SZ-Serie „Ich packe meinen Koffer“ Pudern und Pinseln für Maries Publikum

Neunkirchen · Urlaubszeit, Reisezeit. Sie kennen das Spiel „Ich packe meinen Koffer und nehme mit“? Die SZ hat sich spannende Koffer öffnen und ihren Einsatz erklären lassen. Teil 11: Der Schminkkoffer des Musical-Projektes Neunkirchen.

 Die Leiterin der Maske des Neunkircher Musical-Projekts, Katja Molter-Basler, öffnet für die SZ ihren rollenden Schminkkoffer mit Türen und Schubladen.

Die Leiterin der Maske des Neunkircher Musical-Projekts, Katja Molter-Basler, öffnet für die SZ ihren rollenden Schminkkoffer mit Türen und Schubladen.

Foto: Jörg Jacobi

Hier wird geschminkt nach Plan, nicht nach Belieben. Und diesen Plan verantwortet Katja Molter-Basler. Seit 16 Jahren begleitet die heute 52-Jährige das Neunkircher Musical-Projekt. Seit 2007 leitet sie die Maske. Ihren rollenden Schminkkoffer (ein Geschenk zu ihrem 50. Geburtstag) mit Türen, Schubladen, Beuteln, Sets und Döschen hat die „Puderfee“ (O-Ton Stadtpressestelle) in die Redaktion mitgebracht. Und lässt die SZ einen Blick hinter diese Türen und in diese Schubladen, Beuteln, Sets und Döschen werfen.

40 Akteure machen mit bei der aktuellen Produktion „Meine Herren und Damen: Marie!“ (Premiere ist am 9. August). Sie alle wollen ins rechte Theaterlicht gesetzt sein. „Unter Bühnenscheinwerfern wird jeder blass“, sagt Molter-Basler. Das Licht schlucke Farbintensität. Theaterschminke blocke. „Wenn man das geschminkte Gesicht ganz nah sieht, wirkt das vielleicht übertrieben. Aber es muss so sein, damit es auf der Bühne noch wirkt. Damit auch der Zuschauer in der siebten Reihe die Mimik noch wahrnimmt.“ Die gelernte Erzieherin hat sich über die Jahre und „lernen durch machen“ profundes Wissen beigebracht. Alle 40 Darsteller lassen sich von kundiger Hand bemalen. Egal, ob jemand einen Kurzauftritt hat oder aufführungsfüllende Präsenz. Das Abschminken allerdings, so berichtet die Maskenchefin, das übernimmt jeder Schauspieler selbst. Pakete mit Abschminktüchern stehen bereit.

Meist lautet die Reihenfolge fürs Ensemble: Haare, Gesicht, Kostüm. Vier Friseure, drei Frauen fürs Grundieren (die Basis für das, was drauf kommt) und neun Frauen für die Maske stehen an den „Marie“-Abenden bereit. „Der Zeitplan läuft im 20-Minuten-Takt“, verrät die Planmacherin. Jeder Frisierende, Grundierende und Maskenbildende weiß, wer sich wann in seine/ihre Hände begibt. Vorlauf zwei Stunden, bevor sich der Vorhang hebt. „Dieses Jahr müssen wir uns von der Maske eher zurückhalten“, sagt Katja Molter-Basler. Ein bisschen Bedauern klingt durch. Überwiegend erdige Naturtöne, kein Glitzer, keine knalligen Lippen oder aufgeklebte lange Wimpern. „Doch das gibt eben das Stück so vor.“ Es gab auch schon ganz andere Produktionen – „Steam“ und „Jedermann“ beispielsweise, erinnert sich Molter-Basler. „Beide Stücke hatten eine große Rollenvielfalt.“ Da konnten sich die Herrscher über Haare, die Herrscherinnen über Puder und Pinsel austoben, mit Glitzer, knalligen Lippen und atemraubenden Kunst-Wimpern. „Die Königin in Steam hat allein 45 Minuten in der Maske verbracht.“ Für ganz große Herausforderungen holte sich das Musical-Projekt auch schon Profi-Maskenbildner von außen. Das perfekt zurechtgemachte Gesicht wird vorab ausprobiert, fotografiert und an künstlerische Leitung geschickt: Entspricht das Bild den Vorstellungen? Das Musical-Projekt ist Teamarbeit.

Alles beginnt mit der Grundierung als Schritt eins, erklärt die Expertin. Macht die Haut ebenmäßig („killt jeden Pickel“). Es gilt, den natürlichen Farbton zu treffen. Ohren nicht vergessen („bei Aufregung oder Anstrengung werden die Ohren rot“) und den Hals sanft auslaufen lassen. Diese Basis wird mit einem feuchten Schwämmchen aufgetragen („wird pudrig, anders als früher, als mit Fettschmiere gearbeitet wurde“). Das eigentliche Make-up als Schritt zwei beginnt mit den Augen (wir bleiben im Folgenden am Fallbeispiel „Marie“): Erst das Lid grundieren, dann dezent den Lidschatten im gewünschten Naturton setzen. Lidstrich oben (dick) und untern (schmal). Mit einem dünnen Pinsel ebenfalls feucht auftragen. Weiter geht es mit dem Abschatten an den Wangen – erst einen Schatten setzen, dann dunkles Rouge auftragen. Männer werden auch „abgeschattet“: entlang Nasenflügel und entlang Kinn. Molter-Basler: „Mit der Grundierung verschwinden die Grundzüge des Gesichts, jetzt schminken wir die Grundzüge wieder hin.“ Weiter geht es zu Maries Lippen: ebenfalls erdige Töne. Zum Schluss noch die Wimpern. Nur tuschen, nicht künsteln.

Wenn sie ihren Make-up-Plan erstellt, setzt Katja Molter-Basler die Stärken ihrer Frauen ein: Nicht jede kann einen Mann schminken. Sie selbst erinnert sich noch gut an „meinen ersten Mann“ in der Maske: „Schön“, habe ihre Vorgängerin in der Leitung zu ihr gesagt: „Wenn es eine Frau sein soll.“

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