Von Liebe und Konventionen

Wemmetsweiler. Noch herrscht im Kuppelsaal des Wemmetsweiler Rathauses Baustellen-Flair: Zwischen Holzbrettern und Werkzeugkisten ragt eine Klappleiter empor. Abwechselnd ertönen Akku-Schrauber, Hammer und Anweisungen, was wie zu machen sei

Wemmetsweiler. Noch herrscht im Kuppelsaal des Wemmetsweiler Rathauses Baustellen-Flair: Zwischen Holzbrettern und Werkzeugkisten ragt eine Klappleiter empor. Abwechselnd ertönen Akku-Schrauber, Hammer und Anweisungen, was wie zu machen sei. Doch bereits bei diesem Probeabend am Mittwoch ist nachvollziehbar, was der Theaterverein Wemmetsweiler hier errichtet: ein aufwändiges Bühnenbild für das Theaterstück "Ardèle oder das Gänseblümchen" von Jean Anouilh. Ort des Geschehens ist ein Adelsschloss mit zwei Etagen, weshalb man in luftiger Höhe von zwei Metern über dem Bühnenboden ein "Obergeschoss" konstruiert hat. Eine Schauspielerin balanciert vorsichtig über die gerade fertig gestellte Treppe nach oben. "Also das wackelt schon", so ihr Urteil. Doch bis zur Premiere am Sonntagabend wird alles trittsicher gemacht.

"Das Stück handelt von der Liebe", betont Regisseur Gerd Kessler und verrät ein interessantes Detail: Die eigentliche "Hauptrolle" ist nicht besetzt. Zentrale Figur des Stücks ist Ardèle, eine Frau um die 50 mit einem "Buckel". Was sie nie zu hoffen gewagt hat, ist passiert: Sie hat sich verliebt und das Objekt der Begierde liebt sie ebenfalls. Doch Ardèles Familie, einem altehrwürdigen Adelsgeschlecht, ist das nicht recht: Eine Hochzeit der Buckligen, die man vor der Öffentlichkeit verbirgt, noch dazu mit einem ebenfalls buckligen Lehrer - das wäre ein absoluter Skandal! Ardèle hat sich während des gesamten Stücks in ihrem Zimmer eingeschlossen und wird allein durch das Agieren anderer Personen wahrgenommen.

"Es handelt sich um eine Komödie nach dem Verständnis von Anouilh", erklärt Kessler, seit Jahrzehnten Anhänger des 1987 verstorbenen Franzosen. Gesellschaftliche Konventionen werden vordergründig humorvoll beleuchtet, hintergründig jedoch mit ihrer eigenen, mitunter makabren Tragik konfrontiert. "Es entstehen überaus komische Dialoge, bei denen einem teilweise das Lachen auf den Lippen gefriert", so Kessler. Darin liege der Reiz des Stücks.

Um das Publikum, das sich überdies auf einen Schockmoment gefasst machen muss, zu überzeugen, wird eifrig geprobt: Auf Kesslers Anweisung nehmen alle Mitglieder eines "Krisen-Rates" ihre Positionen auf der Bühne ein, darunter Kessler selbst als "General" (Bruder der Ardèle) und Lisa Jochum als "Gräfin" (Schwester der Ardèle).

Man diskutiert und versucht die Bucklige hinter der verschlossenen Tür zur "Vernunft" zu bringen. Für komische Einlagen sorgt der Theaternachwuchs: Die Figuren "Toto" (Anton Filipp) und "Marie-Christine" (Anna Stamm) parodieren das Verhalten der Erwachsenen.

Aufführungen: Sonntag, 9. Dezember, Samstag, 15. Dezember, und Sonntag 16. Dezember, jeweils um 20 Uhr im Rathaus Wemmetsweiler. Karten sind bei Schreibwaren Peter erhältlich oder können bei Gerd Kessler, Tel. (0 68 56) 89 29 34, vorbestellt werden. Preis: neun Euro, ermäßigt fünf Euro.

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