Werkshalle, Veranstaltungsraum, Tropicarium

Neunkirchen · Immer mal wieder verändert sich was im Zoo. Neues kommt, Altes geht. In diesem Jahr wurde die neue Raubtieranlage eröffnet (wir berichteten). Eine Besucherattraktion, die sich bezahlt gemacht hat, denn der Zoo geht wieder auf die 200 000er Marke zu, wie Zoodirektor Norbert Fritsch der SZ erzählte.

 Bei den Abrissarbeiten: Die ehemalige Zoohalle ist dem Erdboden gleich gemacht worden. Fotos: Dirk Backes

Bei den Abrissarbeiten: Die ehemalige Zoohalle ist dem Erdboden gleich gemacht worden. Fotos: Dirk Backes

 Dieses Foto zeigt den Bestuhlungs-Plan des Stadtbauamtes am 12. Mai 1958.

Dieses Foto zeigt den Bestuhlungs-Plan des Stadtbauamtes am 12. Mai 1958.

 Als dieses Foto am 28. Oktober entstand, stand der Abriss kurz bevor.

Als dieses Foto am 28. Oktober entstand, stand der Abriss kurz bevor.

 Am 9. März 2010 stand die Halle schon geraume Zeit leer, im Schnee wirkte sie sehr idyllisch.

Am 9. März 2010 stand die Halle schon geraume Zeit leer, im Schnee wirkte sie sehr idyllisch.

Damit liegt er wieder 30 000 Besucher über dem Jahr 2013. Manchmal muss aus Attraktivitätsgründen auch etwas weichen. Wie das jetzt bei der alten Zoohalle der Fall war.

Letzten Endes ging es dann schneller als gedacht. Zwar war schon länger klar, dass die große Halle im Neunkircher Zoo dem Erdboden gleich gemacht wird, als die Abrissfirma dann kam, war auf einmal innerhalb kürzester Zeit alles weg. "Plötzlich hat man gesehen, wie der Platz sich verändert hat", hat Zoodirektor Norbert Fritsch der SZ auf Anfrage erzählt. Jetzt läuft für die Zoo-Mitarbeiter die Hauptarbeit, die abgerissenen Teile müssen entsorgt werden.

Obertierpfleger Dirk Backes, Neunkircher Hobby-Historiker, hat der SZ die Geschichte der Halle noch einmal geschildert. "Aquarien-Terrarien-Vögel" - so stand viele Jahre an den Eingangstüren der Zoohalle im Neunkircher Zoo . Ursprünglich war die Halle als Veranstaltungshalle gebaut worden. Denn der Zoo als städtische Einrichtung wollte in den 50er Jahren gerne am Jedermannsbrunnen ein größeres Gebäude haben, in dem Ausstellungen und Veranstaltungen abgehalten werden konnten. Es war vorgesehen, so erinnert sich Backes, die ehemalige Werks halle auf dem Ausstellungsgelände in Bexbach zu kaufen.

Das Stadtbauamt wurde deshalb im Januar 1957 beauftragt, kurzfristig eine Kostenaufstellung zum Bau der Halle im Tiergarten zu fertigen. "Planunterlagen standen damals nicht zur Verfügung, so dass die Berechnungen aufgrund der Hauptmaße des Bauwerkes am früheren Standort Bexbach vorgenommen wurden", so Backes.

Nachdem der Ankauf des Holzbauwerkes beschlossen war, wurden die Pläne und statischen Berechnungen vom Kreisbauamt Homburg angefordert und dem Stadtbauamt Neunkirchen zur Verfügung gestellt. Erst als die Planunterlagen da waren, konnte man sich angucken, wie man das Projekt den gewünschten Bedürfnissen anpasste. Das machte einige Änderungen notwendig. Zum einen gab es eine Erweiterung um je 2,50 Meter an der Kopfseite. Eine Verstärkung der Konstruktion war aus statischen Gründen notwendig. Da die Halle als Veranstaltungshalle genutzt werden sollte, hatte man sich einen Keller zur Unterbringung der Stühle und Tische sowie die Schaffung eines Bierkellers gewünscht. Auch das wurde umgesetzt. Eine Warmluftheizung und die neue Aufteilung der Hauptfront mit Fenstern trieb die Kosten in die Höhe.

