Tägliche Erinnerung

Eigentlich wollten Ulrike Heckmann, Rainer Dörrenbecher und ihre Kollegen vom Neunkircher Forum für Freiheit, Demokratie und Antifaschismus nur einen Anstoß geben, als sie vor vier Jahren auf die Idee kamen, mit Stolpersteinen an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. "Unsere Idee war, dass wir damit anfangen und die Bevölkerung dann mitmacht", sagt Heckmann. Seit 1999 verlegt der Künstler Gunter Demnig seine sogenannten Stolpersteine. Gemäß seinem Motto "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", verlegte Demnig bereits an mehr als 500 Orten in ganz Deutschland 50 000 Betonsteine. Auf einer Messingplatte sind die Lebensdaten der Menschen eingraviert. Wo sie geboren wurden, wann und wohin sie deportiert wurden und wo sie ums Leben kamen. Die Erinnerung an die Ermordeten soll nicht nur an Gedenktagen stattfinden, sondern tagtäglich. Demnig geht es in seinem Projekt darum, zu zeigen, dass überall Menschen lebten, die zum Opfer der Nazis wurden. Und seit 2012 gibt es auch im Neunkircher Stadtgebiet die ersten Stolpersteine. Auf dem Wibilo-Platz in Wiebelskirchen liegen die ersten neun Stolpersteine. Und seit gestern Nachmittag sind 19 weitere in Neunkirchen hinzugekommen. Wieder auf Betreiben des Forums für Freiheit, Demokratie und Antifaschismus . "Das große Glück war, dass wir Hilfe bei der Finanzierung hatten. Ein Stolperstein kostet nämlich 120 Euro", sagt Heckmann. So gab es einen Zuschuss vom Projekt "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" des Bundesministeriums für Familie und von der Stadtverwaltung. Aber auch die Ganztagsgemeinschaftsschule hat geholfen und einen Teil der Spenden, die sie bei ihrem Benefiz-Lauf eingesammelt hat, für die Aktion gespendet. Doch das Stolperstein-Projekt ist mehr, als nur Spenden zu sammeln. Es ist auch ganz aktive Erinnerungsarbeit. "Wir fangen damit an, wenn wir von möglichen Opfern erfahren. Dann gehen wir in die Archive. Zuerst natürlich ins Stadtarchiv. Und dann wenden wir uns an die Dokumentationszentren der Konzentrationslager ", erklärt Dörrenbecher. Zu jedem Stein gibt es eine eigene Dokumentation. Anderthalb Jahre Vorlauf hatten sie alleine für die ersten Steine in Wiebelskirchen gebraucht. Die Forums-Leute beschäftigen sich schon lange mit dem Kampf gegen das Vergessen, und doch begegnen auch ihnen immer wieder Geschichten, die sich einprägen. So wie die von Wilhelm Jung aus Neunkirchen . Jung war Gastwirt in der heutigen Wilhelm-Jung-Straße und schon lange vor der Machtübernahme der Nazis Mitglied der SPD . Doch als er 1939, nach dem gescheiterten Anschlag auf Hitler im Münchener Bürgerbräukeller, zu einer Nachbarin sagte, dass er es schade finde, dass Hitler überlebt habe, war sein Schicksal besiegelt. Die Nachbarin denunzierte ihn, er wurde verhaftet, kam erst ins Gefängnis, dann ins Konzentrationslager Sachsenhausen und wurde vermutlich 1942 in Auschwitz ermordet. "Das sind Lebensläufe, die einfach zeigen, wie sehr sich diese Glocke der Denunziation über alles stülpte", sagt Heckmann. Diesen und die anderen Lebensläufe im Gedächtnis zu halten, das hat sich das Forum zur Aufgabe gemacht. Deswegen freut sich Heckmann auch besonders darüber, dass die Pflasterer-Klasse des BBZ Neunkirchen gestern vier der Stolpersteine verlegte. "Am 30. April findet dort auch eine Gedenkfeier statt. Und die ganze Woche über gibt es eine Ausstellung", so Heckmann. Und wie schon in Wiebelskirchen wird es auch diesmal eine Broschüre geben, in der die Lebensläufe der Menschen, an die die Stolpersteine erinnern sollen, aufgeschrieben sind. Wann genau sie erscheint, steht aber noch nicht fest.

 Gunter Demnig beim Verlegen der Stolpersteine zur Erinnerung an die Naziopfer. Hier in der Brückenstraße 4 zum Gedenken an die Familie Hermann. Foto: Willi Hiegel

Gunter Demnig beim Verlegen der Stolpersteine zur Erinnerung an die Naziopfer. Hier in der Brückenstraße 4 zum Gedenken an die Familie Hermann. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

Eigentlich wollten Ulrike Heckmann, Rainer Dörrenbecher und ihre Kollegen vom Neunkircher Forum für Freiheit, Demokratie und Antifaschismus nur einen Anstoß geben, als sie vor vier Jahren auf die Idee kamen, mit Stolpersteinen an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. "Unsere Idee war, dass wir damit anfangen und die Bevölkerung dann mitmacht", sagt Heckmann.

