„Wir schicken niemanden weg“

Neunkirchen · Nach der Flüchtlingswelle ist wieder so etwas wie Normalität eingekehrt an den drei Tafeln im Landkreis Neunkirchen. Diese versorgen aktuell in der Gemeinde Eppelborn 250 Menschen mit Lebensmitteln, in Illingen 400 und in Neunkirchen 1360 Menschen.

 Diese Woche halfen bei der Tafel Neunkirchen: Elke Caesar, Stefanie Wemgrzik und Leiter Thomas Mörsdorf. Foto: Thomas Seeber

Diese Woche halfen bei der Tafel Neunkirchen: Elke Caesar, Stefanie Wemgrzik und Leiter Thomas Mörsdorf. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

Glück und Leid liegen bei der Tafel oft nah beieinander. Für viel Frust sorgt derzeit ein Einbrecher, der fast wöchentlich die Küchentür aufhebelt und sich mit Lebensmitteln bedient. "Das Schlimme ist, nicht wir als Caritas-Verband sind die Leidtragenden, sondern die armen Leute", betont Thomas Mörsdorf, Leiter der Neunkircher Tafel. Dafür ist der neue Fahrer, der heute von 8 bis 12 Uhr seine erste Tour absolvierte, ein richtig guter. "Bei der Anmeldung am Montag hat er erzählt, dass er momentan arbeitslos ist", berichtet Elke Caesar, die zu den Urgesteinen der Neunkircher Tafelhelfer zählt. Also habe sie ihn kurzerhand angeworben, jetzt gehört er zum 25-köpfigen Team der Ehrenamtlichen.

Bis zu 20 Geschäfte werden auf so einer "Beschaffungs"-Tour angefahren, 81 pro Woche, was sich jährlich auf 41 000 Kilometer Gesamtstrecke summiert. Zwischendurch steuern die Fahrer die Schlossstraße an, von wo aus die schweren Kisten und Paletten in die Räume des Evangelischen Gemeindezentrums geschleppt werden müssen. Dort sortieren die Helfer ein Drittel der Waren aus. Was mühsam und manchmal eklig ist - bei verfaultem Obst oder Gemüse, ausgelaufenen Flaschen oder in die Kästen geschüttetem Kehricht. "Wir haben den Anspruch, die Sachen so zu präsentieren, dass wir sie auch selbst gern nehmen würden", betont Elke Cäsar.

Dienstags öffnet Punkt 15 Uhr die Tür, da stehen die Familien bereits Schlange, darunter viele nicht heimische. Alle haben eine Nummer aus einem Topf gezogen, die für zwei Monate gilt. Damit weiß jede der 388 Familien, wann sie dran ist. Die Donnerstag-Ausgabe richtet sich an Behinderte, psychisch Kranke und Schwangere. Außerdem gibt es einen Bring-Service für 18 Haushalte. Heftig wird es dann noch mal am Freitag. Im wöchentlichen Wechsel dürfen sich Alleinstehende und Paare hier versorgen, insgesamt sind es 746 Haushalte. Mörsdorf ist noch immer erstaunt, wie friedlich und verständnisvoll die Leute auf die Halbierung der Ausgabetermine reagiert haben. "Durch die Zuwanderung und die Flüchtlinge waren wir an unsere Grenze gekommen." Arbeitstage mit zwölf Stunden waren normal. Weshalb man 25 Tage Betriebsferien einführte (nicht am Stück) und schließlich die Freitags-Gruppe teilte.

Was Mörsdorf nicht müde wird, zu betonen ist: "Wir sind nicht die Vollversorgung", sondern eine ergänzende Unterstützung. Mit Sorge beobachtet er die Tendenz, dass Jobcenter und Sozialamt Hilfsbedürftige direkt zur Tafel schicken. "So war das nie gemeint." Und noch etwas liegt ihm schwer im Magen: "Ab Januar gibt es keine Müllverbrennung mehr in Neunkirchen ." Die war für die Tafel bisher kostenlos. Das Angebot des Entsorgungsverbands Saar gilt auch für Velsen, aber den Transport der großen Müllmengen dorthin kann die Tafel nicht leisten. "Wir suchen fieberhaft nach einer Lösung."

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