Tierliebe und die Kehrseite der Medaille

Neunkirchen · Rund 30 Hunde und zwei Ziegen waren am Donnerstag von ihren Besitzern zum Lübbener Platz gebracht worden. Sie empfingen Weihwasser und Segensworte bei der zweiten kirchlichen Tiersegnung in Neunkirchen.

 Gelassen nahmen die meisten Vierbeiner auf dem Lübbener Platz die Segnung durch Dechant Olaf Harig entgegen. Foto: anika meyer

Gelassen nahmen die meisten Vierbeiner auf dem Lübbener Platz die Segnung durch Dechant Olaf Harig entgegen. Foto: anika meyer

Foto: anika meyer

. So viele Artgenossen auf einem Fleck! Da waren die meisten Hunde ganz aus dem Häuschen, mussten gucken, schnuppern und ab und zu ein bisschen bellen, worauf jedoch stets ein "Scht!" von Herrchen oder Frauchen folgte. Denn jetzt sprach Dechant Olaf Harig und er zitierte berührende Worte von Franz von Assisi : "Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir, alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir. Alle Geschöpfe der Erde lieben, leiden und sterben wie wir, also sind sie uns gleichgestellte Werke des allmächtigen Schöpfers." Für den im 12. und 13. Jahrhundert lebenden Spross einer Tuchhändlerfamilie war es keine Frage, dass allen Tieren als empfindungsfähigen Lebewesen der gleiche Respekt zusteht: "Auch ein Regenwurm war für ihn schützenswert", so Harig. Kein Zufall also, dass "Momentum - Kirche am Center" just zwei Tage vor Franz von Assisis Todestag, der auch Welttierschutztag ist, auf dem Lübbener Platz zum zweiten Mal eine Tiersegnung veranstaltete.

Weihwasser und Segensworte gab es für alle der rund 30 Hunde, ihre rund 60 Besitzer sowie die zwei Ziegen . Collie-Dame Chelsea und Havaneser-Dame Jessy nahmen die Wasserspritzer auf das Fell entspannt hin - zur Freude von Frauchen Doris Bier: "Ich finde es sehr schön, dass die Kirche so etwas anbietet!" Auch Isolde Fleischmann und Anne Hinnant aus Wellesweiler waren mit ihren Lieblingen dabei: "Das sollte es jedes Jahr geben! Wie sind generell christlich eingestellt und lieben unsere Hunde sehr."

Wenn Tiere manchmal auch Nerven kosteten, sagte Harig, so spendeten sie vor allem Freude, seien Tröster und Wegbegleiter. Da der Mensch sich nur allzu oft gegen sie versündige, gedachte man all der Tiere, die durch Menschenhand Leid erfahren: Ausgesetzte Haustiere, Tiere in Versuchslaboren, Tiere in Massenhaltung. Auf die Schizophrenie angesprochen, dass unsere Gesellschaft die einen Tiere hegt, pflegt und segnen lässt, während sie andere Tiere ohne jegliche Zuwendung und ohne Tageslicht in Boxen dahinvegetieren lässt, bis sie nach kurzer Mast in Tötungsmaschinen getrieben werden, sagte Harig, er wolle niemandem Konsumvorschriften machen, doch das Wort "Fleischproduktion" zeige, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten sei. "Aus Erzählungen weiß ich, wie schlimm es früher für die meisten Leute war, beispielsweise einen Hasen zu schlachten. Heute sind die Tiere anonym, von ihrer Tötung bekommen wir nichts mit." Wer heutzutage Fleischberge zu Billigpreisen sauber in der Theke liegen sieht, solle die Geschichte dahinter nicht vergessen.

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