Kommentar Wenn das Gefühl von Schuld erdrückt

Das Caritas-Projekt Wiesel hilft Kindern aus Familien mit Sucht-Geschichte. Ein wichtiges Angebot, um bedrängende Gefühle wehrloser Beteiligter aufzubrechen.

 Kommentarkopf, Foto: Robby Lorenz

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Foto: Robby Lorenz

Kindheit in den 70er-Jahren. Alkoholkranke Mutter, kein Vater. Über die Sucht hüllen alle Beteiligten in der Familie den Mantel des Schweigens. Das Kind muss mit seinen Ängsten und Nöten alleine fertig werden. Gewalt erleben, Einsamkeit und eine Scham, die die Luft zum Atmen nimmt. Freunde mit nach Hause bringen? Nur in guten, sprich „trockenen“ Phasen denkbar. In den Tagen des Chaos und des Niedergangs helfen nur Notlügen, damit niemand von der Welt draußen sieht und hört, was sich hinter der bürgerlichen Fassade abspielt. Zwischendrin Entzug mit vielen Briefen voller Hoffnung und Versprechungen, die wenige Monate später zerplatzen und neuer Sorge, neuer Scham Raum geben. In den 70er-Jahren gab es keine Coa-Aktionswochen, keine Menschen, die außerhalb des maroden Familiensystems standen und eine helfende Hand ausstreckten. Höchstens einen Hausarzt, der um Süchte und Co-Abhängigkeiten wusste und dafür warb, das Kind möglichst aus den Zuständen herauszuholen. Kinder suchen den Fehler bei sich, wenn das Familiensystem nicht läuft. Ein fataler Umstand, der in schlimmen Biografien enden kann. Der Menschen womöglich genau in den Strukturen enden lässt, die sie schrecklich fanden. Das Familiengeheimnis nach außen zu kehren, etwa mit Comics den inneren Zuständen, für die es kaum Worte gibt, Ausdruck zu verleihen, ist ein super Angebot. Das Wiesel-Team der Caritas, es wäre auch in den 70ern eine Bereicherung gewesen.

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