Störche Auf Augenhöhe mit Familie Storch

Ottweiler · Der Neunkircher Fotograf Gerd Wehlack durfte bei perfekten Bedingungen die Beringung junger Störche in den Ottweiler Bliesauen verfolgen. Für die SZ schildert er dieses Erlebnis, das in Erinnerung bleiben wird.

 Drei der vier Storchenküken in der Ottweiler Bliesaue haben die ersten fünf Wochen überlebt und konnten nun beringt werden.

Drei der vier Storchenküken in der Ottweiler Bliesaue haben die ersten fünf Wochen überlebt und konnten nun beringt werden.

Foto: Gerd Wehlack

Drei Jungstörche in der Bliesaue bei Ottweiler wurden jetzt von Zoodirektor Norbert Fritsch beringt. Das Wetter war vor einiger Zeit noch nicht besonders storchenfreundlich: Viel Regen und Kälte setzten den Küken, aus denen jetzt schon Jungstörche geworden sind, ganz schön zu. Zu Anfang waren es vier, jetzt sind es noch drei kleine Störche, die nur eines wollen: ganz viel futtern, um recht schnell groß zu werden, denn die Zeit ist knapp.

Um aus einem kleinen Küken einen großen flugfähigen Storch zu machen, der im Juli wahrscheinlich schon selbständig fliegen kann, müssen die Eltern ganz schön „schuften“, um Futter, Flüssigkeit und auch noch Baumaterial beizuschaffen.

Am Mittwoch war es so weit, gerade mal fünf Wochen nach dem Schlüpfen waren sie groß genug, konnten jetzt beringt werden und ich durfte dabei sein. Wird ein bestimmter Termin überschritten, ist die Beringung nicht mehr möglich, die Störche versuchen vor Angst zu flüchten, können aber noch nicht fliegen. Sie würden sich beim Absturz vor lauter Panik aus dem Nest verletzen. So aufgeregt wie vor dieser Beringung war ich schon lange nicht mehr, konnte die Nacht vorher fast nicht schlafen, so viele Gedanken gingen mir durch den Kopf.

Aufgeregt waren die Störche zu diesem Zeitpunkt noch nicht, erst als wir mit dem Hubsteiger (der auch diesmal kostenlos von Wigand Schneider, von Baumaschinen Schneider zur Verfügung gestellt wurde), ankamen. Kurz davor hatte der Bauer noch die Zufahrt freigemäht, Wiese und auch der Boden waren noch ganz schön nass von dem vielen Regen in letzter Zeit. Der Bauhof Ottweiler hat jedoch alles sehr gut organisiert, da bin ich sehr dankbar.

Als wir jedoch in die Nähe des Horstes kamen und der Hubsteiger ausgefahren wurde, war die Aufregung bei den Störchen schon groß. Ein Elternteil, die Storchenmutter, flog weg, Papa Storch blieb jedoch recht lange standhaft, um seine Kleinen zu schützen. Das gab mir die Gelegenheit, einige Meter über dem Nest Fotos von der kleinen Storchenfamilie zu machen. Der Baumaschinenfüher fuhr das Baugerät nur für mich in schwindelerregende Höhe. Auch ein ganz besonderer Augenblick, der mir immer in schöner Erinnerung bleiben wird.

Lange hielt es der Storchenpapa aber nicht aus und entfernte sich vom Nest, um aber immer wieder, sogar mit Nistmaterial wieder zurückzukommen. Inzwischen hatten sich die Kleinen ganz tief in die Nestmulde gelegt und totgestellt. Da bewegte sich nichts mehr, nur noch die Augen beobachten die Umgebung. Inzwischen kam auch Zoodirektor Norbert Fritsch an, um seine ganz besondere Aufgabe zu erfüllen. Liebevoll und mit ganz viel Gefühl lagerte er die kleinen Störche, um die Ringe an ihren Beinchen anzubringen. Sie haben jetzt die Ringnummer A1 P10, A1 P11, und A1 P12. Durch das Abzupfen eines kleinen Federchens wird später im Gen-Labor das Geschlecht bestimmt. Die Ringnummern schicke ich an die Vogelwarte Radolfszell, zu der ich einen sehr netten Kontakt habe.

Oben, in Nesthöhe, kurz nach der Beringung, erzählte mir Norbert Fritsch noch viel Lehrreiches und Spannendes über die Störche. Zum Bespiel über die Gebilde in Form und Größe eines Eis, die sich am Nestrand befanden. Es handelt sich um Gewölle, die die Jungstörche ausspeien. Ein ganz besonderes Erlebnis und das war für mich als Naturliebhaber etwas, das zu Herzen geht: mit ausgestrecktem Arm und gaaanz vorsichtig, konnte und durfte ich einen kleinen Winzling am Köpfchen streicheln. Nur die kleinen Äuglein verfolgten meine Handlung.

In der Zwischenzeit umkreiste ein Elternteil immer wieder sein Heim. Kurz danach geschah plötzlich etwas ganz Unerwartetes. Ich schaute zufällig zum Himmel und wie aus dem Nichts flogen sechs Störche über der Bliesaue, als wenn sie zu Hilfe geholt wurden. Sie waren friedlich und meine Erfahrung an diesem schönen Ort sagt mir, dass es auch untereinander nicht den geringsten Stress gab.

 Etwas misstrauisch verfolgt ein Elternteil das Geschehen rund um den Horst.

Etwas misstrauisch verfolgt ein Elternteil das Geschehen rund um den Horst.

Foto: Gerd Wehlack
 Zoodirektor Norbert Fritsch legt die Ringe um die Beinchen der Küken.

Zoodirektor Norbert Fritsch legt die Ringe um die Beinchen der Küken.

Foto: Gerd Wehlack
 Fotografenglück: Storch im Anflug aus der Vogelperspektive erwischt.

Fotografenglück: Storch im Anflug aus der Vogelperspektive erwischt.

Foto: Gerd Wehlack

Als der Hubsteiger langsam eingefahren wurde und sich vom Horst entfernte, kamen beide Eltern zurück aufs Nest und trösteten wahrscheinlich ihren Nachwuchs. Dieser wusste ja nicht, wie ihm geschah. Jetzt kann das normale Storchenleben wieder weitergehen und es kehrt Ruhe ein. Zum Abschied wurde ganz viel geklappert und so machten sie ihrem Namen „Klapperstörche“ Ehre. Ich werde mit großer Freude auch in nächster Zeit unsere Storchenfamilie, voller Erwartung, was die Zukunft noch bringt, fotografieren und darüber berichten. Das Interesse daran ist sehr groß. Schon viele Jungstörche konnten von unserem schönen Landkreis aus ihren Weg in den Süden finden.

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