Im Mai 1957 hat man dann mit den Ausschachtungsarbeiten begonnen. Bereits am 24. Juli desselben Jahres wurde ab 17 Uhr in der Zoogaststätte Richtfest gefeiert. Pächter der Gaststätte war Zooverwalter Philipp Muthweiler. Und Historiker Backes weiß noch viele Details: "Für die geladenen Gäste gab es einen Gutscheinblock mit folgenden Positionen: 5 Bier, 10 Zigaretten, 1/2 Ring Lyoner, zwei Weck und einen Schnaps."

Und auch, wer alles am Bau beteiligt war, weiß Backes: Richard Biehl (Bauunternehmer), August Liedtke (Elektro), Albert Straßner (Statik), Friedrich Metzger (Holzbau), Karl Ecker (Dachdecker), Julius Hollemeyer (Sanitär), Peter Martin (Heizung), Jakob Kaspar (Fenster), Willi Samson (Innenputz), Gustav Bauer (Plattenarbeiten), Gebr. Schallmo (Deckenarbeiten) und Ambrosius Kowatsch (Klempner), der übrigens ein Onkel des stadtbekannten Musikers Jonny Kowa gewesen war.

Auf Vorschlag der städtischen Feuerwehr wurde zusätzlich ein Wasseranschluss mit Schlauchleitung hergestellt. Die Halle hatte eine Fläche von 30 mal 14 Meter. An der Stirnseite wurde ein Schankraum mit Buffet eingerichtet. Die Gesamtbaukosten beliefen sich damals auf 16 Millionen Franken. Mit Tischen konnte der Saal 236 Personen Platz bieten, bei reiner Bestuhlung sogar 344 Personen aufnehmen. Das Mobiliar wurde von der Schloßbrauerei gestellt. Bereits am 14. und 15. Dezember des Jahres 1957 fand eine Kaninchenausstellung statt. Wegen der Holzbauweise musste damals auch eine Brandwache abgestellt werden.

Über ein Jahr später, im Januar 1959, wurde der Mietpreis für die Mehrzweckhalle festgelegt. Je nachdem, ob mit oder ohne Heizung gebucht wurde, kostete die Miete 8000 Franken, was 68 DM oder etwa 34 Euro entsprach, beziehungsweise 6000 Franken (51 DM/ 25 Euro). Ab 1965 war es dann mit den Veranstaltungen vorbei.

Die Halle wurde zu einem Tropicarium umgebaut. Es entstanden mehrere Aquarien, in der Mitte zwei Großterrarien und verschiedene Vogelvolieren. Der Umbau der Halle von der Veranstaltungshalle in ein Tropicarium kostetet 23 000 DM (etwa 11 500 Euro). Das Tropicarium wurde pünktlich zu Ostern des Jahres 1965 eröffnet und galt als neue Attraktion des Zoos. Das alte Aquarium war übrigens dort, wo heute das Straußenhaus ist. Es sollte ursprünglich, so Backes, zu einem Kleinkatzenhaus umgebaut werden. Dazu kam es aber nie. Im Laufe der Jahre waren hier Vögel , Kaninchen, Meerschweinchen und kurzfristig auch Affen untergebracht.

In einem der beiden Großterrarien des neuen Tropicariums waren zwei Kaimane untergebracht, die durch ihr träges Herumliegen so manch einen zu der fälschlichen Annahme brachten, sie seien nur ausgestopft. Dazu erschien in der SZ vom 4. September 1965 eine nette Anekdote. Der Umbau in der Zoohalle ging weiter. Von 1974 bis 1977 gab es dann schrittweise die nächsten großen Maßnahmen. Neben der Neugestaltung der Aquarien, zwölf Becken mit einem Wasservolumen pro Becken von 1200 bis 2000 Litern, wurde durch Entfernung des zweiten Eingangs (Windfang), eine Aquarienanlage mit 3000 Litern und einem Landschaftsteil gestaltet. Außerdem wurden die Terrarien, die im Besonderen für Krokodile und Schildkröten angelegt wurden, vorgenommen. Ebenfalls renoviert und neugestaltet wurden die Volieren für Papageien und andere Exoten. Die Zoohalle ist außen durch eine Aluminiumverkleidung verschönert worden. Diese war bis zum Oktober diesen Jahres zu sehen. Im Inneren hat man eine abgehängte Lamellendecke angebracht, und der Boden wurde mit neuen Noppen-Gummiplatten ausgelegt. Der gesamte Kostenaufwand betrug etwa 150 000 DM (rund 75 000 Euro).