Seit 1999 verlegt der Künstler Gunter Demnig seine sogenannten Stolpersteine. Gemäß seinem Motto "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", verlegte Demnig bereits an mehr als 500 Orten in ganz Deutschland 50 000 Betonsteine. Auf einer Messingplatte sind die Lebensdaten der Menschen eingraviert. Wo sie geboren wurden, wann und wohin sie deportiert wurden und wo sie ums Leben kamen. Die Erinnerung an die Ermordeten soll nicht nur an Gedenktagen stattfinden, sondern tagtäglich. Demnig geht es in seinem Projekt darum, zu zeigen, dass überall Menschen lebten, die zum Opfer der Nazis wurden.

Und seit 2012 gibt es auch im Neunkircher Stadtgebiet die ersten Stolpersteine. Auf dem Wibilo-Platz in Wiebelskirchen liegen die ersten neun Stolpersteine. Und seit gestern Nachmittag sind 19 weitere in Neunkirchen hinzugekommen. Wieder auf Betreiben des Forums für Freiheit, Demokratie und Antifaschismus . "Das große Glück war, dass wir Hilfe bei der Finanzierung hatten. Ein Stolperstein kostet nämlich 120 Euro", sagt Heckmann. So gab es einen Zuschuss vom Projekt "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" des Bundesministeriums für Familie und von der Stadtverwaltung. Aber auch die Ganztagsgemeinschaftsschule hat geholfen und einen Teil der Spenden, die sie bei ihrem Benefiz-Lauf eingesammelt hat, für die Aktion gespendet.

Doch das Stolperstein-Projekt ist mehr, als nur Spenden zu sammeln. Es ist auch ganz aktive Erinnerungsarbeit. "Wir fangen damit an, wenn wir von möglichen Opfern erfahren. Dann gehen wir in die Archive. Zuerst natürlich ins Stadtarchiv. Und dann wenden wir uns an die Dokumentationszentren der Konzentrationslager ", erklärt Dörrenbecher. Zu jedem Stein gibt es eine eigene Dokumentation. Anderthalb Jahre Vorlauf hatten sie alleine für die ersten Steine in Wiebelskirchen gebraucht.

Die Forums-Leute beschäftigen sich schon lange mit dem Kampf gegen das Vergessen, und doch begegnen auch ihnen immer wieder Geschichten, die sich einprägen. So wie die von Wilhelm Jung aus Neunkirchen . Jung war Gastwirt in der heutigen Wilhelm-Jung-Straße und schon lange vor der Machtübernahme der Nazis Mitglied der SPD . Doch als er 1939, nach dem gescheiterten Anschlag auf Hitler im Münchener Bürgerbräukeller, zu einer Nachbarin sagte, dass er es schade finde, dass Hitler überlebt habe, war sein Schicksal besiegelt. Die Nachbarin denunzierte ihn, er wurde verhaftet, kam erst ins Gefängnis, dann ins Konzentrationslager Sachsenhausen und wurde vermutlich 1942 in Auschwitz ermordet. "Das sind Lebensläufe, die einfach zeigen, wie sehr sich diese Glocke der Denunziation über alles stülpte", sagt Heckmann.

Diesen und die anderen Lebensläufe im Gedächtnis zu halten, das hat sich das Forum zur Aufgabe gemacht. Deswegen freut sich Heckmann auch besonders darüber, dass die Pflasterer-Klasse des BBZ Neunkirchen gestern vier der Stolpersteine verlegte. "Am 30. April findet dort auch eine Gedenkfeier statt. Und die ganze Woche über gibt es eine Ausstellung", so Heckmann. Und wie schon in Wiebelskirchen wird es auch diesmal eine Broschüre geben, in der die Lebensläufe der Menschen, an die die Stolpersteine erinnern sollen, aufgeschrieben sind. Wann genau sie erscheint, steht aber noch nicht fest.

Zum Thema:

Auf einen BlickGestern hat der Künstler Gunter Demnig mit dem Forum für Freiheit, Demokratie und Antifaschismus in Neunkirchen Stolpersteine verlegt. Die Steine erinnern dort an die Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft, wo sie früher lebten. Bahnhofstraße 25: Siegfried Günzburger, Johanna Günzburger, Fanny Günzburger.Grubenstraße 81: Frieda Maurer, Hjalmar Maurer. Hüttenbergstaße 63: Alfred Vooss, Else Vooss. Brückenstraße 4: Germaine Herrmann, Myrtil Herrmann, Edmund Myrtil Herrmann. Bahnhofstraße 45: Fanny Herold. Wilhelm-Jung-Straße 12: Wilhelm Jung. Max-Braun-Straße 35: Eva Pirrung. Vogelschlagstraße 14: Adam Böshaar. Hüttenbergstraße 58: Ludwig Stemmler. Herrmannstraße 69 a: Johann Butterbach. Heizengasse 28: Adolf Lösch. Alte Schmiede: Franz Müller, Karl Müller. jbö

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