Seit 44 Jahren Median Klinik Münchwies Wenn die Seele dringend Hilfe braucht

Münchwies · Symposium Münchwies: In vielen Fällen mündet seelisches Leiden zusätzlich in eine Abhängigkeitserkrankung.

Abhängigkeitserkrankungen, Depression, Angst und Burn-out erfordern eine individuelle Therapie.

Abhängigkeitserkrankungen, Depression, Angst und Burn-out erfordern eine individuelle Therapie.

Foto: picture alliance / dpa/Patrick Pleul

Nachdem das traditionelle Münchwieser Symposion pandemiebedingt zwei Jahre nicht stattfinden konnte, bestand nun unter Beachtung entsprechender Infektionsschutzmaßnahmen  wieder Gelegenheit zu einem fachlichen Austausch in der Klinik auf dem Höcherberg. Depressionen, Ängste, psychosomatische Erkrankungen und posttraumatische Belastungsstörungen, das sind nur einige der Krankheitsbilder, die seit 44 Jahren in der Median Klinik Münchwies behandelt werden, wie es in einer Mitteilung der Klinik weiter heißt. In vielen Fällen mündet seelisches Leiden zusätzlich in eine Abhängigkeitserkrankung.

Bereits früh hat man sich in Münchwies auf das ungünstige Wechselspiel zwischen beiden Störungsbildern spezialisiert. „Reine Abhängigkeitsdiagnosen sind die Ausnahme“, sagt Dr. Petra Schuhler, langjährig leitende Psychologin, in ihrem Plenumsvortrag zu den Zusammenhängen zwischen Sucht und Depressionen.

Bei der Hälfte der in der Klinik behandelten suchtkranken Patienten bestehe demnach zusätzlich eine Depression. Ziel müsse es sein, beide Problembereiche richtig zu erkennen und gleichzeitig zu behandeln. Der Einsatz von Suchtmitteln sei in der Vorgeschichte der Patienten oft ein misslungener Selbstheilungsversuch gewesen, der nun durch die Therapie verstehbar werde.

Davon ausgehend könne man im nächsten Schritt soziale Kontakte, Aktivität und eine neue Tagesstruktur fördern. Dabei setze man zunächst an den bestehenden Stärken des Patienten an. Darüber hinaus sei es aber ebenso wichtig, die Notwendigkeit eines dauerhaften Verzichts auf das Suchtmittel zu thematisieren und zu unterstützen.

Auch der zweite Fachvortrag befasste sich mit den vielfältigen Zusammenhängen zwischen psychischem Leid und dem Einsatz von Suchtmitteln. Dr. Monika Vogelgesang, Chefärztin der Münchwieser Klinik, zeigte dies am Beispiel der Therapie von Traumapatienten auf. Seit Beginn der 1990er Jahre setzt man vor Ort ein Konzept für traumatisierte Menschen erfolgreich um.

Die Referentin verwies eingangs auf den hohen Anteil von Kindern in unserer Gesellschaft, die unter körperlicher Misshandlung und sexuellem Missbrauch zu leiden haben. Diese frühen und tiefen Verletzungen münden dann häufig in psychische Störungen in Form von Depressionen, Ängsten und posttraumatischen Belastungsstörungen. In der Folge würden dann allzu oft Substanzen, wie Alkohol, Medikamente oder Cannabis eingesetzt, um das Erinnern an die erlittenen Verwundungen zu unterdrücken. Das Suchtmittel verschaffe zwar kurzfristig einen „synthetischen Trost“, müsse um diese Wirkung zu erzielen, immer weiter konsumiert werden und führe so in die Spirale einer Abhängigkeitsentwicklung. Wie man dem in Münchwies therapeutisch begegnet, wurde im weiteren Verlauf anschaulich erläutert.

Das immer häufiger beschriebene Phänomen der Vereinsamung in unserer Gesellschaft war Ausgangspunkt des dritten Vortrags der Tagung. Schätzungsweise zehn Millionen Menschen in Deutschland würden unter dem Erleben von Einsamkeit leiden, so Dr. Horst Baumeister, Leitender Oberarzt der Median Klinik Münchwies.

Der notgedrungen erforderliche Abstand von anderen Menschen wurde über die lange Zeit der Pandemie für viele zur schmerzhaften Alltagserfahrung. Das menschliche Leben, so der Referent, spiele sich zwar immer zwischen den Polen der Einsamkeit und der Verbundenheit ab. Wenn allerdings die menschliche Gemeinschaft nicht mehr ausreichend erfahren werden könne, sei auch dies eine Quelle für seelisches Leid und psychosomatische Störungen. In den Therapien müsse für diese existenziellen Erfahrungen Raum gegeben werden

Das Nachmittagsprogramm bot Gelegenheit zur Vertiefung des Tagungsthemas in Arbeitsgruppen. Hier stellte die Klinik unter anderem ihre Expertise in den Bereichen des pathologischen Glücksspielens, des pathologischen PC-/Internetgebrauchs, der Essstörungen und dem Post-Covid-Syndrom dar.

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