeter spricht Yacine Boukhetouche. Und er lobt die Politik.

In Ottweiler habe man sich fraktionsübergreifend die Argumente der BI angehört. Auch das Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz (LUA) habe sich als Behörde erwiesen, die den Umweltschutz ernst nehme. Vor Ort in Steinbach habe es das Wissen gegeben, dass schützenswerte Arten wie Vögel und Fledermäuse von weiteren Windrädern betroffen gewesen wären. Aber man habe es beweisen müssen.

Vom Umwelt und Natur spricht auch Thomas Treiling. ABO Wind stehe für den Klimaschutz. Die Anlagen in Jungen- und Himmelwald sind von dem Unternehmen projektiert. Treiling: „Ich würde mir wünschen, man könnte auch einmal eine andere Perspektive einnehmen.“ Ottweiler habe einen Flächennutzungsplan erstellt und damit die Gebiete, in denen Windkraft möglich ist, bis auf einige wenige reduziert.

Die Stadt habe also eine Konzentrationszone ausgewiesen, ABO Wind daraufhin einen Antrag gestellt. Wenn nun diese Flächen nicht mehr genutzt werden könnten, wie sollten dann die Klimaziele erreicht werden? In der Diskussion seien viele Emotionen im Spiel. Sein Unternehmen versuche mit Informations-Messen und begleitenden Informationen zum Planungsfortschritt im Netz Transparenz zu schaffen. Die Kritiker würden sagen, was sie nicht wollen, aber nicht, wie es weitergehen soll. „Was ist das alternative Konzept?“, fragt Treiling. Sein Unternehmen jedenfalls habe einen Plan.

Die Bürgerinitiative Gegenwind Ostertal will fürs Erste – nach der Feier ihres Erfolges – auf eine Änderung des Flächennutzungsplanes drängen, damit die Diskussion um Windräder im Krokenwald nicht in wenigen Jahren wieder neu aufflammt. Und das gestärkte Gemeinschaftsgefühl ausbauen.

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