Tag des Handwerks in Neunkirchen Dinge erschaffen, „die 500 Jahre halten“

Neunkirchen · Premiere kam gut an: „Tag des Handwerks“ erstmals zu Gast in Neunkirchen

 Steinbildhauer Meyhan Faraji (21) zeigt seine Kunst.  

Steinbildhauer Meyhan Faraji (21) zeigt seine Kunst.  

Foto: Willi Hiegel

Wenn Handwerk tatsächlich goldenen Boden hätte, dann wäre der Stummplatz am Samstag eine einzige große Goldgrube gewesen. Stellten sich doch bei der zentralen Veranstaltung der Handwerkskammer des Saarlandes elf Landesinnungen und diverse Unternehmen vor. Rund 200 Mitwirkende sorgten fürs gute Gelingen - und natürlich die Sonne. So dass bei dieser Neunkircher Premiere der Platz am Kohle-Rost vorm Zelt der Metall-Innung nicht der attraktivste war. Wenn man Kupfer-Rosen herstellen möchte (in dem Fall sogar für den guten Zweck: die Elterninitiative krebskranker Kinder), kommt man aber nicht um hohe Temperaturen herum. Während der Papa das Glühen übernahm, brachte Sohn Luka die Rosenblätter anschließend mit dem Kugelhammer in Form. Für den Sechsjährigen ist die in dritter Generation geführte Werkstatt daheim in Wiesbach ein „ganz großer Spielplatz“, verriet Frank Jakob, dessen Vater Martin Landesinnungsmeister ist. Den Arbeitskräftemangel in der Branche führt er auf die im Vergleich zur Industrie schlechtere Bezahlung zurück – und man muss sich halt „die Finder dreckig machen“. Entschädigt werden Metallbauer durch die vielseitige, anspruchsvolle Arbeit, die, siehe Luka, richtig Spaß macht.

Auch das ist eine Erkenntnis des Tages: Überall im Handwerk steckt Kreativität. So arbeitet Aline Thielen, Friseurmeisterin aus Schwalbach, schon mal Colaflaschen in Turmfrisuren ein. Das verriet sie bei Styling-Vorführungen auf der Bühne. Ihr Wissen gibt die Saloninhaberin an ihre Auszubildenden weiter. Nachwuchsprobleme? Nicht, wenn man sich engagiert, mit Herzblut dabei ist und dem Personal wertschätzend begegnet, sagt Thielen. „Niemand hat mehr Lust, als günstige Putzfrau zu arbeiten.“ Das Konzept scheint aufzugehen, stellt der Betrieb doch die aktuelle Deutsche Meisterin der Friseure, Susanne Stock.

Einen Wettbewerb live miterleben konnte man am Zelt der Schreiner-Innung. An zwölf Hobelbänken schufen die frischgebackenen Gesellen im Landeswettbewerb Holzkästen mit beweglichen runden Schubladendeckeln, während nebendran 3D-Drucker ihre Arbeit verrichteten. Moderne Technik und traditionelle Handarbeit – dieser Mix gehört auch zum Alltag der Kfz-Mechatroniker. Liebling aller Azubis (und vieler männlicher Besucher, die das ohrenbetäubende Aufheulen des Motors magisch anzog), ist der kanariengelbe Audi R8 - ein Cabrio mit 538 PS, das in 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt. „Früher ging es in der Lehre vor allem ums Schrauben“, informierte Daniela Rosar vom Kfz-Verband. „Heute ist alles computergesteuert.“ Um die angehenden Mechatroniker fit für die Zukunft zu machen, gehört unter anderem eine Hoch-Volt-Schulung zum Lehrplan, Stichwort Elektro-Autos.

Ziemlich traditionell geht es dagegen bei den Bildhauern zu. An deren Zelt präsentierte Jessica Jungbauer ihren wasserspeienden Teufelshund aus Pfälzer Sandstein, eine Auftragsarbeit für eine Kirche in St. Ingbert. Frau im Handwerk zu sein, ist „noch nicht selbstverständlich, aber auch nicht schwierig“, betont die Auszubildende im dritten Lehrjahr des Betriebs Glöckner Naturstein in Hangard. Warum sie gerade diesen anstrengenden Beruf gewählt hat? „Ich erschaffe Sachen, die 500 Jahre halten“, argumentiert Jessica. „Man hinterlässt Spuren.“

Für die ist auch Rosario Scivoli zuständig – und zwar in ganz Europa. Fertigt er doch Maßschuhe an, die weit über die deutschen Grenzen hinaus Fans haben. Trotzdem gut möglich, dass sein Fachwissen verloren geht. „Früher hatte ich bis zu 20 Bewerbungen pro Jahr“, letztes Jahr keine einzige. „Jammern bringt nichts, man muss was tun“ - zum Beispiel die Werbetrommel rühren so wie heute.

Auf die Vorteile der dualen Ausbildung hatte Ministerin Anke Rehlinger bei der Eröffnung hingewiesen. Landrat Sören Meng honorierte das Engagement der 1600 Handwerksbetriebe im Landkreis. Das große Potenzial der Handwerksausbildung stellte „Hausherr“ Bürgermeister Jörg Aumann dar. „Ein guter Handwerker wird immer Arbeit finden - und er kann am Ende des Tages ein sichtbares Ergebnis vorweisen.“

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