„Wir brauchen keine Zelte“

Neunkirchen · Die Unterbringung von Flüchtlingen bleibt in Neunkirchen ein großes Thema. Im Rathaus hat OB Jürgen Fried Bilanz gezogen und den Stand der Dinge erläutert. Die Stimmung ist trotz der Herausforderungen optimistisch.

"Es ist ein Thema, das die Menschen hier im Land bewegt wie kein anderes." Mit diesem Satz begann Oberbürgermeister Fried seine Jahres-Bilanz der aktuellen Flüchtlingssituation in der Stadt Neunkirchen mit dem Schwerpunkt Wohnsituation. Und Fried schob gleich hinterher: "Es geht hier sehr unaufgeregt zu. Das Händling geht einwandfrei über die Bühne." Das liege vor allem daran, dass sich die Stadt ein Amt für Soziale Dienste mit "einer guten Mitarbeitersituation" leiste. Etwas, was in kleinen Kommunen nicht mehr existiere. Zudem habe man mit der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GSG einen guten Partner. 2000 Wohnungen könne diese zur Verfügung stellen. Deshalb die beruhigende Botschaft aus dem Rathaus: "Wir haben genug Wohnraum. Wir brauchen keine Zelte." Doch nicht immer läuft die Wohnraumsuche reibungslos, und der Zustrom wird auch in nächster Zeit nicht abreißen. Ausgehend vom 1. Oktober 2013 bis zum 7. Dezember 2015 wurden 591 Flüchtlinge der Kreisstadt zugewiesen, 532 seien davon bislang tatsächlich nach Neunkirchen gekommen. Nach der Ankunft in der Erstaufnahmestelle in Lebach werden die Neuankömmlinge registriert. Vor Ort können sie einen Asylantrag stellen. Nach der Entscheidung über den Antrag werden die Asylsuchenden den Landkreisen und von dort aus den Gemeinden nach einem festen Schlüssel zugeteilt. Derzeit kommen pro Woche etwa 20 Flüchtlinge in Neunkirchen an. Die Stadt ist für ihre Unterbringung verantwortlich. "Es ist eine große Herausforderung", sagt Fried und berichtet, dass bisher einige Halbtagsstellen geschaffen wurden, um den großen organisatorischen Aufwand stemmen zu können. Und die personelle Aufrüstung soll weitergehen: "Wir werden noch einen Sozialarbeiter einstellen, damit sich auch Fachleute mit den Menschen befassen." Bei der Kostenfrage ist der OB realistisch: Das Land werde die Kosten nicht komplett erstatten. Laut Verwaltung habe eine dezentrale Unterbringung große Bedeutung. Diese sei dank der gemeinnützigen GSG und privater Unterbringungsmöglichkeiten bisher gewährleistet worden. Auch der Integrationsbeauftragte Zeljko Cudina erachtet das System als erfolgreich: "Ich werde oft gefragt:: Wo sind denn nun die ganzen Flüchtlinge ? Das zeigt, dass das mit der dezentralen Unterbringung klappt." Die GSG hat bisher 40 Wohneinheiten zur Verfügung gestellt, darunter auch einige Objekte mit mehreren Etagen. 60 Wohnungen haben in Neunkirchen derzeit Privatleute an Flüchtlinge vermietet. "Wir kriegen fast täglich Angebote von Privatleuten", berichtet Gertrud Backes, Leiterin des Amtes für Soziale Dienste. Dennoch sei es eine schwierige Aufgabe, 80 Personen im Monat Wohnraum anzubieten. Gelegentlich ergäben sich langwierige Verhandlungen mit den Vermietern. Die Einigung auf eine angemessene Miethöhe und Bedenken gegenüber den überwiegend männlichen und alleinstehenden jungen Mietern ziehen die Gespräche häufig in die Länge. Dabei funktioniere der Umgang mit den Flüchtlingen an sich gut und die Zahlen variierten auch deshalb, weil immer wieder auch Menschen wegzögen, so Backes. Aber nach der Zuweisung wird es immer eng: "Mit 20 Personen nach Ottweiler zu fahren, um Sozialhilfeanträge auszufüllen, ist ein hoher zeitlicher und organisatorischer Aufwand."

Die Mitarbeiter der Stadt kümmerten sich derzeit verstärkt um die Flüchtlinge und müssten deshalb andere, weniger akute Aufgaben vernachlässigen. Die Zusatzkosten, die wegen der Unterbringung von Flüchtlingen auf die Stadt zukommen, sollen zeitnah berechnet werden, kündigte der Oberbürgermeister an.

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