Interview Gabriel Schneider Mit dem Musicalprojekt fing damals alles an

Neunkircher erinnern sich an Sie möglicherweise als Pinocchio in der Märchenaufführung der Kulisse im Jahr 2005, ganz bestimmt aber als der kleine Artus beim Musical-Projekt Neunkirchen (Premiere 2004). Die Saarländer kennen Sie auch durch verschiedene Auftritte im Theater im Viertel oder mit den Überzwergen.

Der aus Neunkirchen stammende Schauspieler Gabriel Schneider
13 Bilder

Der aus Neunkirchen stammende Schauspieler Gabriel Schneider

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Foto: Mark Schulze Steinen

Was waren Ihre ersten Bühnenerfahrungen?

Schneider Das wäre natürlich sehr schön, wenn sie sich daran erinnern. Tatsächlich sind die erwähnten Aufführungen auch meine ersten Erfahrungen auf der Bühne – wenn man von frühkindlichen und mir nur aus Erzählungen bekannten Auftritten bei Krippenspielen oder Ähnlichem einmal absieht. Ich denke, dass das erste Musicalprojekt 2003 – also vor 20 Jahren, puh – meine erste große Theatererfahrung darstellt. Und die ist mir trotz der 20 Jahre noch präsent.

Wussten Sie damals schon, dass Schauspieler einmal Ihr Beruf werden sollte? Gab es einen besonderen Auslöser für den Berufswunsch?

Schneider Nein, also damals tendierte ich noch eher zur Karriere als Fußballprofi oder Dinoforscher – aber meine ersten Gehversuche beim Musicalprojekt änderten das dann recht schnell und nachhaltig. So hatte ich ab dann den zwar noch abstrakten, aber doch sehr ausgeprägten Berufswunsch: Schauspieler. Allerdings mussten  viele Jahre vergehen, bis ich konkrete Vorstellungen davon, wie das eigentlich umgesetzt werden kann, entwickelte.    

Ihre Familie hat Sie immer unterstützt und tut das auch heute noch. Wie wichtig war und ist das für Sie?

Schneider Das ist so, und das ist ein riesiges Glück. Den Wert dieser uneingeschränkten Unterstützung kann ich gar nicht hoch genug schätzen. Es ist ein Beruf, in dem es einem nicht immer leicht gemacht wird, gerade am Anfang braucht es viel Geduld und eine gewisse Zähigkeit – und da habe ich es immer als wohltuend und auch als Vorteil empfunden, dass ich mir der Unterstützung von zu Hause sicher sein kann.

Haben Sie sich den Beruf als Schauspieler letzten Endes so vorgestellt, wie er sich dann in der Realität gezeigt hat?

Schneider Die Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten. Zunächst kann ich sagen, dass sich meine Vorstellungen sehr regelmäßig geändert haben und es auch immer noch tun, obwohl ich ja schon im Berufsleben stehe – das letzte Ende ist da also noch nicht erreicht. Aber ich glaube, sagen zu können, dass meine Vorstellungen auch durch die Erfahrungen, die ich in Neunkirchen bei unterschiedlichsten Projekten gesammelt habe, mit der Realität und eben mit Theatern, wie sie funktionieren, zu tun hatten – ich hatte merkwürdigerweise nie den Wunsch, Hollywood-Star zu werden – und das ist auch gut. Da wird man ja schnell enttäuscht. 

Was war das Schwierigste, was Sie wegstecken mussten?

Schneider Bei mir war es so, dass ich sehr früh – noch vor meinem Abitur – an der Schauspielschule in Berlin angenommen wurde, an die ich unbedingt wollte. Ich war dort der Jüngste, und mir wurde auch Talent bescheinigt. Als die Zeit des Studiums dann zu Ende ging, kam die Frage nach dem Einstieg ins Berufsleben – und damit auch Erkenntnisse, die nicht ganz leicht zu akzeptieren waren. Die Schauspielerei ist eben neben allem Künstlerischen und Handwerklichen auch ein Geschäft, in dem es gilt, sich zu verkaufen, und die Ware ist man nun mal selbst. Damit kam ich nicht sehr gut zurecht – und ich bekam keine guten Engagements. Das passte nicht zu meinem Selbstbild, und es war ein sehr schmerzlicher Prozess, das zu ändern und das Gefühl loszuwerden, dass es darum ginge, irgendwelchen Erwartungen gerecht zu werden. Aber auch die Zeit der Pandemie kann ich hier anführen. Das war für Theaterschaffende wirklich eine Katastrophe und die Prozesse wirken immer noch nach.  

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus? Stehen Sie „nur“ auf der Bühne?

Schneider Wer vor Menschen auf der Bühne spielen will, der muss auch üben – und das ist ein großer Teil des Arbeitsalltages. Ich bin ja zum Beispiel ein fest angestellter Mitarbeiter des Berliner Ensembles – und da sind dann die Arbeitszeiten recht klar geregelt. Und man arbeitet durchaus nicht wenig. Geprobt wird am Tag bis zu acht Stunden, am Samstag vier, und abends wird dann ja häufig auch gespielt und regelmäßig an Sonn- und Feiertagen. Also man sollte die Arbeit schon sehr lieben. Ansonsten stehe ich neben der Bühne auch vor der Kamera oder auch mal hinterm Mikrofon für Hörspiele.

