Internationalen Tag gegen Rassismus Courage gegen Rassismus im Schulalltag

Wellesweiler · Ein Besuch an der Alex-Deutsch-Schule zum heutigen Internationalen Tag gegen Rassismus zeigt, wie Schüler und Lehrer Diskriminierung die Stirn bieten.

Sidney Weiß (von links), Mellisa Mathoy, Violette Castigione, Lennox Venn, AG-Leiter Christian Eisenla und Schulleiterin Ulrike Rothermel im Raum der Begegnung an der Alex-Deutsch-Schule

Sidney Weiß (von links), Mellisa Mathoy, Violette Castigione, Lennox Venn, AG-Leiter Christian Eisenla und Schulleiterin Ulrike Rothermel im Raum der Begegnung an der Alex-Deutsch-Schule

Foto: Antonia Trinkaus

An der Hauswand direkt neben dem Haupteingang der Alex-Deutsch-Gesamtschule in Wellesweiler ist ein schwarz-weißes Schild mit den Worten „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ befestigt. Hinter der Eingangstür hängt eine Tafel mit kleinen bunten Schmetterlingen mit der Überschrift „Gegen das Vergessen“. Jeder Schmetterling steht für ein Kinder- oder Jugendleben aus dem Kreis Neunkirchen, das im Holocaust ausgelöscht wurde. Der „Raum der Begegnung“ in der ersten Etage des Gebäudes erzählt mit Leuchttafeln und einer Vitrine vom Leben von Alex Deutsch. Der Namensträger der Schule hat als Jude den Holocaust überlebt und bis zu seinem Tod im Jahr 2011 Aufklärungsarbeit geleistet. Doch wie sieht der Schulalltag in einer „Schule ohne Rassismus“ eigentlich aus?

Wer glaubt, dass die 270 Schülerinnen und Schüler vieler unterschiedlichen Nationalitäten hier stets friedlich die Klassensäle und Schulflure teilen, irrt. Natürlich kommt es hier, wie an jeder anderen Schule auch, immer wieder zu Auseinandersetzungen. „Rassismus wird benutzt, um Konflikte anzuheizen“, weiß  Schulleiterin Ulrike Rothermel. Konflikte rein rassistischer Natur gebe es eher selten, Rassismus sei Mittel zur Provokation, aber oft auch ein Vorwurf. Häufig heiße es von außen, Lehrkräfte müssten mehr tun, da sie sich doch „Schule ohne Rassismus“ auf die Fahne schrieben.

An einen Streit zwischen kurdischen und arabischen Schülern vor ein paar Jahren erinnert sich die Schulleiterin noch genau. Dort war es einer der Schüler selbst, der seine Mitschüler daran erinnert hat, dass es genau diese Rivalität ist, wegen der sie aus ihrer Heimat fliehen mussten. Seine Bitte: Sie sollten diesen Krieg doch in Syrien lassen. Er hat die Situation durch Erzeugen von Aufmerksamkeit gelöst, – ein gutes Beispiel dafür, was ein kurzes Erinnern bewirken kann. In solchen Fällen sehen es auch die Lehrkräfte als ihre Aufgabe, Aufklärungsarbeit zu leisten.

Darum geht es auch heute, am 21. März, am „Internationalen Tag gegen Rassismus“. 1966 wurde dieser zum ersten Mal ausgerufen. Anlass war eine friedliche Demonstration in Sharpeville in Südafrika, bei der 1960 69 Menschen durch Polizeigewalt getötet wurden. Der Tag soll seitdem daran erinnern, dass „alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren wurden“, wie es in der Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen heißt.

Auch Mellisa aus der siebten Klasse der Alex-Deutsch-Schule hat verstanden, worum es geht. „Rassismus heutzutage ist ein schlimmes Thema, das einfach viel zu wenig angesprochen wird.“ Umso besser, dass ihre Schule mit Christian Eisenla als Leiter der Arbeitsgemeinschaft „Schule ohne Rassismus“ gemeinsam mit rund zehn Mitschülern genau das tut.

Die Auszeichnung ist mehr als nur das an der Hauswand platzierte Schild. Sie ist mit Engagement verbunden, von Schülern, aber vor allem auch von Lehrern. Ohne Anträge auf Förderungen und einige zusätzlich investierte Stunden laufe nichts, merkt Schulleiterin Rothermel an. Aktionen, auch wenn sie wegen der Pandemie und der damit verbundenen Auflagen schon länger zurückliegen, zeigen aber, was möglich ist. Von deutsch-französischen Beiträgen zum 70-jährigen Jahrestag des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof, „helping friends“ während der ersten großen Flüchtlingswelle aus Syrien über „Die weiße Rose 3.0“, die als Neuauflage die Geschichte der Geschwister Scholl während des Zweiten Weltkriegs erzählt, berichtet die Schulleitung stolz. Als nächste große Aktion plant die AG zusammen mit dem Adolf-Bender-Zentrum in St.Wendel eine Audio-Führung rund um die Stolpersteine in Neunkirchen. Sie würden dafür nur noch auf die Genehmigung der Stadt warten.

Das Weiterführen des Lebenswerks von Alex Deustch sei für die damalige Schulleitung Startpunkt für das Großprojekt „Schule ohne Rassismus“ an der Gebundenen Ganztagsschule gewesen. Der Schulalltag sei davon nach wie vor geprägt. Herausforderungen gebe es dennoch. Lennox aus der achten Klasse erzählt, dass er „zum Beispiel im Internet an jeder zweiten Ecke“ Rassismus wahrnimmt. „Die sozialen Netzwerke machen halt einfach ganz viel kaputt“, erklärt der AG-Leiter. Nicht nur Schüler müssten sensibilisiert werden, wie sie mit der Verbreitung rassistischer Inhalte im Internet umgehen sollen und wie sie lernen, zu filtern. Eine Auszeichnung wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ dient, genau wie der Internationale Tag gegen Rassismus, zum Erinnern und zum Lernen, aber auch, um darauf aufmerksam zu machen, was noch getan werden muss.

 Schülerinnen und Schüler haben das Motto der Schule künstlerisch im Schulhaus dargestellt.

Schülerinnen und Schüler haben das Motto der Schule künstlerisch im Schulhaus dargestellt.

Foto: Atonia Trinkaus/Antonia Trinkaus
Beim Butterfly-Projekt steht jeder Schmetterling für ein Kind aus dem Kreis Neunkirchen, das sein Leben im Holocaust verloren hat.

Beim Butterfly-Projekt steht jeder Schmetterling für ein Kind aus dem Kreis Neunkirchen, das sein Leben im Holocaust verloren hat.

Foto: Antonia Trinkaus

Weitere Schulen im Landkreis Neunkirchen tragen die Auszeichnung „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“: Kaufmännisches Berufsbildungszentrum Neunkirchen (seit 2022), Gemeinschaftsschule Eppelborn (seit 2016), Gemeinschaftsschule Schiffweiler (seit 2015), Gymnasium Ottweiler (seit 2012), Illtal-Gymnasium (seit 2004), Ganztagsgemeinschaftsschule Neunkirchen (seit 2003).

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