Im Rahmen dieses Umbaus war es erforderlich, das Heizaggregat, das bisher über den Vogelvolieren angeordnet war, herunterzunehmen und auf dem Boden zu stationieren. Diese Heizungsanlage war ursprünglich von der Firma Raimund Bastian installiert worden.

Im Mai 1977 zog eine 35 Kilogramm schwere Seychellen-Riesenschildkröte im Terrarium ein. Durch eine großzügige Spende des Lions-Club Saar-Ost konnte man 1991 eine Außenanlage an der Stirnseite der Halle anbauen. Besetzt wurde sie mit einem Pärchen Neuseeländischer Keas. 1995 gestaltete man die Papageienvolieren im Haus. Die rückseitigen Fenster wurden zugebaut und zur Kulisse der Volieren überarbeitet. Dies sah schön aus, verminderte aber den Lichteinfall erheblich, erinnert Backes.

Von Anfang an wurde die Halle mit Öl beheizt. Im Keller stand dafür ein großer Stahltank zur Verfügung. Da diese Heizung im Laufe der Zeit nicht mehr zuverlässig funktionierte und sehr störanfällig wurde, kaufte man eine Gasheizung. An die Rückseite des Gebäudes wurde ein kleiner Heizraum angebaut. Da noch keine Gasleitung vorhanden war, entschied man sich erst einmal für Flüssiggas. 2002 kaschierte man die Lamellendecke mit Tarnnetzen und legte den Boden mit Häcksel aus, um ein Dschungelflair zu imitieren. Das große Terrarium an der Eingangsseite gestaltet man zur Riesenschlangenanlage um. Im Jahre 2004 richtete man dann noch in einem Eckbecken ein Seewasseraquarium ein. Man zeigte unter anderem den aus dem Film "Nemo" bekannten Orangeringelfisch. Auch Schwämme, Anemonen, Seeigel und Putzergarnelen konnten die Zoobesucher beobachten.

Da der Halle die Isolierung fehlte, die Heizkosten einfach zu hoch waren, wäre ein Totalumbau der Halle notwendig geworden. Der wiederum wäre laut Backes wegen der schlechten Bausubstanz nicht zu vertreten gewesen. Deshalb entschloss man sich 2009, das alte Gebäude für immer zu schließen. Verwendbare Terrarien siedelte man um. Sie findet man heute im Elefantenhaus, bei den Giraffen und im Affenhaus. Die restlichen Bewohner gab man alle an andere zoologische Gärten ab, berichtet Backes.

2011 entfernte man im Ölkeller den großen alten Tank, der ein Volumen von 5,7 Kubikmetern fasste und ursprünglich von der Firma Bucher aus Mainz hergestellt wurde. Ein Jahr später begann man damit, das Innere der Halle zu entkernen. Alle Aquarien, Terrarien und Volieren wurden entfernt. Geplant war eigentlich, so erinnert sich Backes, eine dauerhafte Bionikausstellung zu zeigen, was sich aber dann doch zerschlug.

Im September diesen Jahres begann man mit der Demontage der Aluverkleidung und der Dachbleche, die noch für spätere Zwecke Verwendung finden sollen. Von da an erinnerte das Äußere der Halle wieder an das Ursprungs-Jahr 1957. Am 10. November war es dann so weit. Die Abrissbagger der Firma Ternava rückten an. Innerhalb weniger Stunden war die einst große Zoohalle für immer verschwunden und somit ein weiterer Zoobau zur Geschichte geworden.

Was an diese Stelle kommen wird, das konnte Zoodirektor Norbert Fritsch der SZ noch nicht sagen. Ideen gibt es genug, so Fritsch, doch wichtig sei, da erst einmal die finanziellen Möglichkeiten zu kennen.

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