Sind Sie mit dem bereits Erreichten zufrieden? Was sind nähere und weitere Ziele?

Schneider Eine gewisse Unzufriedenheit ist ja immer da – und die brauche ich auch. Ich glaube, wenn man jetzt rumläuft und sagt „ach, was ist das toll, was ich mache und erreicht habe“, wird man schnell uninteressant und uninspiriert. Aber natürlich bin ich im Großen und Ganzen sehr zufrieden damit, dass ich diesen Beruf ausüben kann und damit meine Miete bezahlen kann – was in Berlin ja zunehmend schwierig wird – dass es mir gut geht, dass ich in einer Stadt leben kann, in der ich gerne bin und vieles mehr. Ich bin ja letztes Jahr aus der Schweiz, wo ich fünf Jahre gearbeitet habe, nach Berlin zurückgekommen und habe hier eine Anstellung gefunden am Berliner Ensemble – das ist schön, aber das bringt natürlich jetzt jede Menge Aufgaben und Herausforderungen mit sich – denn hier will ich mich jetzt etablieren und gute Arbeit leisten.

Gab es Menschen, die für Ihren beruflichen Werdegang eine ganz besondere Rolle gespielt haben?

Schneider Unzählige!! Und jeder Einzelne müsste natürlich jetzt erwähnt werden, sonst ist es ungerecht, aber das wird mir nicht gelingen. Meine Familie haben wir ja bereits erwähnt oben. Aber auch die tollen Menschen aus dem Umkreis des Musicalprojektes wie Martin Leutgeb waren für mich absolut prägend und für meinen Werdegang entscheidend. Und später – wurde ja auch schon mal erwähnt – das Theater Überzwerg in Saarbrücken mit dem künstlerischen Leiter Bob Ziegenbalg, der mich wirklich großartig auf den Beruf vorbereitet hat. Ich habe immer wieder in den verschieden Phasen meines bisherigen Wegs großartige und inspirierende Leute getroffen – Freunde, Lehrer, Förderer, Kollegen – und bin dafür wirklich sehr dankbar und empfinde das als großes Glück.

Haben Sie noch Kontakt zu früheren Wegbegleitern, gerade auch im schauspielerischen Bereich, beispielsweise zu Martin Leutgeb, einem der Väter des Musical-Projektes?

Schneider Zu Martin Leutgeb leider nein. Ich bin nicht besonders gut im Kontakt halten. Ich habe mal ein Gastspiel von ihm in Berlin gesehen und wir haben kurz danach geredet – er war großartig! Aber das ist wahrscheinlich jetzt schon zehn Jahre her.

Verfolgen Sie, was in Sachen Kultur in der Heimat weiter passiert? Haben Sie seit Ihrem Weggang beispielsweise Aufführungen des Musicalprojektes gesehen?

Schneider Ja, so gut es geht – ich werde da von meinen Eltern auch gut auf dem Laufenden gehalten. In den ersten Jahren schon, aber nun bin ich wirklich lange weg und zu selten in Neunkirchen. Aber da steht ja ein Jubiläum an? 20 Jahre? Das wäre ein Anlass oder habe ich das verpasst? – Tatsächlich habe ich ja jetzt schon ein paar Stationen hinter mir und versuche bei allen in etwa den Überblick zu behalten.

Wie sieht eigentlich Ihre Freizeit aus? Gehen Sie selbst viel ins Theater oder machen Sie lieber ganz was anderes?

Schneider Theater ist wirklich eine tolle Sache und ich finde, alle sollen ganz viel ins Theater gehen – aber ich muss gestehen, dass ich selten gehe, wenn ich jetzt nicht jemanden kenne, den ich anschauen will – einfach deshalb, weil ich sehr viel Zeit im Theater verbringe und dann auch mal froh bin, was anderes zu sehen. Ich habe zum Beispiel wieder angefangen, Klavier zu spielen, was ich lange vernachlässigt habe. Und da Theater meistens in abgedunkelten Räumen stattfindet, versuche ich in meiner freien Zeit viel draußen zu sein.

Wenn Sie zu Hause in Neunkirchen zu Besuch sind, was steht dann auf jeden Fall immer auf dem Programm?

Schneider Es wird eigentlich immer gewandert – das geht ja hier im Umland sehr gut!

Gabriel Schneider und Marget Gampper 2008 bei der Probe zu dem Stück „Der Falke“ im Theater in Viertel.

Gabriel Schneider und Marget Gampper 2008 bei der Probe zu dem Stück „Der Falke“ im Theater in Viertel.

Foto: Oliver Dietze

Was haben Sie in zehn Jahren erreicht?

Schneider Ich hoffe, dass ich in zehn Jahren nach wie vor von diesem tollen Beruf leben kann. Ich hoffe, dass ich etwas mehr für Film und Fernsehen mache und gemacht haben werde, sodass man nicht unbedingt nach Berlin kommen muss, wenn man mich mal sehen will.

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